Streit um Ministerien

Brisantes ÖVP-Angebot – Kickl entscheidet über alles

Ein taktischer Polit-Schachzug der ÖVP soll neuen Schwung in die blau-schwarzen Gespräche bringen. Überwunden ist die Krise dennoch nicht.
Nicolas Kubrak
08.02.2025, 09:56

Einmal mehr war es ein Freitag (Stichwort Ampel-Aus), der die österreichische Innenpolitik in Atem gehalten hat. Als alle mit stundenlangen Marathonsitzungen im Präsidialzimmer des Parlaments rechneten, war nach 40 Minuten alles vorbei. "War's das?, fragten sich Reporter und Fotografen vor Ort.

ÖVP bietet FPÖ Finanzministerium an

Wie sich herausstellte, haben FPÖ und ÖVP andernorts weitergesprochen, um 14 Uhr war dann aber Schluss. In einer Aussendung ließen die Schwarzen wissen, dass "die Verhandlungen über eine ausgewogene Verteilung der Ressorts" Anfang kommender Woche fortgesetzt werden. Die Koalitionsverhandler haben nun ein freies Wochenende.

Was genau in den 40 Minuten besprochen wurde, ist nicht bekannt. Wie "Heute" allerdings von einem schwarzen Länder-Granden erfuhr, will die ÖVP mit einem Kompromiss auf die Kickl-FPÖ zugehen. Dieser sieht im Detail so aus: Die Schwarzen überlassen den Blauen für die kommende Legislaturperiode nicht nur das Kanzleramt, sondern auch das Finanzministerium, das stets als machtpolitisches Gegengewicht gegolten hatte.

Und was ist mit dem Innenministerium?

Unbeugbar bleibt die ÖVP beim Innenministerium, das die FPÖ bekanntlich für sich beansprucht. So wird die Volkspartei laut dem Länder-Granden bei der nächsten Gesprächsrunde weiter darauf drängen, das Innenministerium zu leiten. "Es ist ein Fakt, dass ausländische Geheimdienste die Arbeit mit Österreich einstellen würden, wenn es von den Freiheitlichen geführte würde", so der Insider. Problematisch wäre das dann etwa bei Warnungen vor einem Terroranschlag – Stichwort Taylor-Swift-Konzert.

Das Haus in der Herrengasse könnte also zum Knackpunkt in den blau-schwarzen Verhandlungen werden. Christian Stocker will es dem Vernehmen nach als ÖVP-Vizekanzler selbst führen; die FPÖ nicht nachgeben. Immerhin wird im Innenministerium der Kurs in der Asyl- und Migrationspolitik maßgeblich bestimmt – ein Kernthema der FPÖ.

Was macht Kickl?

Die blaue Ministerien-Aufteilung (siehe Infokasten) war der eigentliche Grund für den Verhandlungsstopp unter der Woche. Die Freiheitlichen bezeichneten diese als "faires Angebot", die ÖVP verstand das als reine Provokation. Schließlich würden laut der Liste alle heiligen Ressorts – darunter eben das heikle Innenministerium – an die FPÖ gehen.

So soll künftig regiert werden:

FPÖ: Bundeskanzler, Kanzleramtsminister (EU, Verfassung, Medien, Kultur, Deregulierung), Gesundheit/Sport, Soziales/Integration, Finanzen, Inneres

ÖVP: Vizekanzler, Äußeres, Frauen/Familie/Jugend, Landwirtschaft/Umwelt, Wirtschaft/Energie/Arbeit, Bildung/Wissenschaft/Forschung, Infrastruktur, Landesverteidigung

Unabhängig: Justiz, Staatssekretär im Innenministerium für Nachrichtendienst DSN

Eine klassische Pattsituation also. In einem langen Facebook-Posting untermauerte Kickl seine Haltung in dieser Frage. Seit der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 sei es zu "ganz vielen Fehlern" gekommen: "Die FPÖ und ich, wir wollen einen Kurswechsel in der Sicherheitspolitik und beim Asylkurs."

Wegen des schwelenden Konflikts um Posten sind inhaltliche Knackpunkte (Außenpolitik, Aus für ORF-Haushaltsabgabe, Kirchensteuer) noch völlig offen geblieben. Aus ÖVP-Kreisen ist aber zu hören, dass nicht hier der Schlüssel zu einer potenziellen Regierung liegt. "Wenn wir die Ministerien-Verteilung hinbekommen, dann wird es daran nicht scheitern", so ein Top-Verhandler.

{title && {title} } nico, {title && {title} } Akt. 08.02.2025, 16:50, 08.02.2025, 09:56
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