Finanzieller Ruin im Neubau

"Machen wir nicht mit!" 3.500 € Nachzahlung für Mieter

Von acht Parteien eines Neubaus in Leopoldsdorf (Marchfeld) wurden hohe Heiz- und Warmwasser-Nachzahlungen gefordert. Nun weigern sie sich zu zahlen.
Aram Ghadimi
18.03.2025, 05:15

Als die Mieterinnen und Mieter der Bahnstraße 1 in Leopoldsdorf (Marchfeld) im Dezember 2021 von der Baugenossenschaft GEBÖS ihre Schlüssel überreicht bekamen, ahnten sie nicht, was sie bald erwarten würde.

"Mit den Abrechnungen von 2023 wurde von uns acht Hausparteien insgesamt ein fünfstelliger Euro-Betrag gefordert", sagt eine Bewohnerin der Wohnhausanlage, die mittlerweile Privatkonkurs anmelden musste.

Das Schicksal der Frau ist kein Einzelfall, denn wie "Heute" erst kürzlich berichtete, suchen seit Jahren immer mehr Menschen, bedingt durch die Teuerung bei Miet- und Energiekosten, Hilfe bei der Schuldnerberatung in Niederösterreich.

Alle acht Parteien betroffen

"Heute" hat bei den Bewohnern der Bahnstraße nachgefragt – sie rechnen vor: "Hier sind es 3.223,74 Euro Nachzahlung, beim Nachbarn sogar 3.546,63 Euro, mit einer monatlichen Forderung von fast 450 Euro für Heizung und Warmwasser. Irre. Bei einer Nachbarin weiter oben trudelte eine Forderung von 1.876,71 ein." Die Bewohner der Neubauanlage schlossen sich zusammen, sie wollen die erhöhten Preise nicht zahlen.

Sabrina N., die ebenfalls eine Bewohnerin der Bahnstraße ist, fasst es so zusammen: "In den dreieinhalb Jahren seit meinem Einzug erhöhte sich meine Miete von ursprünglich 688,17 Euro auf 975,07 Euro. Das Haus ist ein Neubau, keine Wohnung ist über 75 Quadratmeter groß, die meisten eher kleiner."

41,8 Prozent mehr Miete

Die 30-Jährige zahlt seit ihrem Einzug 2021 nicht nur um 41,8 Prozent (287€) mehr Miete, die massiv gestiegenen Kosten für Heizen und Warmwasser, die bei allen Bewohnern gleichermaßen gestiegen sind, kommen noch obendrauf:

"Beim Einzug 2021 zahlte ich etwa 85 Euro an die Firma Ista, heute sind es satte 315 Euro monatlich. Nach nur drei Jahren zahle ich für meine 73 Quadratmeter um 500 Euro mehr."

"Leopoldsdorf im Marchfeld, 15 km östlich von Wien, bietet seinen Bewohnerinnen und Bewohnern einfach alles, was das Herz begehrt – es fehlt an nichts", schreibt die Genossenschaft GEBÖS auf ihrer Webseite.

Die Bewohner der Wohnhausanlage in der Bahnstraße sehen das anders: "Auf unsere dringenden Anfragen wird im besten Fall mündlich geantwortet", sagt eine Bewohnerin. "Es ist ein absoluter Albtraum", ergänzt Bewohnerin Sabrina N.

Mieterhöhung wegen gestiegen Zinsen für Darlehen

"Heute" hat daher bei der Genossenschaft GEBÖS nachgefragt und von deren kaufmännischen Direktorin, Stephanie Taurer-Wallner, folgendes, etwas sperrige Statement bekommen: "Ausgehend von den Herstellungskosten, den Finanzierungsbeiträgen und den Darlehensbedingungen (die Miete muss kostendeckend sein)" errechne sich die Miete.

Aufgrund dieser Tatsachen und "extremer Zinssteigerungen des Euribor (der europäische Leitzins, Anm.) besonders in den Jahren 2023 und 2024, hat dies auch zu einer Verschreibungserhöhung beim Hypothekardarlehen geführt." Tatsächlich ist der europäische Leitzins sechs Monate nach dem Einzug der Bewohner um etwa 4 Prozent gestiegen.

Dreifache Kosten für Heizung und Warmwasser

In Folge des russischen Angriffskriegs sind aber auch noch die Energiepreise empfindlich gestiegen. Sabrina N. rechnet vor: "Der Grundpreis in unserer Anlage beträgt 64 Cent. Wenn man die Leute aus dem Nachbarhaus anspricht, die genau denselben Energielieferanten und dasselbe Ablösungsunternehmen haben, erfährt man, dass sie dort 19 Cent zahlen. Wir zahlen also mehr als das Dreifache."

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Die kaufmännische Direktorin der GEBÖS dementiert das: "Wir haben den Grundpreis und den Arbeitspreis von mehreren Anlagen von uns verglichen, auch die Anlage in Leopoldsdorf (Wärmepumpen-Heizung) liegt im Durchschnitt. Die Behauptung, dass der Grundpreis um das 3-fache gestiegen ist, stimmt also nicht. Aber die Preisgestaltung liegt bei Integral." Die Integral Group ist der Energieanbieter der acht Parteien.

Eigentlich spricht hier alles für einen Anbieterwechsel, doch die Bewohner der acht geförderten Wohnungen können ihren Anbieter nicht selbstständig wechseln: "Obwohl wir monatlich Rechnungen bekommen, sind wir nicht die Vertragspartner des Energielieferanten. Vertragspartner ist nämlich die Baugenossenschaft GEBÖS", erklärt Sabrina N.

Hierzu sagt Taurer-Wallner von der Genossenschaft: "Ja, das stimmt. Der Vertrag läuft noch bis 2026."

Mieter erheben Einspruch

In einem Schreiben an die GEBÖS, das "Heute" vorliegt, erheben die Mieter Einspruch gegen die Jahresabrechnung 2023: "Wir sind im Jahr 2024 bereits mit einer Unterschriftenliste auf euch (GEBÖS) zugekommen, da wir einen Anbieterwechsel für dringend nötig halten. Hierzu kam bisher keine Reaktion."

Direktorin Taurer-Wallner spricht hier von einem Berechnungsfehler der Ablesefirma Ista Österreich GmbH und ergänzt: "Der Vertrag betreffend der Heizkostenabrechnung ist zwischen den Bewohnern und der Ista." Man habe mit einem Anwalt geprüft, ob man selbst tätig werden solle, aber herausgefunden, dass man hier nichts für die Bewohner tun könne.

Die Bewohner haben die GEBÖS zuletzt mehrfach ersucht, dringend einen anderen Vertragspartner zu finden. Darüber hinaus sei mehrfach gebeten worden, die Heizungsanlage komplett zu überprüfen, da die Verbraucherzahlen außerhalb jeglicher Relation stünden, sagt Mieterin Sabrina N.

"Heute", Arbeiterkammer und Anwalt informiert

Aus dem Schreiben der wütenden Bewohner geht ebenfalls hervor, dass sie bei der Arbeiterkammer und einem Anwalt Termine planten. Sollten man bis zum 3. März 2025 keine Rückmeldung erhalten, werden man darüber hinaus rechtliche Schritte setzen, steht weiter geschrieben:

"Somit leisten wir Mieter der Bahnstraße 1 nur die normalen Raten wie bisher – die Jahresabrechnung wird angefochten, ebenso wie die erhöhten Preise."

{title && {title} } agh, {title && {title} } 18.03.2025, 05:15
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