Kriminelle Vereinigung
Mafia-Vorwurf! Das steckt hinter Benko-Haftbefehl
Italien hat einen Europäischen Haftbefehl gegen Pleitier Benko erlassen."Heute" kennt die Vorwürfe und weiß, warum der Tiroler nicht in Haft muss.
Für den gefallenen Immo-Jongleur René Benko kommt es immer ärger. Am Dienstag hat die italienische Staatsanwaltschaft in Trient (Südtirol) einen Haftbefehl gegen den Gründer der insolventen Signa-Gruppe erlassen –"Heute" berichtete.
Hintergrund ist eine groß angelegte Aktion der italienischen Ermittler gegen insgesamt 77 Beschuldigte. Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA sollen die verdächtigen Unternehmer, Manager, Beamte unter anderem an Bestechungen beteiligt gewesen sein – mit dem Ziel, Genehmigungen für Immobilienprojekte zu bekommen. Die Ermittlungen betreffen Projekte in den Jahren 2018 bis 2022.
Neun Personen unter Hausarrest
Neben Milliardenpleitier Benko steht auch einer seiner letzten Verbündeten, der Bozener Wirtschaftsprüfer und Signa-Italia-Chef Heinz Peter Hager, im Visier der Justiz; er wurde unter Hausarrest gestellt. Hager arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit Benko zusammen. Festgenommen wurde auch die Bürgermeisterin von Riva del Garda, Cristina Santi – sie steht jetzt ebenfalls unter Hausarrest. Bisher wurden italienischen Medien zufolge neun Personen unter Hausarrest gestellt.
Ermittelt wird auch gegen den Bürgermeister von Arco, Alessandro Betta. Dabei geht es um ein Immobiliengeschäft für ein ehemaliges Hotel, das abgerissen und am Ufer des Flusses Sarca neu gebaut werden soll. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Insgesamt gab es am Dienstag italienischen Medien zufolge mehr als 100 Durchsuchungen. In Trient, Bozen, Mailand, Pavia, Rom und Verona führten Polizei und Steuerfahndung Razzien durch. Auch im Ausland soll es Durchsuchungen gegeben haben.
Benko bleibt auf freiem Fuß
Benko selbst hält sich freilich nicht in Italien auf, er ist in Innsbruck. Wie das Innenministerium gegenüber "Heute" bestätigt, wurde gegen Benko ein Europäischer Haftbefehl erlassen. Das bedeutet aber nicht automatisch eine Festnahme: "Es wird kein Europäischer Haftbefehl gegenüber Herrn Benko vollzogen", teilte sein Anwalt Norbert Wess "Heute" mit.
Vielmehr kam der Tiroler Immo-Pleitier, einst einer der reichsten Männer Österreichs, Dienstagmittag zur Einvernahme in die Landespolizeidirektion Tirol in Innsbruck, wie der "Standard" berichtet. Benko wurde nicht festgenommen, befindet sich auf freiem Fuß.
"Herr Benko wird weiterhin – wie bisher – mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen", so Anwalt Wess in einer Stellungnahme.
Muss Benko damit rechnen, doch noch verhaftet und nach Italien ausgeliefert zu werden? Auf Basis des aktuellen Haftbefehls kaum. Denn laut österreichischer Gesetzeslage ist das unzulässig. Wörtlich heißt es im betreffenden Gesetzestext: "Die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls gegen einen österreichischen Staatsbürger zum Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ist unzulässig." Das heißt: Wird ein österreichischer Staatsbürger von einem anderen EU-Land zur Fahndung ausgeschrieben, wird dieser Europäische Haftbefehl in der Regel nicht vollstreckt, wenn die Person in Österreich von der Polizei angetroffen wird.
Grundsätzlich werden eigene Staatsbürger auch nicht ausgeliefert.
Ein Verfahren gegen Benko in der italienischen Causa müsste allenfalls hierzulande geführt werden. Ob Italien überhaupt ein Auslieferungsersuchen stellt, ist derzeit nicht bekannt.
Dass die Handschellen klicken, wenn er in Österreich unterwegs ist, muss Benko also vorerst nicht fürchten.
Die Benko-Villa in Innsbruck-Igls
Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft Innsbruck, ob die Delikte, deren Benko in Italien beschuldigt wird, auch in Österreich strafbar sind und ein Verfahren dazu auch hier geführt werden könnte.
Das Verfahren in Italien befindet sich erst in der Phase der Voruntersuchung. Es besteht, wie bereits ausgeführt, Korruptionsverdacht – die Beschuldigten sollen beispielsweise Wahlkampagnen von Lokalpolitikern finanziell unterstützt haben, um sich im Zusammenhang mit Immobilienprojekten Vorteile bei Genehmigungsverfahren, Umwidmungen etc. zu verschaffen.
Mafia-Vorwurf
Der Verdacht lautet einer Aussendung der Staatsanwaltschaft Trient zufolge unter anderem auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, Korruption, Manipulation von Ausschreibungen, unrechtmäßige Parteienfinanzierung, unzulässige Einflussnahme, Betrug. Auch Steuerdelikte stehen im Raum.
Diese Delikte sind alle auch nach österreichischem Gesetz strafbar. In den Großteil der von den Italienern untersuchten konkreten Vorgänge dürfte Benko selbst aber nicht involviert gewesen sein.
Schlamassel hat der 47-Jährige aber ohnehin genug am Hals. Auch in Österreich laufen vielfältige Ermittlungen gegen ihn.
Party-König René Benko – Alle feierten mit ihm
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Auf den Punkt gebracht
- Italien hat einen Europäischen Haftbefehl gegen René Benko, den Gründer der insolventen Signa-Gruppe, erlassen, da ihn die italienische Justiz in Zusammenhang mit einer groß angelegten Aktion gegen Korruption und Bestechung bei Immobilienprojekten steht.
- Trotz der Vorwürfe und laufenden Ermittlungen bleibt Benko auf freiem Fuß und kooperiert mit den Behörden, während die Staatsanwaltschaft Innsbruck prüft, ob die Delikte auch in Österreich strafbar sind.