Drogenkonsum in Purgstall

Drogen-Hotspot NÖ – Das steckt hinter Ecstasy-Rekord

Die Ergebnisse der jährlichen Abwasseranalyse der Med-Uni Innsbruck zeigen, Purgstall (NÖ) weist den höchsten Wert für die Partydroge Ecstasy auf.
Aram Ghadimi
19.03.2025, 18:27

Hörbar aufgeregt wirkt Harald Riemer, der Bürgermeister von Purgstall an der Erlauf, in Niederösterreich, als ihn "Heute" mit einer Anfrage zum Drogenkonsum in seinem Ort befragt.

Die Medizinische Universität Innsbruck führt jährlich im Auftrag der Drogenagentur der Europäischen Union eine Untersuchung des Abwassers in den Kläranlagen durch – Purgstall sprengte dieses Jahr die Statistik bei der Partydroge Ecstasy (MDMA).

Bürgenmeister ist ratlos

"Ich will eigentlich dazu nichts sagen, weil ich kein Experte bin", sagt Riemer und erzählt, dass bereits der ORF und andere Medien von seinem Ort berichten würden.

Man kann verstehen, das schlägt dem Bürgermeister auf sein Gemüt, zumal gar nicht klar ist, wie es sein kann, dass ausgerechnet in dieser ländlichen Region vermeintlich Rekordmengen der Partydroge konsumiert worden sein sollen.

Wer konsumiert die Droge dort? Und warum so viel davon? Von insgesamt 17 Messungen lag jene aus dem Gemeindeabwasserverband Erlauftal (GAV) in Purgstall über allen anderen Messerwerten aus ganz Österreich. 2007 wurde dort eine neue Kläranlage feierlich eröffnet, heute gibt es Medienanfragen wegen Drogenkonsum.

Klärwerk als Messpunkt

Auch "Heute" fragte zunächst beim Klärwerk an. Betriebsleiter Ing. Peter Hofmarcher hob ab und war wenig erfreut über den Anruf, erklärte aber dann, dass hier bei ihm im Klärwerk "von drei Gemeinden das Abwasser zusammenfließt. Auch von der Bezirkshauptstadt Scheibbs."

Analyse in 17 Kläranlagen in Österreich: Purgstall in NÖ hat bei Ecstasy (MDMA) den höchsten Wert.
APA-Grafik / picturedesk.com

Danach gefragt, wie das überhaupt ermittelt werden kann, erzählt Hofmarcher von der täglichen Routine im Klärwerk. "Auch im Messzeitraum nehmen wir Proben, wie jeden Tag. Tiefgefroren geht es damit nach Innsbruck."

Hofmarcher ist sich sicher: "Wenn man es auf unsere 10.000 Einwohner hier in der Gegend hochrechnet, dann ist es vermutlich nur eine Handvoll Tabletten gewesen, die im Abwasser gefunden wurde." Er mutmaßt, ob es vielleicht Touristen waren, die exzessiv konsumiert hätten.

Das Problem dabei: Die Messwerte setzen sich aus Mischproben über einen Zeitraum von 24 Stunden zusammen. Und gemessen wird eine Woche lang. Die Touristen in der Erlaufschlucht dürften daher als Erklärung nicht haltbar sein. Weder der Klärwart noch der Bürgermeister liefern eine Endgültige Erklärung.

Nachgefragt in Innsbruck

Daher fragte "Heute" beim Leiter der Studie an der Gerichtlichen Medizin in Innsbruck, Herbert Oberacher, nach. Oberacher sollte erklären, wie die Abwasserproben gezogen wurden, um auszuschließen, dass dabei Fehler passiert sein könnten. Unlogisch erscheint, warum nicht eine Großstadt wie Wien bei Ecstasy ganz vorne liegt.

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Dazu erklärt Oberacher: "An den Kläranlagen gibt es automatische Probennehmer, also Maschinen, die jede Stunde einen Bruchteil des Abwassers sammeln. So entsteht eine 24-Stunden-Mischprobe. Davon bekommen wir einen Teil für unsere Analysen, die spezifische Konsummarker für bekannte Drogen im Abwasser nachweisen."

"Außerdem analysieren wir sieben Tage lang diese Sammelproben. So erhalten wir einen Durchschnitt über den gesamten Zeitraum, aber auch je einen Wert pro Tag. Wir können also auch etwas über den Wochenverlauf aussagen."

Oberacher erklärt, dass bei der Partydroge Ecstasy alle Regionen in Österreich nicht weit auseinander lägen. Während in Österreich Proben aus 17 Kläranlagen untersucht wurden, waren es in der ganzen EU weit über 100.

MDMA – Was du über die Substanz wissen solltest

MDMA, auch "Ecstasy", ist eine Substanz, die Euphorie und Verbundenheit erzeugt. Die UNO schätzt, dass jährlich 20 Millionen Menschen MDMA konsumieren. Es hat ein geringes Suchtpotenzial, kann aber in hohen Dosen gefährlich und lebensbedrohlich sein. MDMA wird oft für Ekstase in sozialen Kontexten genutzt und wird als Mittel gegen posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) erforscht.

Statistik mach den Unterschied

Dann sieht Oberacher in seine Unterlagen und rechnet nach: "Unsere Analysen ergeben, dass sich etwa 0,3 bis 0,4 Tabletten pro tausend Einwohner im Abwasser nachweisen lassen."

Bei 10.000 Personen – so viele leben im Einzugsgebiet der Kläranlage – wären das also 3 Tabletten pro Tag. "Daran sieht man, dass auch eine kleine Gruppe von Menschen statistisch etwas ausmacht."

"Je kleiner also die Region ist, umso weniger Personen dort leben, umso höher ist der Wert pro Kopf, wenn einige davon Substanzen konsumieren." Gibt es also geheime Raves in Purgstall, möchten wir wissen – eine Underground-Szene von Konsumenten der Partydroge?

"Heute", bittet daher Oberauer um eine genauere Einschätzung: "Um die absolute Fracht der Substanz zu bestimmen, muss man die Ecstasy-Konzentration im Abwasser mit der Gesamtabwassermenge multiplizieren. Die Gesamt-Fracht über 24 Stunden entspricht der Menge, die jeden Tag konsumiert wird."

67 Gramm reines MDMA in Wien

Dann rechnet es Oberauer aus: "In Purgstall ergeben sich so 180 Milligramm pro Tag. In Wien sind es aber 67.000 Milligramm. 67 Gramm reines MDMA, das täglich den Kanal herunterrinnt."

Das sei natürlich viel mehr, gemessen an der Gesamtmenge. "Wenn man aber beide Zahlen durch die Einwohnerzahl dividiert, dann liegt Purgstall bei 0,035 Tabletten pro Person, Wien hingegen bei 0,032 Tabletten."

Dann lacht Oberauer: "Sie sehen also, der Unterschied ist nicht der Rede wert. Der Herr Bürgermeister muss sich keine großen Sorgen machen."

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