Große Uneinigkeit
Austro-Ampel fixiert – doch daran kann sie scheitern
Die Ampel formt sich, seit Montag befinden sich ÖVP, SPÖ und NEOS in Koalitionsverhandlungen. Bei einigen Themen muss man sich aber zusammenraufen.
Der Weg für die Austro-Ampel ist frei: Bundeskanzler Karl Nehammer verkündete am Montag gemeinsam mit SPÖ-Chef Andreas Babler und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, dass man nun in die Koalitionsverhandlungen übergehe. Den drei Parteichefs sei es dabei bewusst, dass es ein "steiniger Weg" werde, zeigten sich aber optimistisch, sowohl das Budget-Loch, als auch die Probleme bei Gesundheit, Migration, Asyl sowie Teuerung anpacken zu können.
In Verhandlungsgruppen will man diese Politfelder die nächsten Tage nun ansprechen und Lösungen, aber auch Ministerien und Posten herausarbeiten. Dabei dürfte die formende Austro-Ampel jetzt auf die Prüfung gestellt werden, denn in vielen Bereichen ist man sich alles andere als einig.
Budget-Defizit wird Streitthema
Der allererste Knackpunkt hat es dabei in sich – Steuern, Finanzen und Standort Österreich. Das Land befindet sich in einer Finanzkrise – das Budgetdefizit schoss in die Höhe, das Leben ist für viele Bürger kaum leistbar. Die ÖVP betonte deshalb in ihrem Österreichplan keine neuen Steuern und Abgaben einführen zu wollen. Das Budget soll auch anders saniert werden können, und zwar durch eine Senkung der Lohnnebenkosten und einer niedrigeren Körperschaftssteuer.
Mit den NEOS könnte sich die Volkspartei einigen, denn auch diese sprechen sich gegen neue Steuern aus und befürworten niedrigere Lohnnebenkosten.
Die SPÖ hingegen will davon nichts wissen und pocht bekanntlich auf neue Abgaben – Vermögens- und Erbschaftssteuer – und will die Körperschaftssteuer erhöhen. Noch im Wahlkampf schoss sich SPÖ-Chef Babler darauf ein, dass das der einzige Weg sei, um das klaffende Budget-Loch zu stopfen. Nehammer hingegen betonte in mehreren Interviews, dass es solche Abgaben nicht mit der ÖVP geben werde.
Die Streitthemen der Ampel auf einen Blick
Steuern: SPÖ ja; ÖVP und NEOS lehnen neue Abgaben ab
Neutralität: SPÖ und ÖVP bekennen sich zur Neutralität; NEOS nicht
Migration: ÖVP will Verschärfung bei der Staatsbürgerschaft; SPÖ und NEOS wollen Hürden abbauen
Bildung: ÖVP will Leistungsgruppen; NEOS fordern Chancenindex; SPÖ eine gemeinsame Schule der 6- bis 15-Jährigen
Messengerüberwachung: ÖVP ja; NEOS und SPÖ haben Bedenken
Mehr oder weniger Sozialleistungen
Auch bei der Migration stoßen Nehammer, Meinl-Reisinger und Babler mit den Köpfen zusammen. Zwar ist man bezüglich EU-Außengrenzen auf einer Linie – NEOS und ÖVP fordern mehr Kontrollen, SPÖ wünscht sich schnellere Verfahren – doch bei der Migration in Österreich selbst, ist keine Einigkeit in Sicht.
Während die ÖVP für Sozialleistungen eine fünfjährige Wartepflicht einführen möchte, sieht die SPÖ diese Forderung als kontraproduktiv an. Auch bei den NEOS ist von einer Kürzung der Leistung nicht die Rede.
Alleine steht die ÖVP auch bei der Beschränkung des Familiennachzugs, sowie strengere Regeln für die Staatsbürgerschaft. Eine Standprobe für die Ampel, denn NEOS und SPÖ wollen die Hürden für die Verleihung sogar weiter abbauen und sprechen sich darüber hinaus noch gegen Asylverfahren in Drittstaaten aus, was die Volkspartei befürwortet.
"Nein" zur Neutralität?
Zum Verhandlungspunkt könnte auch die "immerwährende" Neutralität werden. Immerhin bekennen sich die NEOS nicht zur Neutralität, sondern sind der Meinung, dass Österreich sein "Trittbrettfahrerdasein" ablegen und einer europäischen Verteidigung beitreten sollte. Sowohl für ÖVP und SPÖ ein No-Go. Sie befürworten hingegen eine Stärkung des Bundesheers (ÖVP) und eine Attraktivierung des Dienstes (SPÖ).
Unterschiede bei der Bildung
Bei der Bildung, ein pinkes Kernthema, haben die drei Parteien zudem unterschiedliche Vorstellungen, was sich ändern soll. Für die ÖVP soll sich wie bei der Arbeit auch in der Schule Leistung wieder lohnen – deshalb sollen Leistungsgruppen wieder eingeführt werden. Die Volkspartei fordert zudem neue inhaltliche Schwerpunkte wie, Demokratie, Digitalisierung und Finanzen – die Schulautonomie soll dabei erhalten bleiben.
Dem können die NEOS zustimmen, gehen aber noch einen Schritt weiter und setzen sich für eine gemeinsame Schule mit innerer Differenzierung ein. Finanzielle Mittel sollen zudem nach einem "Chancenindex" verteilt werden. Auch die SPÖ spricht sich für eine gemeinsame Bildung der 6- bis 15-Jährigen aus, will die Leistung der einzelnen Schüler aber individuell fördern – vor allem in Ganztagsschulen.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS, bekannt als Austro-Ampel, haben begonnen, doch es gibt erhebliche Meinungsverschiedenheiten, insbesondere bei den Themen Steuern, Migration und Neutralität
- Während die ÖVP und NEOS gegen neue Steuern sind und die SPÖ auf Vermögens- und Erbschaftssteuern pocht, gibt es auch bei der Migration und der Frage der österreichischen Neutralität keine Einigkeit, was die Verhandlungen zu einer Herausforderung macht