Kurz-Vertrauter packt aus
Grüne verlangten Vegetarisches, aßen Schweinsbraten
Der frühere Sprecher von Sebastian Kurz gibt in seinem Buch "Macht und Ohnmacht im Kanzleramt" Einblick in seine Arbeit an der Seite des Altkanzlers.
Jahrelang hat er für andere gesprochen, jetzt hat Johannes Frischmann (44) seine eigene Geschichte niedergeschrieben. Der Ex-Kanzler-Kommunikator, der von 2017 bis 2021 an der Seite von Sebastian Kurz Politik hautnah miterlebt hat, hat am Wochenende sein erstes Buch veröffentlicht.
Drittes Inside-Buch über Ära Kurz
"Macht und Ohnmacht im Kanzleramt" (Seifert-Verlag, 320 Seiten, 27 Euro) heißt sein Werk. Es liefert neue, unbekannte Einblicke in das Innerste des Bundeskanzleramtes. Nach Sebastian Kurz selbst (in Zusammenarbeit mit Conny Bischofberger) und "Message Control"-Mastermind Gerald Fleischmann ist Frischmann nun der nächste langjährige Kurz-Weggefährte, der auf die Ära des jüngsten Regierungschefs der Geschichte zurückschaut.
"Reise in Maschinenraum der Republik"
Der Tiroler (Frischmann stammt aus dem Ötztal, verlor früh seinen Vater) widmet das Buch, das in 20 Kapitel gegliedert ist, seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern (zwei fußballverrückte Buben, ein Mädchen) – "und allen Pressesprechern, die jeden Tag ihr Bestes geben".
Es sei keine Abrechnung, kein Blick zurück in Bitterkeit, betont Frischmann, sondern "eine Reise in den Maschinenraum der politischen Arbeit von Sebastian Kurz und seinem Team". Nachsatz: "Ich möchte meine Geschichte erzählen."
Genau das tut Frischmann dann auch – auf ganz persönliche Weise. Es ist ein Blick zurück auf Träume (damals als junger politisch Interessierter in einem Tiroler Tal), Triumphe (zwei fulminante Wahlsiege mit Sebastian Kurz) und Tränen (vor Überforderung in der Corona-Pandemie und Scham nach einer Hausdurchsuchung in der Chat-Affäre um Thomas Schmid).
Ebendiese arbeitet Frischmann gleich am Beginn seines Erstlings auf. "6 Oktober 2021" nennt er das Kapitel über die Hausdurchsuchung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die ihn um 6.02 Uhr aus dem Schlaf klingelt, zeitgleich auch bei seiner Mutter in Tirol anrückt und später eine Razzia im Kanzleramt durchführt.
Frischmann erklärt "Message Control"
Sie läutet auch den Anfang vom Ende der Ära Kurz ein. Geprägt waren die zwei Amtszeiten des Altkanzlers auch vom Begriff "Message Control". Frischmann nennt sie "ruhige, unaufgeregte, koordinierte Regierungskommunikation". Diese habe ihn angetrieben – "und jede Kritik an ihr ist für mich noch mehr Motivation, es noch besser zu machen".
Der polit-interessierte Leser erfährt Insights aus zwei Koalitionen, die unterschiedlicher nicht sein hätten können. Mit den Blauen um Chef-Kommunikator Heimo Lepuschitz sei es vertrauensvoll und freundschaftlich gelaufen, mit den Grünen war die Zusammenarbeit von gegenseitigem Misstrauen geprägt.
Von VdB "enttäuscht"
Frischmann liefert auch eine Schlüsselloch-Perspektive – in der Ibiza-Krise führt sie den Leser bis in die Hofburg. Ein Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen verlief "sehr ernüchternd"; Frischmanns Erwartungen wurden "enttäuscht".
Hinter der Tapetentüre nämlich musste für das Staatsoberhaupt erst ein Aschenbecher gebracht werden. Danach habe Van der Bellen "gemütlich eine Zigarette aus der Packung" genommen und angezündet. Nach drei Minuten sei eigentlich alles gesagt gewesen, der Höflichkeit halber sei danach Smalltalk über Demokratie und Parteien betrieben worden.
Mühsam seien die Verhandlungen nach der Wahl 2019 im Winterpalais des Finanzministeriums mit den Grünen gewesen. Erster Dissenspunkt gleich das Buffet: "Die Grünen wünschen ein vegetarisches Angebot", erinnert sich Frischmann zurück. "Auch die Herkunft der Zutaten muss nachgewiesen werden."
"Alle hatten Schweinsbraten am Teller"
Später, in einer Verhandlungspause, traut er seinen Augen kaum: "Fast jeder grüne Teilnehmer hat eine Portion Schweinsbraten am Teller. Das vegetarische Angebot bleibt fast unberührt." Nicht das einzige Mal, dass der Kommunikations-Profi, der sich jetzt als PR-Berater selbstständig gemacht hat, Doppelmoral bei den Ökos ortet.
Nach dem Aus von Sebastian Kurz als Kanzler 2021 weiß er, "dass der Handschlag der Grünen in der Politik nicht einmal ein Papierfutzel wert sind". Dennoch kommt er am Ende zum Schluss, dass "die Jahre in Wien und die Zeit im Bundeskanzleramt die besten meines beruflichen Lebens waren".
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Johannes Frischmann, der frühere Sprecher von Sebastian Kurz, gibt in seinem Buch "Macht und Ohnmacht im Kanzleramt" persönliche Einblicke in seine Zeit an der Seite des Altkanzlers
- Er schildert unter anderem die Doppelmoral der Grünen, die vegetarisches Essen verlangten, aber Schweinsbraten aßen, und beschreibt die Herausforderungen und Erfolge während der Ära Kurz