Signa-Gerichtstermin in Wien
Benko-Hammer – die Pleite ist größer als bisher bekannt
Insolvenzverwalter legt Bericht über Forderungen der Signa-Gläubiger vor. Diese sind um 3 Mrd. € höher als im Insolvenzantrag!
Nächster Paukenschlag in der Pleite-Story von René Benkos Signa-Immobilienreich. Am Montag fand am Handelsgericht Wien die sogenannte Prüfungstagsatzung im Insolvenzverfahren der Signa Holding (also der Dachgesellschaft von Benkos Immo-Imperium) statt. Dort hat der Insolvenzverwalter Christof Stapf der Gläubigerversammlung seinen Bericht zu den bislang angemeldeten Forderungen vorgelegt.
303 Forderungen
Demnach sind bisher 302 Forderungsanmeldungen in Höhe von insgesamt 8,613 Mrd. Euro bei Gericht eingegangen. Das ist bemerkenswert – denn im Insolvenzantrag der Signa Holding vom 29. November 2023 waren die Schulden der Gesellschaft mit rund 5 Mrd. Euro beziffert worden, schon das ein Rekord in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.
Nur 80 Millionen anerkannt
Anerkannt hat der Insolvenzverwalter allerdings nur Forderungen in der geringen Höhe von rund 80,3 Mio. Euro. Die restlichen 8,533 Mrd. Euro wurden von Anwalt Stapf vorläufig bestritten.
„Ein Teil dieser Forderungen in relevanter Höhe führt zwar momentan zu einer Aufblähung der Forderungssumme, wird aber einer strengen Beurteilung nach erster Einschätzung voraussichtlich nicht standhalten“
Es sind also gerade mal 0,93 % der Forderungen, die vom Insolvenzverwalter anerkannt werden. Die vorläufige Ablehnung der restlichen Verbindlichkeiten liege daran, dass die Gläubiger die Forderungen großteils sehr spät und/oder mit unvollständigen Unterlagen angemeldet haben. Das sei in dieser Häufung ungewöhnlich, ist aus dem Umfeld des Insolvenzverwalters zu hören.
Großteil sind Haftungsansprüche
Zu den angemeldeten Forderungen gegen die Signa Holding im Detail: Von den insgesamt stolzen rund 8,6 Mrd. Euro entfallen allein rund 5,1 Mrd. Euro auf Haftungsansprüche – großteils aus Garantien und Patronatserklärungen (ähnlich Bürgschaften für Kredite). 1,6 Mrd. Euro betreffen Verbindlichkeiten innerhalb der Signa-Gruppe („Intercompany-Verbindlichkeiten“, etwa Darlehensgewährungen).
Anlässlich der erschreckenden Milliardenhöhe der Forderungen ist der Insolvenzverwalter allerdings um Beruhigung bemüht – um diese Summe werde es am Ende nicht gehen. "Ein Teil dieser Forderungen in relevanter Höhe führt zwar momentan zu einer Aufblähung der Forderungssumme, wird aber einer strengen Beurteilung nach erster Einschätzung voraussichtlich nicht standhalten", heißt es in in einer Aussendung des Insolvenzverwalters.
Forderungen anderer Signa-Firmen gegenüber der Holding wurden vom Insolvenzverwalter ohnehin vollständig bestritten.
1,04 Mrd. Euro der Forderungen entfallen auf Darlehensverbindlichkeiten, 124 Mio. Euro auf Schadenersatzforderungen, 33 Mio. Euro auf Honorarforderungen. Auch die Schadenersatz- und Honorarforderungen wurden bisher großteils nicht anerkannt. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sind mit rund 1,5 Mio. Euro vergleichsweise überschaubar ebenso wie die offenen Abgabenforderungen der öffentlichen Hand in Höhe von derzeit rund 940.000 Euro und Mietforderungen in Höhe von rund 260.000 Euro, die ebenfalls teilweise bestritten wurden.
Zu spät oder mangelhafte Unterlagen
Viele Forderungen wurden äußerst spät oder erst nach Ablauf der Anmeldungsfrist eingebracht. Etwa ein Drittel der Forderungen wurde ohne Vorlage der relevanten Unterlagen und teilweise sogar ohne die konkrete Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen bei Gericht eingereicht. "Es wird an den Gläubigern liegen, die für eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Forderungsanmeldungen erforderlichen Unterlagen über das Insolvenzgericht zur Verfügung zu stellen", betont Insolvenzverwalter Stapf.
"Die Tatsache, dass von 8,6 Mrd. Euro bisher nur 80 Mio. anerkannt wurden, liegt auch im komplexen Firmengeflecht der Signa--Gruppe begründet", sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. Wichtig sei, "dass der Insolvenzverwalter das Thema der gegenseitigen Haftungen und Intercompany-Forderungen sehr ernst nimmt und eingehend prüft", so Weinhofer weiter.
