Drohende Missernten in den weltgrößten Anbauländern Brasilien und Vietnam haben die Preise für Rohkaffee an den Börsen in bisher nicht dagewesene Höhen schießen lassen. Ein Pfund (umgerechnet etwa 450 Gramm) der Sorte Arabica wurde demnach zuletzt an der Börse ICE um 3,489 Dollar gehandelt, ein Plus von mehr als 81 Prozent im Jahresabstand. Die ebenfalls wichtige Sorte Robusta verteuerte sich parallel um rund 92 Prozent.
Brasilien, der weltweit größte Produzent von Arabica, erlebe die schlimmste Dürre seit 70 Jahren, gefolgt von starken Regenfällen, die sich möglicherweise auf die bevorstehende Ernte auswirken, erklärt Tomas Araujo, Broker beim Finanzdienstleister StoneX. Hinzu kämen schlechte Witterungsbedingungen in Vietnam (namentlich Hitzewellen und Trockenheit), die sich auf die Ernteerträge bei der dort vorherrschenden Sorte Robusta auswirkten.
Verschärft wird die Lage laut Araujo durch Panikkäufe von Händlern und Röstern und durch die EU-Entwaldungsverordnung. Die fordert ja einen Nachweis darüber, dass importierter Kaffee nicht auf abgeholzten Flächen angebaut wurde. Vor allem Kleinbauern haben Probleme, die Forderungen nach komplexen Nachverfolgungssystemen und umfangreichen Dokumentationen zu erfüllen. Sie drohen damit den Zugang zum EU-Markt zu verlieren.
Laut Analyse von Tomas Araujo werden Verbraucher die Auswirkungen der Preiserhöhungen "voraussichtlich in den kommenden Monaten spüren". Da zudem "keine unmittelbare Lösung in Sicht ist, steht der Kaffeeindustrie eine schwierige Zeit mit hohen Preisen und Versorgungsunsicherheiten bevor". Zuletzt hätten Röster versucht, ihre Preise niedrig zu halten, indem sie die geringen Vorräte mit älteren Vorräten mischten. Diese Strategie seit mittlerweile jedoch an ihre Grenzen gestoßen, meint der Fachmann.
Da wohnen die Bohnen
Laut deutschem Statistik-Portal statista.de dürften in der Saison 2024/25 rund 40 Prozent der weltweiten Kaffeeernte auf Brasilien entfallen. Dahinter folgen Vietnam mit rund 16,5 Prozent, Kolumbien (sieben Prozent) und Äthiopien (6,2 Prozent).
Bereits in den vergangenen Jahren sahen sich Österreichs Kaffeetrinker mit erheblichen Preiserhöhungen konfrontiert. Konkret wurden Bohnen- und Löskaffee in den letzten drei Jahren um rund 39 Prozent teurer.
Für Kapseln zahlte man laut "Heute"-Berechnungen auf Basis von Statistik-Austria-Zahlen zuletzt um 20 Prozent mehr als Ende 2021, während die Kosten für Melange und Co. im Kaffeehaus um 25 Prozent stiegen. Die Aufschläge lagen damit deutlich über der allgemeinen Drei-Jahres-Inflationsrate von 18,7 Prozent.