Aufregung um Kickl-Demo

"Zutiefst empört!" Nehammer macht jetzt klare Ansage

Am Nationalfeiertag sprachen Kanzler und Präsident an das Volk. Die Staatsspitzen verurteilten dabei die geplante Pro-FPÖ-Demo am 9. November.

Nicolas Kubrak
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    Am Nationalfeiertag sprachen Kanzler und Präsident an das Volk. Die Staatsspitzen verurteilten dabei die geplante Pro-FPÖ-Demo am 9. November.
    Am Nationalfeiertag sprachen Kanzler und Präsident an das Volk. Die Staatsspitzen verurteilten dabei die geplante Pro-FPÖ-Demo am 9. November.
    BKA/Dunker

    Die vergangenen Tage sorgten innenpolitisch für riesigen Wirbel: Am Montag empfing Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Spitzenkandidaten der drei "großen" Parteien in der Hofburg, am Dienstag beauftragte er Karl Nehammer mit der Regierungsbildung ("Kickl findet keinen Partner, der ihn zum Kanzler macht") und am Freitag starteten ÖVP und SPÖ erste Sondierungsgespräche.

    FPÖ-Anhänger frustriert

    Der Schmerz der freiheitlichen Anhänger sitzt tief. Immerhin war es bislang eigentlich Usus, dass die stimmenstärkste Partei den Auftrag erhält – also FPÖ-Chef Herbert Kickl. Aus dem Grund wollen die Kickl-Fans nun gegen die Entscheidung des Bundespräsidenten vorgehen und sich mobil machen. Auf Telegram wurde eine Großdemonstration in Wien angekündigt. Unter dem Motto "Macht euch bereit" wollen die Teilnehmer am 9. November – der Jahres- und Gedenktag der November-Pogrome gegen Juden in Nazi-Deutschland im Jahr 1938 – auf die Straßen gehen – "Heute" berichtete ausführlich.

    Kanzler "zutiefst empört"

    Am Nationalfeiertag verurteilten die Staatsspitzen die geplante Demo aufs Schärfste. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) rief dazu auf, die "wehrhafte Demokratie" zu verteidigen. "Wehrhafte Demokratie" bedeute auch, einem freiheitsliebenden Land zu dienen, das aus seiner Geschichte gelernt habe. Der Kanzler sei deshalb "zutiefst empört", dass eine Gruppierung den 9. November für eine Großdemonstration unter dem Motto "Macht euch bereit" nutzen wolle.

    Der 9. November sei "einer der ernsthaftesten Gedenktage, den wir haben". Deswegen erwarte er sich von allen politischen Parteien, "sich von dieser Demonstration am 9. November, am Gedenktag der Reichspogromnacht zu distanzieren. Es gibt viele Tage und Möglichkeiten, das zu tun, aber nicht an diesem Tag", so der Kanzler.

    VdB teilt Kanzler-Kritik

    Bundespräsident Van der Bellen betonte in seiner Rede, dass er Nehammers Auffassung zur Demonstration, "die ausgerechnet am 9. November" stattfinden soll, "vollinhaltlich teile". Das Staatsoberhaupt, das auch Oberbefehlshaber ist, hob außerdem hervor, dass ein leistungsfähiges Bundesheer ein unverzichtbarer Teil der notwendigen staatlichen Resilienz sei. Deshalb sei auch ein entsprechendes Budget fürs Heer notwendig, und er sei zuversichtlich, dass das Parlament ein solches auch weiterhin gewährt, meinte Van der Bellen.

    Bundespräsident Van der Bellen mit seiner Ehefrau Doris Schmidauer am Nationalfeiertag.
    Bundespräsident Van der Bellen mit seiner Ehefrau Doris Schmidauer am Nationalfeiertag.
    PETER LECHNER / APA / picturedesk.com

    Das Statement von Nehammer im Wortlaut

    Sehr geehrter Herr Bundespräsident, hohe Geistlichkeit, sehr geehrte Ehren- und Festgäste, vor allem sehr geehrte Rekruten und vor allem liebe Familienangehörige, Freundinnen und Freunde, die heute hier am Heldenplatz sind, um dieser großen, wichtigen Zeremonie beizuwohnen. Das Gelöbnis auf die Verfassung der Republik und dem österreichischen Volke zu dienen, gehört zu den schönsten und größten Aufgaben, die man als Staatsbürger und Staatsbürgerin erfüllen kann.

