Nehammer: "Er oder ich?"
Kanzler bittet Österreicher: "Geht mit mir diesen Weg"
"Gestalten oder spalten" – vor dieser Richtungsentscheidung stehe Österreich im Superwahljahr 2024. Kanzler Karl Nehammer stellte seinen Plan vor.
Als "Jahr der Entscheidung" hat Bundeskanzler Karl Nehammer am Freitag in der Messe Wels (OÖ) das Super-Wahljahr bezeichnet. Und griff damit indirekt das Gesprächsthema auf, das die rund 2.000 ÖVP-Funktionäre bei Apfel-Karottensaft, Bier und Käsestangerl beschäftigte: Wird die Wahl auf 9.6. vorverlegt? Derartige Gerüchte halten sich hartnäckig – auch, wenn das Umfeld des Kanzlers betont, bis September durcharbeiten zu wollen.
Spott für Kickl und Babler
Mit Verspätung ging der Event los, eine zusätzliche Bühne musste für die in Bussen herbeiströmenden Schwarzen geöffnet werden. Manche reisten sogar mit dem Traktor an. Die Begrüßungsworte gehörten "Hausherr" Thomas Stelzer; dann arbeiteten sich Generalsekretär Christian Stocker, Klubchef August Wöginger und Staatssekretärin Plakolm an Herbert Kickl ab. Er sei ein "Versager", "Putin-Versteher" und "Möchtegern-Kanzler", giftete Stocker.
Der Partei-General nahm sich dann auch noch an Andreas Babler zur Brust: Für die SPÖ gab es Excel-Spott, der Vorsitzende sei "ein Marxist" und seine Partei "auf dem Weg in den Kommunismus". Bei den Roten seien alle gleich, "nur die Freunderln nicht – die bekommen einen Schrebergarten".
"Tue Gutes und rede darüber"
"Gust" Wöginger schwor die Funktionäre ein, die Menschen in den Gemeinden von den Errungenschaften der VP-Kanzlerschaft (etwa die Abschaffung der kalten Progression, "den schleichenden Lohnfraß") in Kenntnis zu setzen. "Der Nehammerkorl" habe das umgesetzt. Und das will Wöginger in den nächsten Wochen und Monaten kommuniziert wissen: "Tute Gutes und rede darüber." Schließlich stehe "der Korl für Sicherheit, für Familie, für Leistung".
Dann durfte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm noch kurz über Klima-Kleber referieren, ehe Bundeskanzler Karl Nehammer die Bühne betrat.
"Ich stehe für Gestaltung"
Österreich sei in den letzten Jahren "durch heftige Wogen des Schicksals gegangen". Es folgte eine Leistungsschau der ÖVP-Bemühungen und eine indirekte Abrechnung mit Herbert Kickl, den er – im Gegensatz zu den Vorrednern – nicht namentlich adressierte. Er ließ aber keinen Zweifel daran, wen er meinte, als er über jemanden sprach, "der für Zerstörung und Destruktion" stehe. Nehammer: "Ich hingegen stehe für Gestaltung."
Nachsatz: "Die, die den Hass säen, haben ein Ziel: das Schlechte aus den Menschen herauszuholen. Aber die Volkspartei und ich, wir stehen dafür, das Gute aus den Menschen herauszuholen." Während manche "für eine dunkle Vergangenheit" stünden, so der VP-Regierungschef, "stehen wir für eine helle Zukunft". Sein Ziel sei, "dass wir Platz eins erreichen", schwor er die 2.000 Funktionäre ein und spulte den in den vergangenen Tagen häppchenweise öffentlich gewordenen "Österreichplan" nochmals ab.
"Eine Gesellschaft, die freier wird..."
Die ÖVP-Werte "Leistung, Familie, Sicherheit" zogen sich durch die knapp einstündige Rede. Standing Ovations erntete der 51-Jährige, als er davon sprach, dass Österreich das "Land der Eigentümerinnen und Eigentümer" werden solle und "bis 2030 eine halbe Million Eigentümer mehr" versprach. Hintergrund: Mit der ÖVP stehe er stehe "für eine Gesellschaft, die freier wird".
In Auszügen skizzierte er auch seinen Migrationskurs: "Integration ist Anpassung." Anspruch auf Sozialleistungen sollen Zuwanderer "erst nach fünf Jahren" erhalten.
"Geht mit mir diesen Weg"
Gefolgt vom Schlachtruf: "Lassen wir uns die Leitkultur nicht von den Radikalen und den linken Träumern wegnehmen". Er sei aber optimistisch, was die Zukunft des Landes angeht. Warum? Auf diese Frage gab sich Nehammer die Antwort gleich selbst: "Weil wir ein gutes Land mit fleißigen und lebensfrohen Menschen sind. Die Österreicher verdienen eine Politik der Zuversicht und Unverdrossenheit."
Dann bat er um das Vertrauen der Bevölkerung: "Ich will diesen Plan für Österreich umsetzen. Geht mit mir diesen Weg." Es gehe um "eine der entscheidenden Fragen unserer Zukunft: Gestalten oder spalten? Er oder ich?" Und wieder war klar, wen er meint: Herbert Kickl.
Zumindest für die ÖVP war die Entscheidung klar: Sie dankten Nehammer die Mut-Rede mit tosendem Applaus. Gemeinsam mit seinen Ministern, Staatssekretären und Länderchefs sang Nehammer dann die Bundeshymne. Mit Töchtern.