Verbannt, verbrannt
Klimts "Die Medizin" mit KI auf der MedUni-Fassade
Gustav Klimts "Die Medizin" galt als größter Kunstskandal Wiens um 1900. Jetzt wurde das mit KI rekonstruierte Werk enthüllt.
Verbannt, verbrannt, wiederauferstanden: Gustav Klimts "Die Medizin" wurde am Mittwoch feierlich auf der Fassade des Anna Spiegel Forschungsgebäudes am MedUni Campus im AKH in Wien präsentiert. Eine Rekonstruktion, die mithilfe von künstlicher Intelligenz möglich war. Eine Initiative der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Anna Heigl. Maßgeblich an dem Projekt beteiligt war unter anderem auch Franz Smola, Kurator der Sammlung des 19. und 20. Jahrhunderts im Belvedere.
Die detaillierte Nachbildung des Gemäldes wurde von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Stella Rollig, Generaldirektorin Belvedere und MedUni-Wien-Rektor Markus Müller unter dem Beisein der Unirat-Vorsitzenden Dr. Eva Dichand enthüllt.
Kunstskandal um 1900
Gustav Klimt (1862-1918), einer der bedeutendsten Künstler des Wiener Jugendstils, malte "Die Medizin" in den Jahren um 1900. Das Leinwand-Gemälde in den Maßen von etwa vier mal drei Meter war gemeinsam mit dem beiden weiteren Bildern "Die Philosophie" und "Die Jurisprudenz" als Fakultätsbilder für die Decke des Festsaals der Universität Wien bestimmt.
Diese Werke Klimts gelangten jedoch in ihrer ursprünglichen Form nie an ihren Bestimmungsort. "Die Medizin" entfachte aufgrund der Aktdarstellungen heftige Debatten und empörte konservative Politiker. Schließlich trat Klimt selbst von dem Auftrag zurück und die drei Fakultätsbilder wurden privat verkauft.
Hocherotische Darstellungen
"Die Medizin" zeigt eine asymmetrische Komposition, bei der der "Strom des Lebens" auf der rechten Bildhälfte zu sehen ist, während die linke Hälfte von einem hellen Lichtnebel durchflutet wird. Besonders neuartig und provokant war für die damalige Zeit die Abbildung einer hochschwangeren nackten Frau. Neben ihr taucht ein Skelett auf, das die Bedrohung des werdenden Lebens durch den Tod symbolisiert. Das Hauptmotiv des Bildes ist das Leid des Menschen, dennoch zeigt es hocherotische Darstellungen.
In der unteren Bildhälfte erscheint die einzige Figur, die sich direkt den Betrachtenden zuwendet: Hygieia. Die Göttin der griechischen Mythologie gilt als Tochter des Asklepios, dem Gott der Heilkunst. Auch sie wird als Heilgottheit verehrt und wird am Beginn des Hippokratischen Eids angerufen. Sie ist reich geschmückt und hält eine Schale, aus der eine Äskulapnatter, ebenfalls ein Symbol für die Medizin, trinkt.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Werk in das Kunstdepot im Schloss Immendorf in Niederösterreich gebracht und fielen dort am 8. Mai 1945 einem Feuer zum Opfer.
Die Wiederauferstehung
Im Jahr 2005 fanden die Fakultätsbilder dann doch ihren ursprünglichen Bestimmungsort. In Zusammenarbeit mit der Universität Wien realisierte das Leopold Museum die Anbringung von Schwarz-Weiß-Reproduktionen der Fakultätsbilder von Klimt an der Decke des großen Festsaales der Universität Wien.
Heute ermöglicht moderne Technologie, die verlorenen Werke digital wieder zum Leben zu erwecken. 2021 startete Google Arts & Culture in Kooperation mit dem Belvedere in Wien ein Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hatte, unter Anwendung von künstlicher Intelligenz die ursprüngliche Farbigkeit der Fakultätsbilder Klimts wiederherzustellen und einen Eindruck zu geben, wie die Bilder wirklich ausgesehen haben könnten. Das Projekt beruhte auf einem von IT-Experten Emil Wallner eigens dafür entwickelten Algorithmus sowie auf der kunsthistorischen Beratung von Franz Smola, Kurator des Belvedere. Die Resultate sind im Rahmen der umfangreichen Online-Plattform "Klimt vs. Klimt" abrufbar.
Auf den Punkt gebracht
- Gustav Klimts "Die Medizin", einst ein großer Kunstskandal Wiens um 1900, wurde mithilfe künstlicher Intelligenz rekonstruiert und feierlich auf der Fassade des Anna Spiegel Forschungsgebäudes am MedUni Campus in Wien enthüllt
- Das Projekt, initiiert von der Medizinischen Universität Wien und unterstützt von Experten wie Franz Smola, nutzt moderne Technologie, um die verlorenen Werke Klimts digital wieder zum Leben zu erwecken