"Was gerade passiert, ist für Österreich absolut keine gute Nachricht", sagt der Ökonom Harald Oberhofer gegenüber "Heute".
Oberhofer, der seit 2015 in einer Forschungsgruppe für "Industrie-, Innovations- und internationale Ökonomie" am Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO arbeitet, warnt vor der Zeit nach dem 2. April 2025.
Dann nämlich werden "weitreichende Zölle gegen so gut wie alle Handelspartner der USA" in Kraft getreten sein – auch gegen Österreich: "Das wird hierzulande gravierende Auswirkungen haben, die man derzeit noch gar nicht richtig einschätzen kann. Trump zeigt ja täglich, dass er nicht berechenbar ist."
Vor diesem Hintergrund haben laden die Vereine "Wirtschaftsforum Waldviertel" und "Waldviertel Akademie" zu einer Podiumsdiskussion mit Oberhofer, wo der Ökonom am 8. April in Vitis, im Werk der Pollmann International GmbH, mit Unternehmern aus der Region die drohenden Folgen für Österreich diskutieren wird, denn: "Die geplanten Zölle betreffen Österreichs zweitwichtigsten Exportmarkt, die USA, während der wichtigste, Deutschland, gerade schrumpft", sagt Oberhofer.
"Das ist alarmierend. Es wird heimische Unternehmen empfindlich treffen, da sie zuletzt immer erfolgreicher am US-Mark waren." Durch die Zölle, so prognostiziert Oberhofer, würden die Kosten für Unternehmen insgesamt steigen, hier, wie auch in den USA: "Österreichische Unternehmen werden, wegen der höheren Exportkosten, weniger Waren in den USA absetzen. Gleichzeitig wird die Produktion mancher Waren auch für Unternehmen in den USA teurer."
Logisch wird das, wenn man bedenkt, dass Waren, die mit Zöllen versehen sind, aber trotzdem von US-Unternehmen gebraucht werden, von diesen teurer eingekauft werden müssen: "Werden Waren teurer, geht irgendwann die Nachfrage runter", gibt Oberhofer weiters zu bedenken.
"Mit Zöllen als Druckmittel hat Trump schon in der Vergangenheit alle möglich Ziele verfolgt, wie etwa gegenüber Kanada und Mexiko, als er postulierte gegen illegale Migration und Drogenschmuggel vorzugehen", so Oberhofer: "Nun geht er gegen die Europäer vor. In Österreich trifft das vor allem Unternehmen im Automotive-Bereich, die Pharma- und Chemieindustrie sowie Medizinprodukte."
Trump spreche davon, das Handelsbilanzdefizit der USA beenden zu wollen: "Wenn man aber genau hinsieht und es differenzierter betrachtet, dann sieht man, dass die USA nur im Bereich der Waren mehr von der EU importieren, als umgekehrt. Sieht man sich aber den Bereich der Dienstleistungen an, vor allem digitale Dienstleistungen, dann dreht sich dieses Bild um, dann gibt es da kein Handelsdefizit."
Trump, der bereits wohlhabend geboren wurde, sei aber selber als Bauunternehmer groß geworden: "Trump ist ein Mann der alten Industrien, der weiß, dass man mit Stahl große Häuser bauen kann. Er findet Öl toll, alles war schwer ist und nach Industrieprodukt aussieht", erklärt Oberhofer.
Dabei vergesse er, sagt Oberhofer, dass wir längst in anderen Zeiten leben, dass es aus guten Gründen eine globale Arbeitsteilung gebe und gerade die Wirtschaft der USA enorm davon profitiert hat.
Aus Trumps erster Amtszeit könne man ableiten, dass er wenig von globaler Arbeitsteilung versteht, gibt Oberhofer zu bedenken: "Schon damals hat er mit Zöllen gedroht und so versucht, mit einzelnen Ländern Deals abzuschließen. Über die EU denkt er, dass sie nur gegründet wurde, um den USA zu schaden."
Es macht keinen Sinn, sich als kleines Land darauf einzulassen, erklärt Oberhofer, denn: "Trump will gar nicht auf Augenhöhe verhandeln, sondern als Gewinner dastehen. Symmetrie in solchen Beziehungen mag er nicht."
Fast paradox erscheint es da, dass die EU gerade durch Trump jetzt eminente Bedeutung und Gewicht bekommt: "Zum einen macht uns die Europäische Gemeinschaft gegenüber den USA tatsächlich stärker. Zum anderen können wir uns als EU besser taktisch wehren."
Trumps "alte Industrie" könne vielleicht zum Teil für die USA funktionieren, "aber sicher nicht zu Nullkosten. Spätestens wenn die Zölle wieder fallen, dann geht das alles wieder kaputt", argumentiert Oberhofer gegenüber "Heute".
Bekannterweise stünde hier Trumps Idee dahinter, die USA so als Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen: "Der Preis dafür könnte sein, dass Trump noch mehr kaputt macht und dabei sämtliche Sozialleistungen des Staates dafür opfert", sagt Oberhofer.
Dann merkt er an: "Die privaten Pensionsversicherungen in den USA sind aber als Fonds am Aktienmarkt investiert und legen die Gelder ihrer Kunden an der Börse an. Wenn es hier zu Verlusten kommt, die Pensionen plötzlich weg sind, dann zeigt sich, wie schlecht dieser Präsident ist."
Niederösterreich zählt zu den stärksten Außenhandelsregionen Mitteleuropas, schreibt die Plattform "Exportland Niederösterreich" auf ihrer Webseite: "Mehr als 50 Prozent des Bruttoregionalprodukts in Niederösterreich werden im Export erwirtschaftet."
Aus dem flächenmäßig größten Bundesland Österreichs wurden 2022 rund 29,7 Mrd. Euro Exportwarenwert an Handelspartner geliefert. Zwar gehen etwa 85 Prozent der Warenausfuhren nach Europa und hier insbesondere nach Deutschland, dem wichtigsten Exportmarkt, mit einem Anteil von 28 Prozent am Warenexport. Jedoch sind die "USA für die niederösterreichische Wirtschaft der wichtigste Fernmarkt (außerhalb Europas)", heißt es weiter.
Mitten in der Pandemie, 2021, exportierte Niederösterreich Waren im Wert von 1,29 Milliarden Euro in die USA – ein Exportplus von 20 Prozent im Vergleich zu 2020. "Das könnte jetzt mit 2. April massiv einbrechen", warnt Oberhofer.