Krisenstimmung im Team

Kika/Leiner-Chefs feiern – "Aber wir müssen putzen"

Millionenbeträge im Abverkauf und eine Feier der Standortleiter regen Kika/Leiner-Mitarbeiter auf. "Heute" hat im insolventen Unternehmen nachgefragt.

Aram Ghadimi
Kika/Leiner-Chefs feiern – "Aber wir müssen putzen"
Ein Mitarbeiter kritisiert ein Treffen der Standortleiter der kika/Leiner-Gruppe.
iStock

Ein wütender Mitarbeiter der kika/Leiner-Gruppe (Namen der Redaktion bekannt) erhebt massive Vorwürfe gegen die Geschäftsführung des insolventen Möbelkonzerns: "Während die Mitarbeiter, die Häuser putzen müssen, mieten sich die Herren der Geschäftsleitung ins Hotel ein und machen Party."

Putzen und angepöbelt werden

Gleichzeitig seien die Getränke- und Snack-Automaten für Mitarbeiter bereits abgebaut worden. Und das Niveau der genervten Kunden, die im Abverkauf letzte Schnäppchen machen, sinke mit jedem Prozent Nachlass, schreibt der frustrierte Angestellte im Mail an "Heute": "Sehr nett. Das zeigt mal wieder, der Mitarbeiter ist nichts wert!"

"Das ist absolut falsch", sagt ein leitender Angestellter, der lieber anonym bleiben möchte: "Wir hätten auch alle heimgehen können. Die wenigen verbliebenen Mitarbeiter, aber auch die Filialleiter müssen ja irgendetwas machen."

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Das sei normal in einem Dienstverhältnis, sagt er und ergänzt: "Wir haben Familien dabei, ganze Clans, wo drei Generationen bei uns mitgearbeitet haben, teilweise von der Lehre an. Das war ein österreichisches Traditionsunternehmen, mit Leuten, von denen manche über 30 Jahre zusammen gearbeitet haben." Dass sich jetzt auch die Standortleiter im Rahmen einer Feier voneinander verabschieden wollen, sei völlig normal.

Die Leute haben jahrelang gelitten.
Leitender Angestellter
Kika/Leiner

Keine Urlaube mehr

Tatsächlich wurden in einem 4-Sterne-Hotel, am südlichen Stadtrand von Salzburg, 14 Zimmer gebucht. "Das nervt die Mitarbeiter ungemein!", so der Filialmitarbeiter.

Seit Mitte November seien keine Urlaube mehr genehmigt worden, sagt er. Angefallene Prämien würden erst mit der Februargehalt kommen – beides sei durch den Insolvenzfonds der Republik und damit aus Steuergeld bezahlt. So habe man auch ein Druckmittel, um die Mitarbeiter putzen zu lassen, bis die Filialen besenrein übergeben werden.

"Auch die Chefs putzen"

"Die Chefs putzen doch auch selbst", entgegnet jener leitende Angestellte, der gegenüber "Heute" die Kritikpunkte aus dem wütenden Mail entkräften möchte: "Da macht sich ein Mitarbeiter Luft, das ist verständlich." Über Wochen und Monate stünde man in der Kritik.

Niemandem gehe es dabei gut. Der Branchen-Insider ist merklich entrüstet: "Die Leute zittern seit 2010 um ihre Jobs. Aber die letzten drei Jahre waren einfach nur pures Drama. Ab vierten Februar stehen wir alle auf der Straße."

Der Stachel sitzt tief

In dem besagten Hotel wurde kein Partyraum angemietet. Ein Filialleiter aus dem Westen Österreichs wurde gegenüber "Heute" als Organisator genannt. Eine rauschende Party scheint es aber nicht zu geben. "Es ist ein Trostpflaster, ein kleines Dankeschön nach 30 Jahren", erklärt derselbe leitende Angestellte, der anonym bleiben möchte.

Schließlich sei man, als leitender Mitarbeiter, durch die mediale Berichterstattung, sowieso schon angepatzt. Wer aber wirklich scharfe Kritik – und womöglich ein Gerichtsverfahren –verdiene, darüber werde wenig gesprochen. "Das ist ein Stachel, der tief sitzt."

Selbst im Abverkauf "sind Millionen an Umsätzen eingegangen", entgegnet wiederum der "einfache" Mitarbeiter.

Einmal noch Bier und Leberkäse

Für die bevorstehende Feier würden die Filialleiter aus ganz Österreich anreisen. Da sei es logisch und legitim, dass man ein Zimmer bezahle. "Wohlgemerkt aus der privaten Gemeinschaftskasse, wo sie alle selbst eingezahlt haben. Teamevents wird es ja keine mehr geben." Ende Jänner schließen die letzten Filialen.

Dann fügt er noch an: "Es wird keine rauschende Party werden, sondern ein letztes Treffen der Filialleiter, nach der Dienstzeit, mit einer Kiste Bier und einem Block Leberkäse in einer unserer leerstehenden Filialen."

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Auf den Punkt gebracht

  • Im insolventen Möbelkonzern kika/Leiner herrscht Unmut unter den Mitarbeitern, da sie trotz der bevorstehenden Schließung der Filialen putzen müssen, während die Geschäftsführung in einem Hotel feiert.
  • Ein wütender Mitarbeiter erhebt schwere Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung, während ein leitender Angestellter die Kritik als verständlich, aber übertrieben darstellt und betont, dass auch die Chefs selbst putzen.
agh
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