Geheimdienst-Experte:

"Man muss Messenger-Dienste kontrollieren"

Terror-Abwehr: Unsere Regierung streitet über die Überwachung von WhatsApp und Co. Bis dahin müssen ausländische Spione uns warnen – hoffentlich.

Michael Pollak
"Man muss Messenger-Dienste kontrollieren"
Abfuhr für die ÖVP: Keine Mehrheit für das Mitlesen von Apps. Experte sagt aber: "Das kommt sicher!"
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Hunderte Tote hätte es geben können, wenn der geplante Anschlag auf das Taylor Swift-Konzert durchgeführt worden wäre. Eine große Polizei-Aktion konnte es quasi in letzter Sekunde verhindern.

Die Informationen über den Plan kamen nicht aus österreichischer Quelle, "befreundete ausländische Nachrichtendienste" – man spricht von zwei – mussten der heimischen Terror-Abwehr den Tipp geben. Und die hatten ihre Informationen, weil sie die Messengerdienste von Verdächtigen mitgelesen hatten. Sie spionieren also WhatsApp, Telegram, Signal aus. Bei uns ist das verboten.

Experte: Ohne Wahl im Herbst hätte es Zustimmung gegeben

Seitdem tobt ein politischer Kampf: Sollen Geheimdienste auch in Österreich bei Verdacht solche Programme kontrollieren dürfen?

Die ÖVP ist als einzige Partei vehement dafür. Allerdings erhielt ÖVP-Kanzler Karl Nehammer Dienstagabend eine kräftige Abfuhr für dieses Vorhaben im Nationalen Sicherheitsrat.

Siegfried Beer, Österreichs führender Experte für Geheimdienste, zeigt sich am Tag danach im Gespräch mit "Heute" überrascht: "Wenn die Parteien nicht gerade im Wahlkampf wären, hätte es wahrscheinlich Zustimmung gegeben."

Beran, 19, Terrorist: Das waren seine Anschlagspläne

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    Festgenommen: Beran A. (19) – er soll einen Anschlag auf das Swift-Konzert geplant haben.
    Festgenommen: Beran A. (19) – er soll einen Anschlag auf das Swift-Konzert geplant haben.
    Thomas Lenger, Helmut Graf (Repro)

    Der international anerkannte Fachmann drängt dennoch auf dieses Vorhaben: "Ich glaube, man muss die Kontrolle von Messenger-Diensten unter strengen Vorgaben zulassen. Sinnvoll wäre es schon sehr bald. Die neue Regierung wird sich damit beschäftigen müssen."

    "Wir hinken immer hinten nach"

    Offenbar brauchen Politiker, so der Experte aus Graz, einen dringenden "Vorfall", um solch eine Maßnahme gesetzlich zu erlauben, "das jetzt hat scheinbar noch nicht gereicht", sagt Siegfried Beer. Und weiter: "Wir hinken bei solchen Sachen immer hinten nach. In der Regel sind wir etwa fünf Jahre später dran."

    Eines ist jedenfalls klar: Den Satz der Behörden, dass Verdächtige aufgrund eines "Tipps von ausländischen Geheimdiensten" gefasst wurde, den werden wir noch länger hören. "Wir können froh sein, dass ausländische Dienste mit uns kooperieren. Sie waren schon immer die wichtigsten Informanten", sagt der Experte im "Heute"-Talk. Nachsatz: "Aber man muss als staatlicher Dienst auch etwas liefern, das kann keine Einbahn sein."

    "Konzert-Absage war nicht unbedingt ein Zeichen der Kompetenz"

    Unsere Geheimdienste stehen vor einem großen Problem, sagt der Fachmann. Wenn wir Messenger nicht überwachen dürfen, "dann muss man Verdächtige länger beobachten. Das ist bei einem Netzwerk eine sehr intensive Tätigkeit." Das Schlimme daran: "Die DSN (Anm.: Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, unser Verfassungsschutz) ist personell nicht unbedingt gut ausgestattet, wenn viele Beobachtungen nötig sind. Das ist ein klarer Nachteil."

    Zum Abschluss sagt Siegfried Beer: "Ich hätte gerne gesehen, dass auch in Österreich ein Konzert vor 70.000 Fans stattfinden kann. Die Absage war nicht unbedingt ein Zeichen der Kompetenz."

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      Helmut Graf

      Auf den Punkt gebracht

      • Der Geheimdienst-Experte Siegfried Beer plädiert dafür, Messenger-Dienste unter strengen Vorgaben zu kontrollieren, um die Terror-Abwehr zu stärken
      • Obwohl die ÖVP dies vehement unterstützt, wurde das Vorhaben im Nationalen Sicherheitsrat abgelehnt
      • Beer betont, dass die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten wichtig ist, aber auch österreichische Behörden sollten etwas liefern
      • Er warnt davor, dass die Überwachung von Verdächtigen ohne die Kontrolle von Messenger-Diensten zu einer intensiveren und personell anspruchsvollen Beobachtung führen würde
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