Alarm um Rabenvögel

"Krähenleberkäse" – Tierschützer ziehen vor Gericht

Rabenvögel stehen in Österreich unter Schutz. Trotzdem werden sie vielerorts zum "Schutz landwirtschaftlicher Kulturen" abgeschossen.
Aram Ghadimi
18.03.2025, 05:00

"Der Mensch ist nicht das intelligenteste Tier", sagt Reinhard Bayer, Jäger und Vorsitzender im Fachausschuss für Raubwild im Bezirk Bruck an der Leitha. Bayer, der auch Landwirt ist, spricht besonders Krähen eine hohe Intelligenz zu. In 17 Jahren, seit er Jäger ist, habe er mindestens 5.000 dieser Rabenvögel abgeschossen.

Im Sommer, wenn die Schonzeit (in Niederösterreich vom 1. April bis 30. Juni) vorbei ist und Ausnahmegenehmigungen vorliegen, geht Bayer auf Krähenjagd. Ein Lockbild mit Krähen- oder Elsterattrappen wird aufgestellt. Die Flinte wird mit Schrot geladen, dann wird im Tarnzelt gewartet. Das alles findet im Morgengrauen statt, wenn die Krähen zu ihren Fressplätzen fliegen.

Pastete und Leberkäse aus Krähen

"Dann gibt es Krähenpastete oder Leberkäse mit Krähen", erzählt Bayer, der auf einer der letzten Jagdmessen, die er besucht hat, sogar ein Bœuf Stroganoff mit Krähen präsentiert hat, um die Messebesucher zu überzeugen, dass die intelligenten Rabenvögel exzellent schmecken.

Österreichs Tierschützer wird Bayer nicht davon überzeugen können. "Wir ziehen gerade vor Gericht, weil diese Tiere viel besser geschützt gehören - und nicht verfolgt werden dürften", sagt Michaela Lehner, Umweltjuristin bei Tierschutz Austria.

Vogelschutz steht im Gesetz

Die Tierschützer berufen sich auf die Vogelschutzrichtlinie der EU, nach der Raben- und Nebelkrähen, Elstern und Eichelhähern unter strengem Schutz stehen. In Österreich würden sie trotzdem vielerorts gejagt und getötet werden, beklagen sie.

"In Österreich gibt es zwar Verordnungen, von denen es heißt, dass sie nur in Ausnahmefällen die Jagd auf Rabenvögel erlauben würden, doch in der Praxis bewirken die laschen Gesetze, dass die Tiere letzten Endes sogar in der Brut- und Setzzeit getötet werden."

Rückgang der Singvögel

Der Niederösterreichische Landesjagdverband sieht in Rabenvögel "Nahrungsopportunisten", die in der modernen Kulturlandschaft hohe Bestandsdichten erreichen würden. Es bestünde "Bedarf, die Population der Rabenvögel zu regulieren, insbesondere dort, wo sie als 'Gewinner' der menschlichen Landbewirtschaftung hohe Dichten erreichen und zum Problem für die 'Verlierer' (Singvögel, Insekten) der Kulturlandschaften werden."

"Das sagen die Jäger immer", kommentiert das Michaela Lehner. Dann hebt sich ihre Stimme: "Es gibt überhaupt keine Beweise dafür." Noch immer herrsche das Vorurteil, dass Rabenvögel für den Rückgang der Singvögel verantwortlich seinen. "Dabei ist mehrfach wissenschaftlich bewiesen worden, dass nicht die Rabenvögel der Grund sind, sondern vergiftete Insekten, die Tonnen an Pestiziden, die jedes Jahr versprüht werden. Ein weiterer wichtiger Grund für den Rückgang von Wildtieren ist der Verlust von Lebensräumen."

Der Eichelhäher etwa fresse, wie sein Name schon sagt, Eicheln und verbreite die Bäume durch seine Ausscheidungen, was gerade in Niederösterreich in Zeiten der Klimakrise von großer Bedeutung sei, erklärt die Umweltjuristin.

