Politik

Wohnkosten explodieren – Regierung lehnt Mietdeckel ab

Eine Befragung im Auftrag des Sozialministeriums hat ergeben, dass die Belastung durch Wohnkosten steigt. Ein Mietpreisdeckel kommt trotzdem nicht. 

Leo Stempfl
Das Sozialministerium gibt jedes Quartal eine Befragung tausender Österreicher in Auftrag. Die Erkenntnisse sind erschreckend.
Das Sozialministerium gibt jedes Quartal eine Befragung tausender Österreicher in Auftrag. Die Erkenntnisse sind erschreckend.
iStock/Sabine Hertel ("Heute"-Montage)

Namhafte Organisationen wie die Arbeiterkammer fordern seit Monaten vehement eine Mietpreisbremse. Und weil die Inflation in Österreich auch im Mai noch im EU-Spitzenfeld liegt, schließen sich dieser Idee mittlerweile auch immer mehr eigentlich wirtschaftsliberale Experten an. 

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr sprach das Thema diese Woche in der "ZiB 2" an. Die Regierung hatte sich zuletzt eher auf Einmalzahlungen verlegt – die sind einem Inflationsstopp aber wenig zuträglich, im Gegenteil. "Dass der Abstand [zu anderen Euro-Ländern] so groß ist, sollte uns zu denken geben." Die Mietpreisbremse etwa sei eine (vertane) Chance gewesen, die man aber noch immer nutzen könne.

"Sollte uns zu denken geben" – Inflationswarnung im ORF >>

Wohnkosten immer größere Belastung

Und so kommt es, dass bei der Bevölkerung die Belastung aufgrund der Wohnkosten weiter gestiegen ist. Das hat eine Studie im Auftrag des Sozialministeriums ergeben, durchgeführt wurde sie von der Statistik Austria und dem IHS. Bereits 24 Prozent, rund 1,5 Millionen Menschen, sehen die Wohnkosten als schwere finanzielle Belastung, 8 Prozent (rund 500.000) sind bereits im Zahlungsverzug bei ihren Mietkosten. Das ist ein Anstieg von zwei bzw. einem Prozentpunkt.

"Die hohe Inflation bereitet den Menschen nach wie vor große Sorgen. Auch wenn sich die Erwartungen leicht verbessert haben, werden die Wohnkosten eine immer größere Belastung", betont Sozialminister Johannes Rauch. "Ich bin mir sicher, dass die Maßnahmen der Bundesregierung immer mehr Wirkung zeigen werden."

Erwartbar reagiert die SPÖ. "Selbst eine Studie im Auftrag der Regierung stellt das Regierungsversagen in der Teuerungskrise fest!", so Sozialsprecher Josef Muchitsch. "Einmalzahlungen verpuffen, sind nicht treffsicher, kosten viel Geld, senken aber keinen einzigen Preis und Erhöhen am Ende außerdem die Inflation und die Armut." 

Keine Mietpreisbremse

Rauch verweist hier ausgerechnet auf die Einmalzahlungen in Form von Heiz- und Wohnkostenzuschüsse der Länder sowie die Strompreisbremse. Zusätzlich unterstütze der Wohnschirm des Sozialministeriums Menschen mit Rückständen bei der Miete, den Betriebskosten sowie bei Strom- oder Heizkosten.

Eine Mietpreisbremse als Gegenpol zu diesen die Inflation weiter anheizenden Zuschüssen wird es aber nicht geben. "Die ÖVP ist eher die Vertreterin des Eigentums. Und ich bin Vertreter derjenigen, die auf Mieten angewiesen sind", sagte Sozialminister Rauch zwar im März. Weil man sich aber nicht einigen konnte, kommt lediglich eine aufgestockte Wohnkostenbeihilfe, die die erhöhten Mieten finanzieren soll.

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    Der designierte Gesundheit- und Sozialminister Johannes Rauch am 4. März 2022 nach der Sitzung des erweiterten Bundesvorstandes der Grünen in Wien.
    Der designierte Gesundheit- und Sozialminister Johannes Rauch am 4. März 2022 nach der Sitzung des erweiterten Bundesvorstandes der Grünen in Wien.
    HANS PUNZ / APA / picturedesk.com

    Halbe Million kann sich nicht angemessen ernähren

    Die Aussendung des Ministeriums, die über die Ergebnisse der Studie  berichtet, titelt jedenfalls mit "Einkommensverluste konstant, Erwartungen optimistischer" – es gibt also auch positive Erkenntnisse. Diese sollen darin liegen, dass die Zahl der Menschen mit Einkommensverlusten Ende 2022 im Vergleich zum Vorquartal weitestgehend konstant geblieben ist. Von 700.000 auf 650.000 Personen zurückgegangen ist die Zahl der Personen, die mit weniger als 1.000 Euro netto im Monat auskommen müssen.

    Leicht verbessert haben sich auch die Erwartungen für die Zukunft: Nur mehr 31 Prozent (Q3/2022: 33 Prozent) der Befragten glauben, dass sich ihr Einkommen im kommenden Jahr verringert.

    Gestiegen ist hingegen der Mangel an Notwendigem: Rund 1,9 Millionen Personen können es sich nicht leisten, unerwartete Ausgaben von 1.300 Euro zu begleichen, 49.000 Personen mehr als im Vorquartal. Von 525.000 auf 548.000 Personen gestiegen ist die Zahl jener, die sich aus finanziellen Gründen nicht angemessen ernähren können.

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      privat, iStock