Jetzt kommt Streik

Frust wächst: "Dienst ab 3.15 Uhr, auch zu Weihnachten"

Alle Schichten müssen erfüllt werden: sieben Tage die Woche, auch an allen Feier- und Sonntagen. Zulagen gibt es dabei kaum.
Michael Pollak
18.02.2025, 21:30

Diese Familie ist doppelt betroffen. Vater und Sohn (beide aus Niederösterreich, Bezirk Zwettl) haben den gleichen harten Job – sie sind Busfahrer. Ein typischer Arbeitstag: "Ich fahre die Arbeiter nach Linz zur Voest", sagt der Vater im "Heute"-Gespräch, "da gibt es Früh, Tages und Nachtschicht."

Der Mann, etwa 60 Jahre alt, fährt meist in der Früh. Um 3.15 Uhr (!) fängt seine Schicht an: "Um 3 Uhr bin ich aber schon im Bus, kontrolliere alles, muss vorbereiten. Dann fahre ich die Runde, bin um 7.15 Uhr wieder am Standort in Niederösterreich. Nach einer Pause bis kurz nach 11 Uhr fahre ich wieder bis 15.15 Uhr", das beschreibt der Vater, Peter S. (er will anonym bleiben).

Die Arbeit liebt Peter S., aber...

S. ist seit knapp 20 Jahren im Dienst, sein Sohn macht den Job seit sechs Jahren. Wenn der eine am Nachmittag schon wieder ans Schlafengehen denkt, beginnt der andere erst mit seiner Arbeit – die kann dann etwa bis 23.50 Uhr dauern.

"Es ist eine Super-Firma, dann kann ich nichts sagen!", meint Peter S., aber: "Busse fahren ja 365 Tage im Jahr. Auch unsere Richtung Voest. Wir fahren zu Heilig Abend, an jedem anderen Feiertag und auch jeden Sonntag." An jedem Tag muss dieses Unternehmen Busse in drei Schichten zum Industrie-Giganten in Linz schicken.

Das Problem für die Mitarbeiter ist der Kollektivvertrag: "Nachtzuschläge gibt es nur für die Zeit zwischen Mitternacht und 5 Uhr früh – deswegen enden manche Schichten um 23.50 Uhr." Sonntage werden auch nicht extra bezahlt, so der Lenker. Nur die Feiertage.

Familie trifft sich "zwischendurch"

Uns interessiert ob sich Vater und Sohn überhaupt noch sehen können, bei den unterschiedlichen Arbeitszeiten: "Wir treffen uns ab und zu zwischendurch. Da hat einer noch nicht mit dem Dienst begonnen, der andere hat gerade Stehzeiten zwischen den Routen."

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Apropos Stehzeiten, die sind besonders hart: "Wenn unser Sohn in der Früh um 3.15 Uhr beginnt, dann hat er ab 8 Uhr fünf ganze Stunden Stehzeit. Da ist er ganz woanders, kann weder zur Familie noch zu Freunden."

"Es ist saukalt im Bus"

Die lange Zeit zu überbrücken ist das Schlimmste, beschreibt der Vater: "Da ist die Kälte. Man darf den Motor nicht laufen lassen, also ist es saukalt im Bus. Du stehst da in der Pampa, weißt nicht, wohin du gehen sollst. Da ist nicht einmal ein Klo. Ins Wirtshaus kannst du nicht immer gehen, das kann sich keiner leisten."

Was also macht ein Busfahrer: "Man geht eine Runde, dann legt man sich im Bus in die letzte Reihe. Aber im Winter friert man spätestens nach einer halben Stunde, im Sommer ist es viel zu heiß. Da weißt du einfach nicht mehr, wie du die Zeit totschlagen sollst."

Es ist ein Job mit vielen Nachteilen. Dennoch, Vater und Sohn lieben ihre Tätigkeit. Da wäre nur eines: Die faire Entlohnung. Ein verbesserter Kollektivvertrag gehört her, meinen die Chauffeure im Gespräch mit "Heute".

"In jeder Branche gibt es Zulagen, wir aber arbeiten meist zu Randzeiten ohne Aufpreis – das muss sich ändern", sagt Peter S.

Es ist kein Wunder, so unsere Gesprächspartner: "Niemand will mehr Busfahrer werden. Und wir müssen immer mehr Schichten übernehmen. Ich sammele Monat für Monat 30 bis 40 Überstunden."

Streik der Lenker am Donnerstag

Um einen neuen Kollektivvertrag verhandeln Arbeitnehmer und Arbeitgeber schon lange. Am Montag scheiterte die vierte Runde. "Die Arbeitgeber haben erneut kein substanziell verbessertes Angebot auf den Tisch gelegt. Unsere Forderungen nach einer spürbaren Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Buslenker:innen werden nach wie vor nicht ernst genommen", sagt Anil Zümrüt, KV-Verhandlungsleiter für die Gewerkschaft vida.

„Rücksichtslos und mit schwerwiegenden Folgen für tausende Fahrgäste“
Martin HorvathWirtschaftskammer

Die Konsequenz: Am Donnerstag findet von 4 bis 6 Uhr ein erster Warnstreik statt. 12.000 Buslenker sind betroffen von diesen Vertragsverhandlungen.

In der Wirtschaftskammer sieht man den Streit naturgemäß anders: Die Streiks seien "rücksichtslos und mit schwerwiegenden Folgen für tausende Fahrgäste", das sagt Martin Horvath, Chefverhandler der Busbranche in der Wirtschaftskammer Österreich. Und weiter: "Die Warnstreiks, bei denen frustrierte Pendlerinnen und Pendler, schulpflichtige Kinder und verärgerte Fahrgäste in Geiselhaft genommen werden, untergraben die Grundprinzipien eines fairen Dialogs", so Horvath.

{title && {title} } POM, {title && {title} } Akt. 18.02.2025, 21:40, 18.02.2025, 21:30
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