Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer kann über Mangel an Herausforderungen für den Standort wahrlich nicht klagen. Die heimische Wirtschaft stottert, in der Exportindustrie droht neues Ungemach durch die von US-Präsident Donald Trump in den Raum gestellten Zölle auf Waren aus der EU. "Das ist nicht unerwartet und die Europäische Kommission hat sich auch gut darauf vorbereitet", sagt Mahrer zu "Heute". Aber die USA seien nach Deutschland Österreichs zweitwichtigster Handelspartner (alle Details dazu im Video unten) und natürlich würde unsere Wirtschaftsentwicklung unter solchen Zöllen leiden.
Mahrer: "Die USA sind ein wichtiger Wachstumsmarkt für uns, daher ist es auch wichtig, dass Österreich einen guten Ruf hat in den USA: als ein Land mit tollen Firmen und Produkten, aber auch als politisch stabiles und nach Westen orientiertes Land."
Womit die Brücke geschlagen ist zu den aktuell stotternden blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen. Neben dem Streit um Ministerien ist unter anderem der Themenkomplex Außenpolitik zwischen FPÖ und ÖVP dem Vernehmen nach noch komplett auf Rot.
Mahrer ist einer der Chefverhandler der ÖVP in den Koalitionsgesprächen mit der FPÖ (für den Bereich "Steuern und Finanzen"). Im "Heute"-Talk erklärt er, warum es hinsichtlich der internationalen Ausrichtung Österreichs ein klares Bekenntnis der künftigen Regierung brauchen würde. Und wo er Handlungsbedarf beim Gesprächspartner ortet.
"Österreich ist ein exportorientiertes Land, 6 von 10 Euro erwirtschaften wir durch Export. Die Hälfte aller Arbeitsplätze hängen da dran", erklärt Mahrer: "Entscheidend sind Qualität und Preis unserer Produkte. Aber auch das Ansehen Österreichs als politisch stabiles Land."
Laut einer vor Kurzem im Auftrag der Wirtschaftskammer durchgeführten Umfrage sagen 88 % der Österreicher, es sei wichtig für den Export, dass Österreich einen guten Ruf hat, so Mahrer. Auch für den Tourismus spiele das eine große Rolle. Die internationale Reputation Österreichs gebe für 82 % der ausländischen Touristen den Ausschlag, Urlaub in unserem Land zu machen.
"Zur Zeit wird wieder hocheskaliert, wer mit wem über was streitet", appelliert Mahrer, "kühlen Kopf" zu bewahren. Eine klare Konfliktlinie ortet er aber durchaus: "Am Ende des Tages geht es um Inhalte. Nämlich auch: Orientiert sich Österreich klar nach Westen? Klar Richtung EU? Ist Österreich ein starker, transatlantischer Partner der USA? Da kann man nicht leichtfertig sagen, das interessiert uns nicht."
„Die Grundwerte Demokratie, Freiheit, liberaler Rechtsstaat sind zentral. Daher muss sich eine Regierung da klar positionieren“Harald MahrerWKO-Präsident und ÖVP-Chefverhandler
Es brauche "ein klares Bekenntnis, dass man das ernst nimmt". Denn unser gesamter Wohlstand hänge an diesen internationalen Beziehungen. Mahrer mahnt deutlich: "Diese Zukunft darf man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen."
Um Österreichs guten Ruf nicht zu riskieren, brauche es auch hinsichtlich der Grundwerte klare Positionierung, sagt Mahrer: "Laut unserer Umfrage meinen 83 % der Österreicher, es sei wichtig für das Ansehen des Landes, sich klar von Diktaturen und Gewalt zu distanzieren. Die Grundwerte Demokratie, Freiheit, liberaler Rechtsstaat sind zentral. Daher muss sich eine Regierung da klar positionieren."
Wann wir wissen, ob es etwas wird mit einer blau-schwarzen Regierung? Mahrer: "Wichtig ist das gegenseitige Vertrauen. Wenn das reduziert ist, dauert es, bis es sich wieder aufbaut. In das muss man aktiv investieren. Ich glaube, da ist es ganz wichtig, aufeinander zuzugehen."
"Ganz wichtig ist, wie man miteinander kommuniziert. Im Japanischen ist interessanterweise das Schriftsymbol für Kommunikation und Vertrauen dasselbe. Das sagt schon viel aus."
Wer ein Land verantwortungsvoll für die Bevölkerung regieren möchte, so Mahrer, "braucht einen kühlen Kopf, darf nicht nervös werden, sich nicht irritieren lassen. Wir brauchen jetzt Persönlichkeiten, die genau das repräsentieren, mit Rückgrat, dem notwendigen Problembewusstsein und Ernsthaftigkeit."