"Besonders die Krähen sind wichtig", sagt Lehner dann und fügt an: "Sie verhindern Krankheiten, indem sie Aas fressen." Rabenvögel insgesamt würden eine wichtige Rolle in der Natur spielen, betont die Umweltjuristin.

Erzähle uns deine Story!

Wurde dir eine Beihilfe gestrichen? Kannst du dir das Leben kaum mehr leisten? Ist dir gerade etwas besonders Trauriges, Witziges oder Erstaunliches geschehen? Bewegt dich ein anderes Thema? Bist du der Meinung, dass deine Geschichte erzählt werden sollte? Dann melde dich bei uns unter meinestory@heute.at. Denn deine Story ist uns wichtig!Mail an uns

Ökologische Lücken und Eingriffe

Früher habe man die Rabenvögel nur vertrieben, erinnert sich Reinhard Bayer: "Aber nach einer Stunde waren sie wieder da." Das bedrohe die Aussaat der Landwirte, erklärt der Niederösterreicher. Das Korn zu beizen sei ja den Bauern mittlerweile verboten worden, deshalb ist sicher Bayer sicher: "Hier muss man eingreifen und die Vögel dezimieren."

"Demgegenüber steht die Position der Wissenschaft", sagt Lehner: "Denn die Jagd auf Rabenvögel verringert deren Zahl nicht nur nicht dauerhaft - im Gegenteil: Sie trägt sogar zur Vermehrung der Tiere in einer Region bei", argumentiert Lehner. "Dort wo die Jäger Druck auf die Population ausüben, da steigt bei den Tieren der Druck, für mehr Nachwuchs zu sorgen. Für die ausgedünnte Generation ist zuerst mehr Futter da. Dann, ein, zwei Generationen später sind noch mehr Vögel als vorher da. Die Natur besteht aus Gleichgewichten und hat die Tendenz, ökologische Lücken auszugleichen", so Lehner.

"Ich würde die Tierschützer am liebsten einmal mitnehmen. Ornithologen her mit euch!", sagt Bayer, der überzeugt ist, dass der Mensch eingreifen soll. Die Referenzzahlen, wie viele Rabenvögel jedes Jahr zum Abschuss freigegeben werden, wisse er nicht auswendig, sagt er. Er stelle sich aber jeder Diskussion.

Für Tierschutz Austria stünde die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Wildvögel aber nicht zur Diskussion: "Schutz ist Schutz", sagt Lehner. Das Problem liege hier in der Praxis: "Immer wieder werden Ausnahmegenehmigungen erteilt, obwohl es dafür keine rechtfertigbaren Gründe gibt. "Überhaupt, gibt es weder ein Populationen-Monitoring zu den Vögeln, noch wo auf welchen Feldern sie gefressen haben sollen."

25 Beschwerden bei diversen Verwaltungsgerichten

Nun geht Tierschutz Austria gegen die "Abschüsse nach Augenmaß und eine Jägerschaft, die angibt sich selbst zu kontrollieren" mit 25 Beschwerden bei den diversen Landesverwaltungsgerichten in Niederösterreich und Salzburg vor. Es liegt jetzt an den Behörden, eine Entscheidung zu treffen, sagen die Tierschützer, denn "klar ist, dass hier der Schutz nicht greift."

Das Einbringen der 25 Beschwerden habe Kosten von rund 2.500 Euro verursacht, weshalb Tierschutz Austria zur Beteiligung daran aufruft: "Wir appellieren an alle vogel- und tierliebenden Menschen: Bitte helft mit, diese rechtlichen Schritte möglich zu machen. Nur so lässt sich diese gelebte Praxis nachhaltig beenden."

{title && {title} } agh, {title && {title} } 18.03.2025, 05:00
Es gibt neue Nachrichten auf Heute.atZur Startseite