Energie-Krise

Kein Russengas – "Preise um fast 30 Prozent gestiegen"

Führende Energieexperten analysieren den Gas-Streit mit Russland. So geht es weiter und vor allem: Das ist bereits geschehen.

Michael Pollak
Kein Russengas – "Preise um fast 30 Prozent gestiegen"
Experte Walter Boltz: "Heuer gab es bereits relativ starke Preiserhöhungen."
Guenther PEROUTKA / WirtschaftsBlatt / picturedesk.com

Der Schock kam Ende vergangener Woche: Russland stoppt die Gaslieferungen an Österreich! Befürchtungen wurden laut: Wie teuer wird das für die Haushalte? Haben wir genug Gas?

"Wir lassen uns nicht erpressen und nicht in die Knie zwingen", sagte Freitagabend Kanzler Karl Nehammer resolut. Und weiter: "Niemand muss in Österreich frieren. Die Wohnungen können geheizt werden."

Experte: "Ich glaube, das ist Zweckoptimismus"

Die Erklärung: Unsere Gas-Speicher seien zu etwa 90 Prozent voll, wir haben genug Energievorräte für etwa ein Jahr. Zum Glück müssten wir jetzt nicht akut zu höheren Preisen auf den Weltmärkten Gas nachkaufen.

"Heute" fragte nach beim Energieexperten Walter Boltz – ist es wirklich realistisch, dass die Preise deswegen nicht steigen? "Das ist, glaube ich, Zweckoptimismus." Der ehemalige E-Control-Chef und jetzige Energieberater Boltz erklärt: "Heuer gab es bereits relativ starke Preiserhöhungen." Die Diskussion um die Verfügbarkeit des Gases, habe den Preis im Großhandel schon stark angetrieben, "fast schon 30 Prozent seit dem Sommer", so der Experte.

Im Hintergrund wird um neue Lieferanten und Preise gefeilscht

Genau deswegen sei jetzt der Preis nicht plötzlich erneut gestiegen, "die Situation war ja bekannt." Und: Das Gas aus Russland kommt noch immer in Baumgarten (NÖ) an.

Laut Boltz gäbe es in Europa derzeit keine Gas-Knappheit, "deswegen sollte sich diese Steigerung bald normalisieren, also in ein paar Monaten." Was jetzt im Hintergrund geschieht: Unsere heimischen Anbieter müssen für die Zukunft neue Gas-Kapazitäten bei Lieferanten reservieren. Bis dahin bleiben die Preise auf höherem Niveau.

Derzeit sind die Speicher zu 90 % voll. Grafik zeigt, wie es ohne russisches Gas weitergeht, wenn zwei kalte Winter vor uns liegen.
Derzeit sind die Speicher zu 90 % voll. Grafik zeigt, wie es ohne russisches Gas weitergeht, wenn zwei kalte Winter vor uns liegen.
APA-Grafik / picturedesk.com

Irgendwann wirken sich die Großhandelspreise auf die Haushaltsrechnungen aus. Die Familien, die für Gas einen "Floater"-Vertrag haben, also einen, mit monatlich flexiblen Preisen, spüren die höheren Preise schon seit Sommer. Die anderen, deren Preise meist jährlich verändert werden, deren Einstufung ändert sich erst mit der Jahresabrechnung. Sollten sich die Preise schon bald normalisieren, wird die Auswirkung nicht sehr groß sein.

"Kein verlässlicher Partner"

Beruhigen kann auch Christoph Dolna-Gruber von der Österreichischen Energieagentur nicht, "dass die Gazprom kein besonders verlässlicher Partner ist, wurde bereits bewiesen." Allein im November seien die Preise bereits, "um 15 bis 20 Prozent im für den Großhandel angestiegen."

Sinken die Preise nicht wieder signifikant, werde die nächste Jahresabrechnung der Haushalte auch höher ausfallen.

Zusätzlicher "Export-Aufschlag" verteuert deutsches Gas

Ein weiterer Aspekt: Die OMV kann – wenn wirklich nichts mehr aus Russland käme – Gas auch aus Deutschland oder Italien kaufen. Sollten wir allerdings auf Energie aus Deutschland angewiesen sein, müssten wir einen zusätzlichen "Exportaufschlag" zahlen. Das würden die Haushalte sehr wohl spüren.

Heute ist der Gaspreis dreimal so hoch wie vor vier Jahren. Damals bremste die Pandemie die Wirtschaft, seitdem erleben wir die Auswirkungen von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine. Christoph Dolna-Gruber: "Dass der Preis wieder auf das Niveau von damals sinkt, das kann ich mir in absehbarer Zeit nicht vorstellen."

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    Auf den Punkt gebracht

    • Der Artikel behandelt die Auswirkungen des russischen Gaslieferstopps nach Österreich und die damit verbundenen Preissteigerungen
    • Trotz der vollen Gasspeicher und der Aussage von Kanzler Karl Nehammer, dass niemand frieren muss, sind die Gaspreise seit dem Sommer um fast 30 Prozent gestiegen, und Experten wie Walter Boltz und Christoph Dolna-Gruber warnen, dass die Preise auf absehbare Zeit hoch bleiben könnten
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