    Liebe Rekruten, dieser Eid auf die Verfassung hat tatsächlich eine große Bedeutung. Wehrhafte Demokratie in Zeiten, wo die Demokratie schon lange nicht mehr so unter Druck gesetzt worden ist, wo Krieg in Europa herrscht, wo Desinformationskampagnen Destabilisierung und Unruhe stiften sollen. Und wehrhafte Demokratie heißt auch, sich bewusst sein, einem freien, einem demokratischen, einem freiheitsliebenden Land zu dienen, das aus seiner Geschichte gelernt hat. Das ist so besonders wichtig. Das ist das, was uns jetzt eint, wenn wir hier vor Ihnen stehen und Sie vor uns und wir Ihnen zuhören, wenn Sie die Gelöbnisformel sprechen. Aus der Geschichte lernen, wehrhaft sein, einzustehen für Freiheit und Recht.

    Und in diesem Zusammenhang, gerade am Nationalfeiertag, möchte ich etwas ansprechen, was mich zutiefst empört. Es gibt eine Gruppierung, die den 9. November nutzt, um eine Großdemonstration anzukündigen, mit dem Motto "Macht euch bereit!". Meine sehr geehrten Damen und Herren Rekruten, der 9. November ist einer der ernsthaftesten Gedenktage, den wir haben in dieser Zweiten Republik. Am 9. November haben Nazischergen, SA, SS, jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in der sogenannten Reichspogromnacht erniedrigt, geschändet, ermordet. Wenn ich vor Ihnen heute als Bundeskanzler stehe, dann habe ich es der Tatsache zu verdanken, dass es Frauen und Männer gegeben hat in diesem Land, die Widerstand geleistet haben, die an Demokratie und Freiheit geglaubt haben, und Alliierte, die uns befreit haben von dem Naziterror.

    Das Schlimmste aber am 9. November ist auch, dass es österreichische Mitbürgerinnen und Mitbürger waren, die das getan haben. Und wir haben gelernt aus der Geschichte. Die Verfassung zeigt es. Die Zweite Republik zeigt es. Und es zeigt auch, wie wichtig es ist, eben diese wehrhafte Demokratie zu verteidigen. Sie mit der Waffe, wir als politische Verantwortliche durch genau einen wichtigen Widerstand und ein Zeichen. Und deswegen erwarte ich mir von allen politischen Parteien, sich von dieser Demonstration am 9. November, am Gedenktag der Reichspogromnacht zu distanzieren. Es gibt viele Tage und Möglichkeiten, das zu tun, aber nicht an diesem Tag. An diesem Tag gedenken wir unserer Verantwortung und unserer Geschichte.

    Aber jetzt zu euch, liebe Rekruten. Und ich sage das als euer Kamerad, als Soldat, der ebenso vereidigt worden ist, gelobt hat, den Menschen in unserem Land zu dienen. Ich wünsche euch für euren Dienst viel Soldatenglück. Und vor allem wünsche ich euch für euren Dienst Kameradschaft. Passt aufeinander auf. Seid füreinander da. Kameradschaft heißt nicht Verhaberung, heißt nicht, dass man mit jedem gut befreundet ist. Kameradschaft bedeutet, zu jeder Zeit für seinen Kameraden da zu sein, ob es gerade in einer schwierigen Phase ist oder in einer guten. Ich wünsche euch dieses Gefühl der Gemeinschaft, unserem schönen Österreich, der demokratischen Republik zu dienen. Ich wünsche euch großartige Erfahrungen, auch wenn es manchmal hart und anstrengend ist. Hoch lebe das österreichische Bundesheer. Hoch lebe die Republik Österreich.

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