Die heftige Kritik der Opposition ändert nichts daran: ÖVP, SPÖ und Neos ziehen die Novelle zum ORF-Gesetz durch. Die war nach einer VfGH-Entscheidung notwendig geworden – "Heute" berichtete.
Der für Medien zuständige Vizekanzler Babler greift dabei auf ein "Hütchenspiel" zurück. Statt neun entsendet die Regierung nur mehr sechs Vertreter in den Stiftungsrat, dafür stellt der Publikumsrat (nominiert von Kammern, Gewerkschaften etc.) neun statt sechs Mitglieder.
Mit dem Comeback der SPÖ in der Regierung wächst vor allem die SPÖ-Fraktion im Stiftungsrat (dieser darf 2027 wieder den Generaldirektor wählen) an. Erstaunlich mag die neue Mandatsverteilung in dem wichtigen ORF-Gremium wirken: Während die Roten (21,1 Prozent bei der Nationalratswahl) künftig 11 Stiftungsräte und 2 der Partei nahestehende Personen entsenden dürfen, werden lediglich drei Freiheitliche (28,9 Prozent bei der Wahl) vertreten sein – gleich viele wie die Neos (9,1 Prozent). Die ÖVP (26,7 Prozent) hält weiter die 13 Stiftungsräte, die sie auch als 37-Prozent-Partei hatte.
Hintergrund: Die SPÖ kann nicht nur über ihren neuen Einflussbereich Bundesregierung der Partei nahestehende Personen nominieren, sondern auch über jene Bundesländer, in denen sie den Landeshauptmann stellt (Wien, Kärnten, Burgenland) und darüber hinaus über ihre Vorfeldorganisationen Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund und ihre Renner-Akademie.
Ähnlich verhält es sich bei der ÖVP mit ihren Machtbastionen Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer. Für die FPÖ neu im Stiftungsrat: Ex-ORF-Technik-Direktor Thomas Prantner, am Ticket der nun blauen Steiermark. Die künftige Mandatsvereilung sieht laut Standard wohl so aus: 11 SPÖ, 2 SPÖ-nah, 13 ÖVP, 3 Neos, 3 FPÖ, 1 Grüne, 2 unabhängig (siehe Grafik).
Von einem "Gleichgewicht des Schreckens" spricht der freiheitliche Stiftungsrat Peter Westenthaler. Neben Thomas Prantner bekommt er bald noch einen dritten FPÖ-Kollegen. Dennoch hält er fest: "Die Regierung schreibt mit dieser Novelle die parteipolitische Einflussnahme fort. Die Regelung stößt die Türe für eine neue Verfassungsklage weit auf – hier wurde schlichtweg auf absurde Art und Weise getrickst." Westenthaler zu "Heute": "ÖVP und SPÖ haben zwar die Wahlen krachend verloren, befinden sich jetzt aber offenbar in einem Machtrausch. Absurderweise können nicht einmal mehr Neuwahlen eine Änderung der Kräfteverhältnisse im Stiftungsrat bewirken."
Hintergrund: Die Stiftungsrats-Mitglieder bleiben bis zum Ende ihrer Funktionsperiode einzementiert – auch wenn es vorgezogene Neuwahlen gibt. Dies sieht die siebenseitige Babler-Novelle, die "Heute" vorliegt, so vor. Die Vertreter der Dreierkoalition sind also für vier Jahre im Amt. Die ORF-Gebühr von 15,30 Euro im Monat bleibt ebenfalls. Sie wird aber bis 2029 nicht erhöht.
Klar ist nun auch, dass die neuen ORF-Gremien schon mit 17. Juni bestellt werden. Heftige Kritik kommt auch von den Grünen, denen der Abänderungsantrag am Dienstag noch nicht zugestellt worden war. Mediensprecherin Sigrid Maurer ortet darin "eine beispiellose Verhöhnung des Parlaments". Die geschäftsführende Klubobfrau echauffierte sich: "Entweder herrscht in der Regierung bereits nach wenigen Wochen das blanke Chaos oder wir werden bewusst hingehalten."