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Balkan-Clan machte mit illegalen Rip-Deals Millionen

Eine international agierender Familienclan erbeutete mit gefinkelten Betrügereien mehrere Millionen Euro. Der Haupttäter ist ein Österreicher.

Maxim Zdziarski
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    Die Wiener Kriminalpolizei konnte mehrere Rip-Deal-Betrüger ausforschen und festnehmen.
    Die Wiener Kriminalpolizei konnte mehrere Rip-Deal-Betrüger ausforschen und festnehmen.
    Denise Auer

    Ein misslungener Gold-Ankauf in einem noblen Café in der Wiener City brachte die europaweiten Ermittlungen erst ins Rollen. 2019 wurde ein zypriotischer Geschäftsmann Opfer eines gut organisierten Betrugs. Der mysteriöse Diamanten-Händler aus Israel entpuppte sich als Betrüger. Nur durch einen Zufall bemerkte der Geschäftsmann den Schwindel und schlug Alarm. Schließlich kamen auch noch falsche Polizisten ins Spiel.

    Am Ende des Tages gelang neun Tätern die Flucht. Das Opfer wurde leicht verletzt. Der Gesamtschaden: 110.000 Euro. Der Raub in der Wiener Innenstadt rief die Kriminalpolizei auf den Plan. Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Rip-Deals, unter der Leitung von Gerald Goldnagl, war sich damals schon sicher: hinter dem Coup mussten Profis stecken. Seitdem jagen sie die Betrüger.

    Was sind Rip-Deals?

    Bei einem Rip-Deal wird dem Opfer vorgegaukelt, man sei am Erwerb hochpreisiger Gegenstände interessiert, die es zuvor im Internet inseriert hat. Dabei handelt es sich um klassische Luxusgüter – angefangen von der goldenen Rolex, bis hin zu hochpreisigen Fahrzeugen, Immobilien, Kryptowährungen und Yachten. Die Tätergruppe agiert dabei immer gleich: Die Opfer werden zu teuren Auslandsreisen eingeladen und dabei hofiert. Am Flughafen stehen in der Regel Luxusfahrzeuge inklusive Chauffeur bereit. Anschließend werfen die Täter mit dem Geld um sich.

    Vertrauen mit Rolex und Bentley

    Teure Restaurantbesuche stehen ebenso an der Tagesordnung wie Champagner und Partys. Sobald eine Vertrauensbasis aufgebaut wurde und es zu dem tatsächlichen Geschäft kommen soll, verhandeln die Betrüger keine Preise. "Da werden dann die wildesten Geschichten aufgetischt, warum man die Ware unbedingt haben wolle und dass das Geld ohnehin keine Rolle spielen würde", so Kriminalpolizist Valentin Szaga-Doktor im Gespräch mit "Heute". Teilweise wird hier mit richtigen Scheinidentitäten gearbeitet. Vom Scheich aus Dubai bis hin zum russischen Oligarchen ist alles dabei. Falsche Papiere und gefälschte Dokumente sind eine Selbstverständlichkeit.

    Bei der Geldübergabe wird in den meisten Fällen auch tatsächlich echtes Geld mitgebracht. Doch bevor die beiden Geschäftspartner sich nach dem scheinbar perfekten Deal von einander verabschieden, wird dieses mit altbekannten Taschenspieler-Tricks gegen Falschgeld ausgetauscht. Die Opfer bemerken den Betrug meist erst dann, wenn sie es bei der Bank einzahlen wollen.

    Schlag gegen Balkan-Clan

    Dank akribischer Ermittlungen der europäischen Polizeibehörden gelang es nun, einen großen Teil Tätergruppe einzusperren. Es handelte sich dabei um einen Familien-Clan mit Wurzeln am West-Balkan. Der Haupttäter: ein 53-jähriger Österreicher. Er befindet sich momentan im Gewahrsam ausländischer Behörden.

    Die Wiener Kriminalpolizei konnte zudem nachweisen, dass die ersten Rip-Deals bereits im Jahr 2013 eben dieser Tätergruppe zuzuordnen sind. Die Roma-Familie agierte international und gut strukturiert. "In jedem Land gibt es diese Clan-Cluster und Wien zählt, neben Städten in der Niederlande und Belgien, zu einem der Hotspots", so Kripo-Ermittler Valentin Szaga-Doktor, Ermittler der "Rip-Deal-Unit-Vienna" (LKA-Außenstelle Zentrum-Ost).

    Der Schaden bewegt sich allein in Österreich im mittleren sechsstelligen Eurobereich. "Das sind keine Kleinkriminellen mehr, sondern 'schwere Jungs', die es bereits zu einem erheblichen Wohlstand gebracht haben. Wir befinden uns hier im Bereich der organisierten Kriminalität", erklärt Inspektor Szaga-Doktor.

    Dutzende Familienmitglieder in Haft

    Mittlerweile sitzen 26 mutmaßliche Täter im Alter zwischen 34 und 61 Jahren, in Haft. Ihnen konnte die Polizei 37 Taten in ganz Europa nachweisen. Allein in Österreich wurden bis dato vier Männer festgenommen und drei davon verurteilt – einige andere warten derzeit noch auf ihre Auslieferungen. Über die genauen Geldsummen wollten die Kripo-Ermittler im "Heute"-Talk aus taktischen Gründen nicht sprechen. Die Dunkelziffer der Delikte dürfte jedoch enorm sein, denn: Oft alarmieren die Opfer aus Scham gar nicht erst die Polizei.

    "Erst denken, dann klicken"

    Der Betrüger-Clan ging bei seinen Coups äußerst professionell vor – auch im Internet. Dabei wurden unter anderem Homepages großer Unternehmen regelrecht nachgebaut. Für den Laien also kaum als Fälschung zu erkennen. Jörg Kohlhofer, IT-Spezialist bei der Kriminalprävention erklärte im Gespräch mit "Heute", dass man "zuerst denken, dann klicken" sollte. Zudem solle man sich selbst die Frage stellen: Warum bin gerade ich kontaktiert worden? Gibt es ein Impressum auf der Homepage? Oder klingt doch alles viel zu schön, um wahr zu sein.

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