Neue Studie der Agenda Austria

Wer Vollzeit arbeitet, zahlt auch voll drauf

Die Möglichkeit, zum Arbeitslosengeld dazuzuverdienen, wird gestrichen. Applaus kommt von der Agenda Austria, die das derzeitige System kritisiert.
Heute Politik
16.04.2025, 05:15

Derzeit dürfen Arbeitslose bis zu 551,1 Euro pro Monat dazuverdienen. Dieser Nebenverdienst wird – mit wenigen Ausnahmen – abgeschafft. Das hat die schwarz-rot-pinke Regierung zuletzt bei ihrer Arbeitsklausur fixiert. Die wirtschaftsnahe Denkfabrik Agenda Austria sieht darin "einen Schritt in die richtige Richtung".

"Anreiz zum Nichtarbeiten"

Das aktuelle Modell sei "kein Anreiz, am Arbeitsmarkt teilzunehmen", kritisiert Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera im Gespräch mit "Heute" das System. Denn: Arbeitslosengeld plus Zuverdienst seien oft lukrativer als eine echte Anstellung.

Abrechnung

Wie absurd das Konzept ist, zeigt ein Rechenbeispiel. Max Mustermann ist neuerdings arbeitslos. Zuvor hat er 3.000 Euro brutto im Monat verdient. Weil er clever ist, reizt er das Nebenverdienst-Kontingent voll aus, kommt damit auf immerhin 25.253 Euro netto im Jahr. Arbeitsaufwand pro Woche: gerade einmal sieben Stunden. Arbeitet er nur eine Stunde länger, verliert er den Anspruch auf Arbeitslosengeld und damit rund drei Viertel seines Einkommens.

Nachteile für Mehrarbeit

Anders Franz Musterhackler: Der geht um 3.000 Euro einer regulären Arbeit nach. Er muss sich – um auf diesen Betrag zu kommen – satte 31 Stunden in der Woche abrackern. "Es braucht also fast schon Vollzeit, um mehr zu haben als mit Arbeitslosengeld und Zuverdienst", kritisiert Kucsera.

Je kleiner das Einkommen, desto größer die "Geringfügigkeitsfalle"

Ein weiteres Problem: niedrigere Einkommen. Denn selbst wer mit 1.500 Euro brutto 40 Wochenstunden arbeitet, hat keine Chance, mehr zu beziehen als ein Arbeitsloser, der nur geringfügig beschäftigt ist. Bei 3.000 Euro sind es wie oben vorgerechnet 31 Stunden bis zum Mehrverdienst, bei einem Einkommen von 4.500 Euro "nur" 27 Stunden pro Woche.

Ökonom fordert größere Reform

Laut Agenda-Austria-Experten Kucsera wären weitere Maßnahmen am Arbeitsmarkt nötig, um mehr Anreize zu setzen, dass Arbeitslose wieder einen Job annehmen. Dazu zählt er etwa ein degressives Arbeitslosengeld. Heißt: Der Betrag ist am Anfang höher als die derzeit geltenden 55 Prozent vom Nettobezug, sinkt dafür später kontinuierlich ab. Zudem sei der Faktor Arbeit im EU-Vergleich viel zu stark belastet. In diesem Bereich müsse man vor allem beim mittleren Einkommenssegment ansetzen und Vollzeit-Beschäftigte stärker entlasten.

Flächendeckende Kinderbetreuung

Sehr wichtig sei es auch, mehr Frauen in Vollzeitbeschäftigung zu bringen. Essenzielle Voraussetzung dafür sei aber das Vorhandensein einer flächendeckenden Kinderbetreuung, erinnert Kucsera.

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