Johannes Kopf im ORF

AMS-Boss gesteht: "Ich mache mir selbst Sorgen"

Hunderte Mitarbeiter verlieren durch Unternehmenspleiten ihre Jobs, Tausende Stellen wackeln. AMS-Chef Johannes Kopf zur prekären Situation im Land.
Newsdesk Heute
28.11.2024, 22:24

Zur Flut an Pleiten, Konkursen und Insolvenzen kam am Donnerstag eine neue Schreckens-Meldung dazu: Der Siemens-Konzern schließt sein großes Werk in Wien, 178 Mitarbeiter sind betroffen.

Was zuvor passiert war: Jahrzehntealte Familienbetriebe sperren reihenweise zu, in der Gastronomie kracht es, Hunderte Mitarbeiter stehen nach der neuerlichen Pleite von Kika/Leiner vor dem Nichts, der große deutsche Konzern Schaeffler schließt Ende 2025 sein Werk in Niederösterreich (450 Stellen betroffen) und der Innviertler Motorradhersteller KTM wird die Einleitung eines Sanierungsverfahrens beantragen – rund 3.400 Jobs sind gefährdet.

"Die Situation ist prekär"

Wie dramatisch ist die Lage in Österreich wirklich? So gut wie alle Experten sprechen von einer verheerenden oder katastrophalen Situation. Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, attestierte in der ORF-"ZIB2": "Die Situation ist prekär, man könnte sagen, es ist Feuer am Dach" und es sei "mit Abstand die längste Krise, in der wir uns befinden".

Wenige Tage später legte Wirtschaftsforscher und Fiskalratspräsident Christoph Badelt nach: "Wir haben eine strukturelle Krise in der österreichischen Industrie", es sei eine "Mischung, die sehr schwer auszuhalten ist" – und ohne drastische Sparmaßnahmen käme man da auch nicht mehr raus.

KTM-Krise von AMS "absolut nicht" erwartet

Nun gab am späten Donnerstagabend AMS-Chef Johannes Kopf in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer seine Einschätzung der Lage ab. "Absolut nicht" sei absehbar gewesen, dass KTM in die Krise rutschen könnte, so Kopf, noch vor Kurzem seien Gewinne ausbezahlt worden, jetzt stehe man von einer katastrophalen Situation in der Region. "Da möchte ich nicht nur meine Unterstützung, sondern mein Mitgefühl den Leuten aussprechen", so der AMS-Chef. Es sei "ein großes Thema für das Arbeitsmarktservice selbst", so Kopf.

Es werde hoffentlich gelingen, "einen Teil der Mitarbeiter zu vermitteln", man werde aber auch "über so Dinge" wie eine Insolvenzstiftung nachdenken müssen, so Kopf. Klar sei: Von der Größe dieses Falls sei man "überrascht". KTM habe viele Zulieferer und sei für die Region wichtig, das könne einen Dominoeffekt auf kleinere Betriebe wie eine Bäckerei haben. Kopf sah aber auch einen anderen Dominoeffekt, es gebe einen "Wendepunkt in der europäischen Industrie" und es werde wohl "noch einige schlechte Nachrichten" von großen Betrieben in Österreich geben.

AMS-Chef befürchtet auch 2025 eine Rezession

"Über diesen Winter glaube ich es nicht", so Kopf dazu, ob es zu einer halben Million Arbeitslosen bereits in Kürze kommen könnte. Aber: Man müsse offen sagen, "es droht, dass wir vielleicht auch 2025 kein Wachstum sehen". Das wäre dann das dritte Jahr, in dem man von einer Rezession spreche, so der AMS-Chef – er hoffe es nicht, man müsse sich aber darauf vorbereiten. Können Unternehmen da lange zu viele Mitarbeiter halten, statt sie zu kündigen? Nein, so Kopf, wenn das gemacht werde, bringe das die Unternehmen finanziell ins Wanken und könne zu Massenentlassungen führen.

"Wir sind ein Industrieland", so Kopf, rund 600.000 Mitarbeiter seien in der Branche beschäftigt, doch die Krise werde auch andere Sektoren treffen. "Ich mache mir selbst Sorgen", so der AMS-Boss, aber "Kopf in den Sand stecken ist nicht". In den Verhandlungsgruppen zur neuen Regierung würden "gescheite Leute" sitzen, so Kopf, er gab aber zu bedenken: "Zu viel sparen" werde man nicht können. "Einfach ist das sicher nicht", so Kopf dazu, wie Österreich aus dieser Krise geführt werden könne – es brauche große Maßnahmen bei Ökologisierung, Digitalisierung und Bildung – nicht nur bei Arbeitslosen, sondern auch bei Arbeitern und Angestellten.

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