Showdown um Signa

Experten-Ansage – Benkos Reich stürzt zu 99 Prozent ein

Konkurs oder Rettung? Die Zukunft der Signa-Holding von Immo-Investor René Benko ist weiterhin unklar. Ein Handelsexperte wagt im ORF eine Prognose.

Experten-Ansage – Benkos Reich stürzt zu 99 Prozent ein
Gerrit Heinemann, Handelsexperte an der Hochschule Niederrhein, in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Ein absoluter Wirtschaftsexperte ließ am späten Montagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderator Armin Wolf aufhorchen. Der Immobilien-Konzern des strauchelnden Unternehmers René Benko brauche dringendst und schnellstens frisches Geld, sonst drohe der Zusammenbruch. Und: Die Wahrscheinlichkeit des Kollapses liege bei 99 Prozent! Gerrit Heinemann, Handelsexperte an der Hochschule Niederrhein, erklärte, es laufe "alles darauf hinaus, dass es zu 99 Prozent am Dienstag zu einem Insolvenzantrag des gesamten Signa-Konzerns" komme. Wenn Kredite kurzfristig zurückgezahlt werden müssen und es keine Geldgeber mehr gebe, könne es auch bei kleinen Summen sehr schnell gehen, erklärte der Experte, wie es wohl zur Schieflage gekommen sei.

"Wenn das Geschäftsmodell auf Nullzinsen oder niedrigen Zinsen beruht", und auf immer steigender Nachtfrage, "dann geht es noch schneller runter, als es nach oben gegangen ist", so der Experte. Wenn die Verträge langfristiger Art seien, hätte es anders kommen können, hier habe es aber für Immobilienprojekte unüblich kurze Verträge gegeben, die der Signa nun zusetzen würden, so Heinemann. "Diese Fälligkeiten unterstellen aber das Prinzip Hoffnung, dass es nach oben geht", so der Experte, gehe es aber wie jetzt nach unten, "bricht das schnell zusammen". Erstmals "muss Transparenz hergestellt werden, was fast unmöglich ist", so Heinemann. Das betreffe in Deutschland vor allem die Galeria Kaufhof. Die Signa sollte 200 Millionen einschießen, die seien aber größtenteils noch nicht gezahlt worden, deswegen werde der Insolvenzantrag nicht erfüllbar sein, es werde "sehr düster" aussehen, so der Experte.

Wir können davon ausgehen, dass herr Benko durch die Insolvenz nicht verarmen wird
Gerrit Heinemann
Handelsexperte an der Hochschule Niederrhein

"Wer möchte noch Kaufhäuser kaufen?", fragte Heinemann auf die Frage von Wolf, ob Bekos Geschäfte denn übernommen werden könnten. "Wie Dinosauerier in einem Jurassic Park" könnten einige Standorte überleben, der Großteil werde aber wohl schließen, so der Experte. Bei der Übernahme der Galeria sei die Miete verdoppelt worden, der überhöhte Mietpreis habe zu einer Überbewertung der Immobilien geführt, so Heinemann. Und was ist mit den zahlreichen Baustellen von Benko? "Im intransparenten Firmengeflecht" sei es schwierig, das einzuschätzen, aber man könne sich darauf einstellen, dass es "Bauruinen auf längere Zeit" sein würden. Bleibt Benko denn selbst Milliardär, weil sein Privatvermögen nicht betroffen sei? Bei "Durchgriffshaftung ist nicht immer gesagt", dass der Inhaber alles verliert, so der Experte: "Wir können davon ausgehen, dass Herr Benko durch die Insolvenz nicht verarmen wird."

Darum geht es beim Benko-Krimi

Mit Hochdruck wurde am Wochenende weiter mit potenziellen Geldgebern für den schwer angeschlagenen Immobilien-Konzern von René Benko verhandelt. Sollten die Gespräche scheitern, "führt kein Weg an der Pleite des Imperiums" vorbei, zitiert die APA einen Insider. Und dieser spricht von einem "letzten Versuch".  Bereits am vergangenen Freitag hatte eine Deutschland-Tochter der Signa Insolvenz angemeldet. In Österreich könnte es, so wird gemunkelt, am Dienstag (28. November) so weit sein. Die Hoffnung im Benko-Reich ruht nun offenbar auf einem Zwischen-Investor, das ging aus mehreren Medienberichten der vergangenen Tage hervor.

Dieser würde laut APA 500, vielleicht sogar 600 Millionen Euro Kredit geben, die zum Teil besichert werden könnten, zum Teil aber auch unbesichert sind. Im Bankjargon bedeutet besichern, dass dem Gläubiger Sicherheiten für einen gewährten Kredit bereitgestellt werden. Dadurch würden extrem hohe Zinsen fällig werden. Zusammen mit zusätzlichen Gebühren können Kreditkosten von über 20 Prozent pro Jahr entstehen. Damit werde auch klar, dass Signa mit einem solchen Investor vor allem Zeit gewinnen könnte, um eine systematische Restrukturierung zu ermöglichen, berichtet die APA. Nach Informationen der "FAZ" ist ein Investor, der nicht zu den bisherigen Geldgebern gehört, aktuell noch mit der Prüfung der Signa-Unterlagen befasst.

Es mangelt an Vertrauen

Laut Informationen von Ö1 hat der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz jedenfalls noch keine offizielle Rolle bei der Signa. Er sei immer noch als Berater tätig, obwohl er von der Signa als Beiratschef ausgewiesen wird. Genau das hatte Signa allerdings Anfang November bekanntgegeben. Der Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch hat sich am Montag im "Ö1 Morgenjournal" zur Zukunft der Signa-Holding geäußert – und dabei deutliche Worte gefunden.

1/4
Gehe zur Galerie
    René Benko reiste mit seinem Privat-Jet nach Barcelona.
    René Benko reiste mit seinem Privat-Jet nach Barcelona.
    Theo Klein / BILD

    Auf die Frage, ob die Signa-Holding bis Ende 2023 500 Millionen Euro auftreiben könne, erklärte der Experte ganz offen: "Die Summe hört sich hoch an, angesichts der Immobilien, die hier vorhanden sind, ist das aber jetzt keine unmögliche Summe." Und weiter: "Das Problem ist nicht der Betrag, sondern, dass Vertrauen fehlen dürfte, weil es zu undurchsichtig ist, was mit diesem Geld dann passieren würde, weil es eben Interessenskonflikte der verschiedenen Gläubiger auf unterschiedlichen Ebenen gibt."

    Sanierung oder Konkurs

    In der derzeitigen Situation stellen sich laut Dobusch nur noch zwei Möglichkeiten: "Das eine ist eine Sanierung, die ja auch eine Teil-Insolvenz wahrscheinlich bedingt, aber selbst für eine geordnete Liquidierung wird man so eine Zwischenfinanzierung von einem sehr risikoorientierten Partner brauchen. Aber wenn das nicht mal gelingt, dann wird wirklich der Konkurs stehen. Und Konkurs ist sicher jetzt nicht die wertoptimale Variante, weil dann von einem Masseverwalter die einzelnen Immobilien und Gesellschaften veräußert werden müssen", erklärte der Wirtschaftswissenschaftler.

    rfi, 20 Minuten
    Akt.