Nach den vereitelten Anschlägen auf ein Taylor-Swift-Konzert in Wien bleibt die Terrorgefahr hoch. Aus dem Grund möchte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) den digitalen Raum stärker überwachen.
In letzter Zeit sind es vermehrt Einzeltäter, die Terror-Akte verüben – sogenannte einsame Wölfe. Ihnen auf die Spur zu kommen, sieht Karner als "enorme Herausforderung", wie er in einem "Krone"-Interview betonte. Er plädiert für eine Diskussion über das Thema "Handy als Waffe, weil wir einfach sehen, dass die Radikalisierung über soziale Medien stattfindet und nicht mehr, wie vor zehn Jahren, in erster Linie hier in Moscheen", so der VP-Minister.
Aus seiner Sicht brauche die Polizei neue Möglichkeiten zur digitalen Überwachung, "und wir müssen alles dafür tun, dass sie (die DSN, Anm. d. Red.) diese bekommt. Auch gegen Widerstände aus der Verschwörungstheoretiker-Szene wie FPÖ-Chef Kickl & Co.", fügte Karner hinzu.
Nach dem "Ja" des grünen Koalitionspartners hat der Innenminister einen Gesetzesentwurf zur Überwachung von Messenger-Diensten in Begutachtung geschickt. Karner betonte, dass man hier einen Schritt weiter kommen müsse, damit die Polizei geeignete Instrumente in der Hand habe. Die Exekutive brauche in Sachen Überwachung zeitgemäße moderne Mittel. Ob sich ein Beschluss noch vor der Wahl ausgehen wird, ließ der Minister offen. Sein Ziel sei eine Änderung "so rasch als möglich".
Nun haben erste Experten ihre Meinungen zum Karner-Entwurf präsentiert – allen voran die renommierten Strafrechtler Farsam Salimi und Susanne Reindl-Krauskopf vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Uni Wien. In ihren punktuellen Stellungnahmen unterstützen sie den Vorstoß des Innenministers. Die vollständigen Aussagen sowie weitere Stellungnahmen sind unter diesem LINK zu finden.
Salimi verweist etwa auf das deutsche Bundeskriminalamtsgesetz, wo eine Telekommunikations-Inhaltsüberwachung gelebte Praxis ist. Im Karner-Entwurf müsse es sich um schwerwiegende verfassungsgefährdende Angriffe handeln, damit die Nachrichten überwacht werden. "Befürchtungen, dass damit eine massenhafte Überwachung auch im Bagatellbereich stattfinden könnte, sind daher unbegründet", hält der Experte fest. Wegen des hohen Ressourcenaufwands würde es sich dabei um keine "Massenüberwachung" handeln.
Salimi betont dabei, dass bei der Überwachung von Nachrichten eine richterliche Vorabgenehmigung "zwingend vorzusehen" sei. Der vorliegende Entwurf sieht eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts vor – der Experte erachtet das als sachgerecht. "Die Bewilligung durch ein unabhängiges Gericht, die Einbindung des unabhängigen und weisungsfreien Rechtsschutzbeauftragten im Vorfeld sowie die laufende Begleitung der Maßnahme durch den RSB erscheint als eine ausreichende unabhängige Kontrolle", stellt er fest.
Reindl-Krauskopf hebt hervor, bei Ermittlungsmöglichkeiten, die Grundrechtseingriffe erlauben, "achtsam vorzugehen und Zurückhaltung zu üben". Es sei allerdings "schwer nachvollziehbar", dass – anders als in anderen Ländern – keine Möglichkeit bestehe, in schwerwiegenden Einzelfällen nach richterlicher Bewilligung Chats zu überwachen, so die Expertin.