Regierung drückt Stopptaste

Kein Deutsch, Analphabeten – Schulen sind überfordert

Die Situation an Schulen ist durch den Zuzug von Asylberechtigten prekär. Jetzt will die Regierung mit Orientierungsklassen Abhilfe schaffen.
Nicolas Kubrak
19.03.2025, 07:00

Erst die SPÖ, dann die ÖVP und jetzt die NEOS. Beim dritten Ministerrat der neuen Regierung soll am Mittwoch die große Sternstunde der Pinken anbrechen. Vor zwei Wochen wurde die Mietpreisbremse und vergangene Woche der Stopp des Familiennachzugs beschlossen, jetzt kommt der erste Leuchtturm im Bildungsbereich: Die Dreierkoalition hat sich auf die bundesweite Ausrollung von Orientierungsklassen geeinigt – "Heute" berichtete bereits am Dienstagnachmittag.

Kein schulische Vorerfahrung

Grund für diese Maßnahme ist die prekäre Lage an heimischen Schulen: Die Zahl an Kindern, die aufgrund in ihrer Fluchtbiographie mit wenig oder gar keiner schulischen Vorerfahrung ins Bildungssystem einsteigen, ist zuletzt massiv gestiegen. Nicht zuletzt durch den Prozess der Familienzusammenführung hat ab 2023 ein starker Zuzug von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten nach Österreich stattgefunden – und damit verbunden die Migration vieler Kinder und Jugendlicher.

Kein Deutsch, Analphabetismus

Viele der Familien – und damit Kinder – kamen zunächst nicht nach Europa, sondern wurden in Lagern aufgenommen, die hauptsächlich in der Türkei und dem Libanon eingerichtet wurden.

Dazu kommt, dass die Kinder, die direkt aus Flüchtlingslagern kommen, keinerlei Vorerfahrung mit dem europäischen Bildungssystem haben. Die Vermittlung von Grundkompetenzen, die für den Einstieg in eine Schullaufbahn essentiell sind, hat über viele Jahre nicht stattfinden können. Dazu zählt nicht nur das Fehlen von Kenntnissen der deutschen Sprache, sondern auch fehlende soziale Grundkompetenzen und ein gänzlicher oder teilweiser Analphabetismus.

Eigene Klasse nur für Flüchtlinge

Die Orientierungsklassen sollen Abhilfe schaffen und für ein gutes Zusammenleben sorgen. Laut Konzept des Bildungsministeriums sollen betroffene Kinder und Jugendliche vor dem Eintritt in eine Regelklasse oder eine reguläre Deutschförderklasse in einem eigenen klassenartigen Verband unterrichtet werden und ihnen eine erste Orientierung für den Eintritt in ein schulisches System gegeben wird.

Im Mittelpunkt steht dabei die Vermittlung von ersten Deutschkenntnissen, aber auch das Vermitteln relevanter Werte und Grundsätze für das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft (wie Respekt, Gleichberechtigung, Toleranz, Verantwortung und Selbstbestimmung). Die gesetzliche Grundlage für die Orientierungsklassen soll nach einem Begutachtungsverfahren im Parlament beschlossen werden.

Vorbildmodell in Wien und Vorarlberg

Vorbilder für die künftig bundesweit möglichen Orientierungsklassen sind innovative Projekte, wie sie bereits in Wien und Vorarlberg umgesetzt wurden. Schließlich beschäftigt das Thema alle Ballungsräume in unserem Land. In Vorarlberg läuft seit dem aktuellen Schuljahr ein Pilotprojekt, das sich auf neu zugewanderte Kinder konzentriert, die weder alphabetisiert noch mit dem Schulalltag in Österreich vertraut sind. Man bereitet die Kinder in einem leerstehenden Kindergarten in der Nähe eines Erstaufnahmezentrums auf das Schulleben vor.

Der Besuch einer Orientierungsklasse soll zeitlich befristet für eine bestimmte Zeit erfolgen. Der Übertritt in eine Deutschförderklasse soll dann vorgenommen werden, wenn bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden.

Wiederkehr: "Benennen Probleme ehrlich und klar"

Bildungsminister Christoph Wiederkehr zeigt sich über das beschlossene Projekt erfreut: "Wir benennen Probleme ehrlich und klar, liefern Lösungen und setzen konsequent um. Wir sehen in Ballungszentren die hohe Anzahl an Kindern, die einen besonders hohen Bedarf an Integrationsangeboten haben – hier müssen wir dringend Maßnahmen setzen. Orientierungsklassen helfen allen Kindern – jenen, die noch keine Schulerfahrung haben und auch jenen, die schon im Unterricht sind. Sie bekommen später Mitschülerinnen und Mitschüler, die die gemeinsamen Regeln kennen und dem Unterricht gut folgen können", so der NEOS-Politiker.

{title && {title} } nico, {title && {title} } Akt. 19.03.2025, 07:11, 19.03.2025, 07:00
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