Es wird schlimmer

Klimaprofessor: Rekordregen, Verwüstung erst der Anfang

Reinhard Steurer rechnet mit noch heftigeren Auswirkungen der Klimakrise: "Die Unwetter entsprechen noch nicht dem Grad der Klimaverschmutzung 2024".

Roman Palman
Klimaprofessor: Rekordregen, Verwüstung erst der Anfang
Klimaprofessor Reinhard Steurer sagt, dass die letzten zehn Jahre Treibhausgas-Ausstoß noch nicht in der Heftigkeit aktueller Unwetter eingepreist sind.
HEUTE/Helmut Graf; ZOOM.Tirol

Heftige Unwetter haben in diesen Tagen eine Spur der Verwüstung in Österreich hinterlassen. In Wien-Döbling wurden am Samstag durch ein einziges Gewitter der Rekord für die größte Tages-Regenmenge in einem Sommer gebrochen. In 152 Jahren Messgeschichte hatte es hier noch nie so viel Niederschlag – 110 Liter pro Quadratmeter – in so kurzer Zeit gegeben. Die Folgen waren enorm.

Ebenfalls schwer getroffen wurde tags zuvor, am Freitag, die Arlberg-Region. Der international bekannte Nobel-Skiort St. Anton wurden überflutet, abgegangene Geröll- und Schlammmassen bahnten sich ihren Weg mitten durch den Ort, Autos wurden hunderte Meter weggeschwemmt.

Das ganze Bundesland Vorarlberg war vom Rest Österreichs abgeschnitten, nachdem Starkregen-Sturzfluten und Muren die Passstraßen teils weggerissen hatten – "Heute" berichtete. Eine direkte Straßenverbindung gab es danach nicht mehr.

Die Bilder der Verwüstung schockieren. Für Reinhard Steurer steht besonders ein Foto von der Silvretta-Straße (siehe X-Beitrag oben) symbolisch für einen Weckruf, den die Gesellschaft bisher verschlafen hat:

"Es ist bereits soweit: wir brauchen Bagger um Bagger auszugraben – und in ein paar Jahren lassen wir die verschütteten Bagger-Bagger mit den weggerissenen Straßen und Ortschaften den Bach runtergehen", schreibt der Professor für Klimapolitik an der BOKU Wien auf X. Nachsatz: "Es ist so vorhersehbar, man muss es nur sehen wollen."

Die Silvretta-Hochalpenstraße wurde in diesem Sommer bereits "arg gebeutelt", wie ORF-Meteorologe Manuel Oberhuber hervorhebt. Am 12. Juli gab es dort einen Murenabgang, am 13. einen weiteren, der die Fahrbahn auf einer Länge von 135 Metern bis zu vier Meter hoch verschüttete. Seither liefen die Aufräumarbeiten mit eben jenen Baggern, die nun selbst erst geborgen werden müssen. Eigentlich hatte man bis Ende August die "Traumstraße für Genießer" wieder für den Verkehr freigeben wollen.

Steurer: Es kommt noch schlimmer

Die Klimakrise, angetrieben durch die anthropogenen Treibhausgas-Emissionen, wird die Unwetter-Intensität in Österreich noch weiter verschärfen. Mit jedem Grad plus kann die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen, Starkregen-Ereignisse werden dadurch noch heftiger.

Steurer warnt davor, dass es noch schlimmer kommen wird: "Diese Unwetter entsprechen noch nicht einmal dem Grad der Klimaverschmutzung 2024 sondern circa 2014."

Grund für diese Zeitverzögerung ist die Trägheit des Klimasystems. "Die Erde gleicht einem Tanker mit einem sehr großen Bremsweg", erklärte Wissenschaftler Fortunat Joos vom Oeschger Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern bereits 2021 gegenüber "scinexx.de". Die Folgen unseres heutigen CO2-Ausstoßes würden erst etwa 10 bis 20 Jahre später messbar.

Unwetter zerstören Straßenverbindung zwischen Tirol und Vorarlberg

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    Aufgrund mehrerer Murenabgänge auf Vorarlberger und Tiroler Seite musste die Arlbergpassstraße am Freitagabend (16. August) gesperrt werden.
    Aufgrund mehrerer Murenabgänge auf Vorarlberger und Tiroler Seite musste die Arlbergpassstraße am Freitagabend (16. August) gesperrt werden.
    Land Vorarlberg

    Vernunft oder Agonie

    "In den Jahren seither sind fast jedes Jahr aufs Neue (so auch 2024) Emissionen in nie dagewesenem Ausmaß dazugekommen", fügt der BOKU-Professor dem hinzu. Er hofft auf ein rasches Umdenken der Mehrheitsgesellschaft, der er bislang "moralisches Versagen" attestiert.

    Der Zeitdruck sei enorm, denn wenn wir die Auswirkungen der Klimakrise am eigenen Leib zu spüren bekommen, ist es bereits zu spät: "Entweder wir sind vernünftig genug und Wissenschaft plus erste Anzeichen reichen oder Agonie", sagt der Steurer.

    Er rechnet bereits seit Längerem damit, dass einige Alpentäler in naher Zukunft nicht mehr bewohnbar sein werden. Dazu stellt er aber auch klar: "Noch ist es zum Aufgeben von Bergregionen zu früh. Der Staat hat noch genug Geld und die Schäden sind noch überschaubar, aber beides wird sich mit einer Flut von Schäden schneller ändern als wir uns das im Moment vorstellen können..."

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      Auf den Punkt gebracht

      • Reinhard Steurer warnt vor noch heftigeren Auswirkungen der Klimakrise in Österreich, da die aktuellen Unwetter noch nicht dem Grad der Klimaverschmutzung von 2024 entsprechen
      • Die jüngsten heftigen Unwetter haben in Österreich massive Verwüstungen hinterlassen, darunter Überflutungen, Erdrutsche und Straßenzerstörungen
      rcp
      Akt.