Scheitert Dreier-Koalition?

Blauer Sturm: Ampel droht jetzt heftiger Gegenwind

2005 war die FPÖ aus dem steirischen Landtag geflogen. 19 Jahre später gelang Historisches. Was wird nach dem blauen Triumph aus der Austro-Ampel?

Newsdesk Heute
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    Auch Parteichef Herbert Kickl ließ es sich am Sonntag nicht nehmen, mit seinem Parteifreund zu feiern.
    Auch Parteichef Herbert Kickl ließ es sich am Sonntag nicht nehmen, mit seinem Parteifreund zu feiern.
    Denise Auer

    Wind of change in der Steiermark – wirbelt er auch die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene nochmals durcheinander? Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik färbte die FPÖ die Grüne Mark tiefblau, holte mit knapp 35 Prozent das historisch beste Ergebnis und legte verglichen mit 2019 mehr als 17 Prozentpunkte drauf. Sogar die 32,2 Prozent, die die FPÖ bei der Nationalratswahl erreicht hatte, wurden übertroffen.

    ÖVP und SPÖ verloren Mehrheit

    Die bisher regierende ÖVP büßte fast zehn Punkte ein; Koalitionspartner SPÖ rutschte vom historisch schlechtesten Ergebnis nochmals tiefer auf Platz drei ab. Rot-Schwarz hat somit erstmals keine Mandatsmehrheit mehr im steirischen Landtag.

    Landeshauptmann und ÖVP-Chef Christopher Drexler machte für das Debakel die Bundespolitik, den Bundespräsidenten und dessen Vorgehen rund um die Regierungsbildung verantwortlich. Rücktritt? Fehlanzeige. Am Montag stellt er im Parteivorstand die Vertrauensfrage.

    KUNASCHRECK für die Ampel! Die Blauen treffen mit ihrem Triumph die ÖVP ins Mark.

    Bitterer Tag für Landeshauptmann Christopher Drexler
    Bitterer Tag für Landeshauptmann Christopher Drexler
    Denise Auer

    Mit knapp über 30 Prozent hatten die meisten Polit-Beobachter gerechnet. Auch für schwarze Funktionäre war der Dämpfer eingepreist. Dass allerdings zwischen Volkspartei und Freiheitlichen acht Prozentpunkte liegen und die ehemals Große Koalition wie auf Bundesebene ohne Mandatsmehrheit dasteht, ließ vielen ÖVPlern das Blut in den Adern gefrieren.

    Stehen Ampel-Kritik in ÖVP auf?

    Speziell der Wirtschaftsflügel, aber auch zahlreiche Kommunalpolitiker in den Bundesländern galten schon vor dem Uhrturm-Urnengang als kritische Beobachter der "Ampel-Verhandlungen". Die Blauen machten erst am Wochenende der Industriellenvereinigung Avancen.

    Kickl giftete gegen Nehammer

    FPÖ-Chef Herbert Kickl höchstselbst legte am Sonntag nach und deute das Wahlergebnis als "klares NEIN gegen die Verlierer-Ampel, an der Nehammer und Babler gerade basteln". Er donnerte am Sonntag: "Es ist daher davon auszugehen, dass Nehammer noch heute Abend seinen Hut nehmen wird. Alles andere wäre nach einem solchen ÖVP-Debakel absurd."

    Eine "Fortsetzung der freiheitlichen Welle der Erneuerung und schallende Ohrfeige für die Systemparteien" ortete der blaue Fraktionsführer.

    ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker
    ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker
    Denise Auer

    Und wie reagieren die von Kickl Gescholtenen? Die Verluste für ÖVP und – in geringerem Ausmaß – für die SPÖ dürften zunächst einmal keine Konsequenzen für die Regierungsverhandlungen von Türkis, Rot und Pink haben. Die Verhandlungen würden sich auf den Nationalrat beziehen und hätten keine Auswirkungen, sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, der die Schlappe für seine Partei vor Ort in Graz kommentierte.

    "Weg der Reformen"

    Ähnlich SPÖ-Geschäftsführer Klaus Seltenheim: Es gebe keinen Einfluss auf die Koalitionsgespräche im Bund. "Das ist eine steirische Wahl und ein steirisches Ergebnis." Im Bund gehe es jetzt darum, ein "Bündnis der konstruktiven Gespräche" zu schmieden. Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos freute sich, "bei allen Wahlen heuer zugelegt" zu haben. Die Pinken möchten den "Weg der Reformen" weitergehen.

    Bereits am Montag werden sich die Teams der drei potenziellen Koalitionspartner im Bund zu weiteren Gesprächen treffen. Bis 12. Dezember sollen erste Zwischenergebnisse aus den sieben Clustern und 33 Untergruppen vorliegen.

    FPÖ profitierte von Protest-Potenzial

    Doch was gab in der Grünen Mark den Ausschlag? Was den Wählern wichtig war und warum so viele Steirer für die FPÖ gestimmt haben, zeigte – wie von "Heute" berichtet – die Erhebung der Wahlmotive von Meinungsforscher Peter Hajek für ATV und Puls 24 (800 Befragte, 18.-22.11., max. Schwankungsbreite +/-3,5 Prozent). Die Details:

    Spitzenkandidaten

    Sie waren wichtiger als bei anderen Wahlen: Bei den Top-5-Wahlmotiven wurden bei vier Parteien die Spitzenkandidaten genannt. Besonders hoch war der Wert für FPÖ-Chef Mario Kunasek bei den Blauwählern (42 Prozent). SPÖ-Chef Lang überzeugte bei seinen Wählern mit 38 % weit mehr als ÖVP-Boss Drexler bei seinen (26 Prozent).

    Protest-Stimmen brachte der FPÖ vor allem Unzufriedenheit mit anderen (21 Prozent) und Wunsch nach Veränderung (19 Prozent). Stammwähler ÖVP und SPÖ zogen hauptsächlich Stammwähler an. Hajek: "Ein Indiz der Schwäche." Mit Themen konnten sie sich nicht positionieren.

    Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Nachrichten" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

    Auf den Punkt gebracht

    • Die FPÖ hat bei den steirischen Landtagswahlen einen historischen Sieg errungen und die bisher regierende Koalition aus ÖVP und SPÖ deutlich geschwächt.
    • Trotz der Verluste für ÖVP und SPÖ auf Landesebene sollen die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene unberührt bleiben, während die FPÖ ihren Erfolg als klares Zeichen gegen die aktuelle Regierung deutet.
    red
    Akt.