Zwei-Monats-Frist für Gläubiger
Bestrittene Forderungen können allenfalls durch eine Klage beim Insolvenzgericht geltend gemacht werden. Zur Erhebung einer solchen Prüfungsklage wurde den Gläubigern in Absprache mit dem Insolvenzgericht eine Frist von zwei Monaten eingeräumt. Der Insolvenzverwalter wird in dieser Zeit die Forderungen weiter prüfen und im Falle der Berechtigung der jeweiligen Forderungen die Bestreitungen über das Insolvenzgericht zurückziehen. Allenfalls ist individuell mit Zustimmung des Insolvenzgerichtes eine Erstreckung der Frist möglich.
„Es wird an den Gläubigern liegen, die für eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Forderungsanmeldungen erforderlichen Unterlagen über das Insolvenzgericht zur Verfügung zu stellen“
Scheich-Klagen
Die berühmten Scheich-Klagen gegen Benkos Signa sind in Form zweier Schiedsklagen von Seiten Mubadala (Vereinigte Arabische Emirate) und AM1 (Al Mirqab Capital, Katar) im Wesentlichen auf die Zahlung von 713 Mio. Euro bzw. 296 Mio. Euro sind weiter anhängig. Die Signa Holding hat aufgrund der Insolvenz die Unterbrechung beider Verfahren beantragt.
Büros werden Anfang März aufgelassen
Der Verwertung des für den Betrieb der Signa Holding nicht zwingend erforderlichen Vermögens ist im Gange. Der Firmensitz im "Palais Harrach" in Wien wird mit Anfang März 2024 aufgegeben und an die Vermieterin zurückgestellt.
Benko zahlt 3 Millionen
Von der von Herrn René Benko persönlich abgegebenen Garantieerklärung in Höhe von insgesamt 3 Mio. Euro wurden, wie berichtet, zwei Drittel abgerufen und bezahlt, die Zahlung der dritten und letzten Rate wurde für diese Woche avisiert.
"Krone"-Anteile sollen verkauft werden
Weiter im Gange sind auch die Verhandlungen über den Verkauf nicht betriebsnotwendiger Beteiligungen. Bei der SIGNA RFR US Selection AG (dort hinein gehört etwa das New Yorker Chrysler Building) und der Kadens Capital GmbH (Frankfurt/Main) laufen die Gespräche. Auch die Gespräche über die Verwertung der Medienbeteiligungen (an "Krone" und "Kurier") dauern an, Deloitte wurde mit der Wertermittlung der Beteiligungen betraut.
Darüber hinaus erarbeiten der Insolvenzverwalter und Deloitte als beigezogene Sachverständige einen mittelfristigen Finanzierungsplan, prüfen die Werthaltigkeit der Aktivforderungen der Holding sowie der Beteiligungen und untersuchen weiter die Anfechtbarkeit mehrerer Geschäftsfälle – vorerst im Zeitraum von 12 Monaten vor Insolvenzeröffnung.
Gutachten in Auftrag gegeben
Eine Koordinierung mit den anderen Insolvenzverwalter:innen der Signa-Gruppe in Form eines gruppenübergreifenden Lenkungsgremiums war aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen trotz erheblicher Bemühungen des Insolvenzverwalters der Holding nicht möglich. Ein gemeinsam in Auftrag gegebenes Gutachten soll nun die wechselseitigen Informationspflichten der Signa Development und Signa Prime mit der Insolvenzmasse der Signa Holding klären.
Nachvollziehbare Informationen aus diesen Verfahren sind zwingend erforderlich, um die Erfüllbarkeit und Angemessenheit des Sanierungsplans der Signa Holding ordnungsgemäß prüfen zu können.
Neuer Stichtag 29. April
Nachdem das Sanierungsverfahren der Signa Holding nunmehr ohne Eigenverwaltung läuft, ist mehr Zeit, um die Ergebnisse der Verfahren der beiden großen Töchter Prime und Development abzuwarten.
„Aus derzeitiger Sicht scheint ein positiver Abschluss des Sanierungsverfahrens noch plausibel“
Als neuer Termin für eine Sanierungsplantagsatzung der Signa Holding wurde vorläufig der 29.04.2024 festgelegt. Das ist der Tag der Entscheidung – dann stimmen die Gläubiger über die Annahme des Sanierungsplans ab. Und damit darüber, ob das Unternehmen fortgeführt werden kann oder doch in Konkurs und Zerschlagung und damit Abverkauf der Vermögenswerte muss.
Quote von 30 % bleibt
Als Quote für die Gläubiger bietet die Signa Holding derzeit weiterhin 30 % – obwohl im Verfahren ohne Eigenverwaltung nur mindestens 20 % vorgeschrieben werden.
Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass bis dahin die Fortführung des Unternehmens unter Berücksichtigung der Erzielung weiterer Erlöse gesichert ist.
"Aus derzeitiger Sicht scheint ein positiver Abschluss des Sanierungsverfahrens noch plausibel", lautet die Conclusio von Gläubigerschützer Weinhofer (Creditreform). Und weiter: "Derzeit bleibt die angebotene Sanierungsplanquote von 30 %, trotz Zurücklegung der Eigenverwaltung aufrecht. Ob diese Quote angemessen und erfüllbar ist, wird der Insolvenzverwalter noch vor der Sanierungsplantagsatzung ergänzend berichten."