Millionen-Betrug, Waffen
Polizei jagt Kopf von Balkan-Clan quer durch Europa
Der vermeintliche Drahtzieher einer betrügerischen Balkan-Bande aus Wien wird gesucht. Ihm werden Coups in Millionenhöhe zur Last geworfen.
Seit 2021 ermittelt die "Rip Deal Unit Vienna" der Wiener Polizei zusammen mit internationalen und nationalen Behörden, gegen mehrere Personen eines Roma-Clans. Die Bande ist mittlerweile für ihre Spezialisierung auf sogenannte Rip-Deals bekannt. Der Schaden beträgt mehrere Millionen Euro – "Heute" berichtete bereits über die Machenschaften der Balkan-Mafia. Bei den jüngsten Coups gingen die Täter allerdings immer brutaler vor. Und erstmals gibt es auch eine öffentliche Fahndung nach einem der Hintermänner.
Was ist ein Rip-Deal?
Bei einem Rip-Deal wird dem Opfer vorgegaukelt, man sei am Erwerb hochpreisiger Gegenstände interessiert, die es zuvor im Internet inseriert hat. Dabei handelt es sich um klassische Luxusgüter – angefangen von der goldenen Rolex, bis hin zu hochpreisigen Fahrzeugen, Immobilien, Kryptowährungen und Yachten. Aber nicht nur Gegenstände, auch vermeintliche Geschäfte miteinander sollen die Opfer anlocken.
Die Tätergruppe agiert immer gleich: Die Opfer werden zu teuren Auslandsreisen eingeladen und dabei hofiert. Am Flughafen stehen in der Regel Luxusfahrzeuge inklusive Chauffeur bereit. Anschließend werfen die Täter mit dem Geld um sich, um das Vertrauen zu gewinnen.
Corona-Masken als Vorwand, dann raubten sie Gold
Im Juli 2021 erstattete ein Arzt (heute 41 Jahre) Anzeige bei der Tiroler Polizei, da er Opfer eines Raubes wurde. Als er kurz vor der Abwicklung eines Schutzmasken-Geschäfts mit dem Balkan-Clan einen Rückzieher machen wollte, sollen ihn die Täter mit einer Waffe bedroht haben. Dabei haben sie laut Polizei zahlreiche Goldmünzen geraubt – der Wert lag im unteren sechsstelligen Eurobereich.
Diebstahl bei Provision für Ferienhaus
Nur ein Monat später erstattete ein Pensionist (heute 84 Jahre) bei der Wiener Polizei eine Anzeige. Der Mann sollte einem vermeintlichen Vermittler, der den Verkauf seines Ferienhauses organisiert haben soll, eine Provision bezahlen. Doch der Wiener wollte im letzten Moment den Deal abbrechen - und wurde von den Betrügern eiskalt bestohlen. Der Schaden liegt auch hier im unteren sechsstelligen Eurobereich.
Immobilien-Makler nahm Provision und gab Falschgeld
Im Februar 2022 kam es in Verona (Italien) ebenfalls zu einem Rip-Deal. Ein Tiroler (heute 40 Jahre) überreichte dem falschen Immobilien-Agenten für die Vermittlung seiner Wohnung eine Provision von rund 50.000 Euro. Doch für die Wohnung bekam er letztendlich nur Falschgeld in unteren sechsstelligen Eurobereich.
Der "Scheich-Betrug" mit Luxusuhren
Ein Mann (heute 34 Jahre) kontaktierte im Jänner 2023 die Rip Deal Unit Vienna. Er sprach von einem "Scheich", der angab, in seine Luxusuhren investieren zu wollen. Nachdem sich die beiden Geschäftspartner in verschiedenen Ländern mehrmals getroffen hatten, kam es in Brüssel zum großen Finale für den Balkan-Clan: Die Hintermänner sollen dem Wiener Luxusuhren und Kryptowährungen unter falschen Versprechungen herausgelockt haben. Auch hier sprechen die Ermittler von einer Schadenshöhe von etwa 500.000 Euro.
Millionen-Raub in Mailand
Mitglieder des Balkan-Clans gaben sich im März 2023 als Investoren aus. Sie versprachen einem 27-jährigen Wiener, seine Kryptowährungen mit Bargeld aufzukaufen. Wie schon in den Fällen zuvor, kam es auch hier zu zahlreichen Treffen im Vorfeld. Das "Grande Finale" sollte letztendlich in Mailand stattfinden.
Doch der 27-Jährige ahnte, dass da was nicht stimmen würde. Allerdings wollten die Tatverdächtigen nicht mehr auf ihre Beute verzichten: Einer von ihnen soll plötzlich eine Waffe gezogen und den Wiener eiskalt gezwungen haben, seine Passwörter für die Kryptokonten preiszugeben. Laut Polizei entstand auch bei diesem Rip-Deal ein Schaden im unteren siebenstelligen Bereich.
Der Investment-Betrug in Mailand
Noch im selben Monat erstattete ein Salzburger (heute 60 Jahre) Anzeige bei der Polizei, weil er Oper des Balkan-Clans geworden sein soll. Bereits im Jahr 2020 habe ihn ein Mann mit einer Investmentfirma aus Luxemburg kontaktiert. Der reiche Geschäftsmann wollte scheinbar in die Projekte des Salzburgers investieren.
In Mailand sollte dann das Geschäft zwischen den beiden abgewickelt werden: Vor der Investition sollte das spätere Opfer jedoch eine "Sicherheitszahlung" leisten. Einer der Betrüger attackierte den Salzburger aber mit einem Schlag gegen die Brust und raubte Bargeld im unteren sechsstelligen Eurobereich.
Polizei fahndet nach Martin Marinkovic (38)
Der Balkan-Clan hat nach den Ermittlungen der österreichischen Polizei nun auch ein Gesicht: Es handelt sich um Martin Marinkovic, geboren am 11. Februar 1986. Der 38-jährige österreichische Staatsbürger steht unter dringendem Verdacht, hinter zahlreichen Rip-Deals mit einer Gesamtschadenshöhe von über zwei Millionen Euro zu stecken. Marinkovic steht mittlerweile auf allen internationalen Fahndungslisten – gegen ihn gibt es bereits einen europäischen Haftbefehl.
Der Aufenthaltsort des 38-jährigen Martin Marinkovic ist der Polizei derzeit noch unbekannt. Nun bittet die Wiener Polizei um Hilfe und veröffentlicht über die Anordnung der Staatsanwaltschaft Innsbruck Lichtbilder des Tatverdächtigen.
3.000 Euro Kopfgeld ausgeschrieben
Für Hinweise, die zur Festnahme des 38-Jährigen führen, bietet ein polizeilicher Verein 3.000 Euro an. Hinweise werden streng vertraulich behandelt und – auch anonym – an das Landeskriminalamt Wien (Rip Deal Unit Vienna) unter der Telefonnummer 01-31310-62510 erbeten.
Auf den Punkt gebracht
- Die "Rip Deal Unit Vienna" der Polizei jagt einen Kopf eines Balkan-Clans, der für Millionen-Betrug und Waffenhandel quer durch Europa gesucht wird
- Die Bande ist für brutale Raubüberfälle bekannt, bei denen sie unter anderem Corona-Masken als Vorwand nutzten, um Gold und Geld zu stehlen
- Die Polizei fahndet nach dem 38-jährigen österreichischen Staatsbürger Martin Marinkovic, gegen den bereits ein europäischer Haftbefehl vorliegt