Um 4 Uhr früh beginnt für Gregor Stöhr der Dienst. Im Gebiet Hollabrunn, Stockerau, Korneuburg und Ernstbrunn bringt er täglich unzählige Fahrgäste von A nach B – bis 18 Uhr. "14 Stunden Dienst sind ganz normal", sagt er.
Seit elf Jahren ist der Niederösterreicher als Busfahrer tätig. Er macht seinen Job gerne, doch dieser bringt auch viele Schattenseiten mit sich.
Buslenker in Österreich stehen unter enormen Druck und Stress. Seit Jahren ist die Gewerkschaft mit den Arbeitgebern in Gesprächen über verbesserte Arbeitsbedingungen. Mittlerweile steht man kurz vor der vierten KV-Verhandlungsrunde. Gibt es keine Einigung, droht ein österreichweiter Streik. "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und wollen keinen ärgern, aber wir brauchen diesen Druck", erklärt Stöhr, der auch Ersatzmitglied des Betriebsrates ist.
Doch wo liegen die Probleme genau? Hauptkritikpunkt richtet sich gegen die langen Dienste. "Bis zu 15 Stunden. Und der Job wird immer schwerer mit Familie und Hobbys vereinbar", schildert der 49-Jährige. Der Lenkermangel sorgt dafür, dass oft Überstunden gemacht werden müssen oder man kurzfristig für Kollegen einspringen muss. Zuletzt erlebte das Stöhr bei der Hochwasserkatastrophe im Tullnerfeld. "Doch ich hatte Glück und konnte mir den Dienst aussuchen; viele können das nicht."
Auch die Einhaltung der Ruhezeit von neun Stunden zwischen den Diensten sorgt für Probleme, wenn Personal kurzfristig ersetzt werden muss. Vor allem die Kollegen in der Stadt seien "arme Hunde", meint Stöhr. Die meisten Buslinien fahren etwa in St. Pölten im 30-Minuten-Takt. "Häufig kommt man mit Verspätung an der Endhaltestelle an, muss sofort wieder los und hat keine Möglichkeit, einmal kurz zu verschnaufen oder sich die Beine zu vertreten", schildert der Buslenker.
Aktuell sieht der Kollektivvertrag vor, dass die "tägliche unbezahlte Ruhepause" höchstens eineinhalb Stunden betragen darf. Nach viereinhalb Stunden Fahrdienst muss es zwingend eine Ruhepause geben, doch bei gewissen Linienbetrieben darf diese verkürzt bzw. auf mehrere Zeitpunkte aufgeteilt werden.
Viele Buslenker haben keine Pausenräume zur Verfügung; auch der Zugang zu einer Toilette ist oft vom Ort der Pause abhängig. "Manche stehen in ihrer Pause irgendwo und haben nicht einmal einen Supermarkt oder eine Toilette in der Nähe", kritisiert Stöhr. Sein Chef hat einen Pausenraum für die Mitarbeiter eingerichtet. Dazu ist er vom Gesetz her aber nicht verpflichtet.
Ein weiterer Kritikpunkt: Unbezahlte Arbeit an Sonn- und Feiertagen. "Ich kenne Kollegen, die bekommen für das Wochenende gleich gezahlt wie für Dienste unter der Woche", so Stöhr. Nachtzuschläge werden außerdem nur in der Zeit von 0 bis 5 Uhr bezahlt. Das Bündnis der Klimabewegung mit der Gewerkschaft vida und den Busfahrern "Wir fahren gemeinsam" fordert eine Nachtzulage von 22 bis 6 Uhr.
Im Fokus der KV-Verhandlungen stehen eine Erhöhung der Gehälter, aber vor allem verbesserte Rahmenbedingungen im Busbereich. "Die derzeitigen Kollektivverträge werden bis an ihre Grenzen ausgenutzt. Es gehören dringend einige Punkte geändert", so Stöhr. Ein großes Manko liege vor allem auch in den Ausschreibungen.
Für neue Gebiete braucht es Öffi-Angebote und Anbindungen. Ein Unternehmen bekommt dann den Zuschlag und darf das Gebiet befahren. "Meistens werden die ausgewählt, die am billigsten sind. Doch es müsste bei den Ausschreibungen auch berücksichtigen werden, wie viel die Unternehmen für ihre Mitarbeiter tun. Solange das nicht der Fall ist, bleiben die Busfahrer die Leidtragenden, denn hier wird dann gespart", hält Stöhr fest.