Naturjuwel ausgetrocknet

Alles Wasser weg! So wurde Grüner See zur Steinwüste

Das steirische Naturjuwel Grüner See ist derzeit nur noch eine trockene Steinwüste. Das Wasser ist völlig verschwunden – so konnte das passieren.
Roman Palman
08.04.2025, 20:07

Es ist ein trauriger Anblick, den Besucher des Grünen Sees in diesen Tagen erleben. Das weltbekannte Naturjuwel liegt derzeit völlig trocken, nicht einmal eine Lacke ist noch übrig. Eine graue Steinwüste, wo sonst türkisgrünes Wasser wäre.

Das hat es in diesem Jahrtausend noch nicht gegeben. Die für die Region zuständige Zentral-Wasserversorgung Hochschwab Süd (ZWHS) dokumentiert den Pegelstand des Grünen Sees seit 1981. Völlig ausgetrocknet sei er in dieser Zeit kein einziges Mal, heißt es auf "Heute"-Anfrage.

Die Datenreihe hat allerdings ein paar Schönheitsfehler: Der Wasserstand wird nur einmal im Monat an einer Messlatte abgelesen, die nicht auf den tiefsten Punkt des Sees reicht. Und sollte der See im Winter zufrieren, kann der Pegel ebenfalls nicht genau bestimmt werden.

Man muss also auf das örtliche Volksgedächtnis zurückgreifen. Auch dieses hat keine Erinnerung an ein vergleichbares Ereignis in den letzten sechzig Jahren. "Es gibt Erzählungen, dass er davor schon einmal trocken war, aber in den letzten Jahrzehnten eben nie", schildert der Bürgermeister von Tragöß-Sankt Katharein, Hubert Zinner, gegenüber der "Kleinen Zeitung".

Doch wie konnte es überhaupt soweit kommen?

Kein normaler See

Dazu muss man wissen: Der Grüne See ist in mehrfacher Hinsicht besonders. Es handelt sich um einen Schmelzwassersee, dessen Pegel mit den Jahreszeiten starken Schwankungen unterworfen ist.

Über den Winter sinkt der Wasserspiegel stark ab, der See fällt aber normalerweise nicht völlig trocken. Steigende Temperaturen lassen dann auch den Pegel wieder ansteigen. Durch die Schneeschmelze wird in der Regel im Frühsommer der Höchststand erreicht. Dann ist das stille Gewässer bis zu zehn Meter tief.

Der vergangene Winter hat dem Grünen See massiv zugesetzt. Im Dezember 2024 fehlten rund ein Drittel, im Jänner und Februar sogar mehr als zwei Drittel auf den mittleren Niederschlagswert. In Summe ein Niederschlagsdefizit von 40 bis 50 Prozent, bestätigt die Geosphere Austria gegenüber "Heute".

Wasser wird zurückkehren

Dass das Gestein der Region tief verkarstet ist, setzt dem beliebten Ausflugsziel noch zusätzlich zu: "Wenn es nicht regnet, versiegt der See", erklärt ein Vertreter der ZWHS die Gegebenheiten.

Wie lange der Grüne See noch in diesem dürren Zustand bleiben wird, kann man nicht vorhersehen. Fix ist, dass das Wasser zurückkehren wird. Der März brachte leicht überdurchschnittliche Mengen an Regen und Schnee, die zeitverzögert aus den Bergen auch in den Grünen See fließen werden.

Gut gefüllt ist der Grüne See als idyllisches Postkartenmotiv weltbekannt. (Archivbild)
imago/Rainer Mirau

Aber: "Wenn nicht noch massive Niederschläge kommen, dann wird er heuer nicht sehr groß werden", schätzt Bürgermeister Zinner.

"Unterschiede werden größer"

Generell beobachtet die ZWHS zwar eine Tendenz zu höheren Pegelständen – dennoch werden wir uns in Zukunft vermutlich auch an den (saisonalen) Anblick einer trockenen Steinwüste gewöhnen müssen.

"Aufgrund des menschengemachten Klimawandels rechnen wir mit weiter steigender Verdunstung und einer größeren Volatilität des Niederschlags", prognostiziert Marc Olefs, Leiter des Departments Klima-Folgen-Forschung der GeoSphere Austria. Zum einen steige der "Dampfhunger" der Luft aufgrund der Erwärmung, denn pro Grad Celsius mehr kann Luft rund sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen.

Österreichische Forscher konnten inzwischen nachweisen, dass es dadurch bereits zu einer Zunahme von Starkregen um 15 Prozent in unserer Alpenrepublik gekommen ist. "Gleichzeitig werden extreme Trockenjahre wahrscheinlicher", erläutert Olefs und bringt es auf den Punkt: "Das heißt, Jahr-zu-Jahr Unterschiede werden größer."

Über den "Wasserschatz im Hochschwab"

Große Niederschlagsmengen (bis zu 2000 mm jährlich) sind die Basis des Wasserschatzes im Hochschwab. Dolinen, Schächte, Klüfte und Spalten im Karst leiten das Regen- und Schmelzwasser in das gigantische Gefäßsystem aus unterirdischen Wasseradern und Seen im Inneren des Berges.

An der Südseite des Hochschwabs wurden in der Eiszeit riesige Schotterhalden abgelagert. Für das Karstwasser, das hier einströmt, wirkt dieser Schotter als Speicher und Filter. Bis es diesen durchströmt hat, vergehen zumeist zwei bis vier Jahre. In dieser Zeit nimmt das Wasser Mineralstoffe und Spurenelemente auf und wird so zu wertvollem Trinkwasser, das seit 1993 vorwiegend für die Versorgung der Landeshauptstadt Graz entnommen wird.

Quelle: zwhs.at

{title && {title} } rcp, {title && {title} } Akt. 09.04.2025, 18:26, 08.04.2025, 20:07
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