US-Verteidigungsminister Pete Hegseth und andere Regierungsmitglieder diskutierten in einem Signal-Gruppenchat über einen Militärschlag – ohne zu merken, dass auch ein Journalist im Chat war. Der Leak sorgt nun für Empörung. Zwei Experten beantworten "20 Minuten" die Frage, ob das Trump-Kabinett daran zerbrechen könnte.
Warum diskutieren Mitglieder der Trump-Regierung in einem Signal-Gruppenchat über eine Militäroperation?
Guido Weber: Das war schlicht dilettantisch. Viele in Trumps Umfeld haben keine Regierungserfahrung. Verteidigungsminister Hegseth war vorher TV-Moderator bei Fox News. Das ist keine professionelle Truppe – und dementsprechend schlampig sieht die Kommunikation aus. Was in diesem Chat besprochen wurde, gehört zum Alltag im Verteidigungsministerium. Es gab also nicht einmal einen Grund, solche Diskussionen an offiziellen Kanälen vorbeizuführen.
Thomas Jäger: Dilettantismus ist eine mögliche Erklärung. Es könnte aber auch darauf hindeuten, dass sie die Gespräche vor dem Archiv schützen wollten. Wäre die Kommunikation über offizielle Kanäle erfolgt, wäre das protokolliert worden und die Akten hätten öffentlich gemacht werden können. Klar ist: Indem sich die Teilnehmer der Gruppe entschieden, geheime Informationen über diesen Kommunikationsweg auszutauschen, haben sie gegen die Protokolle für sichere Kommunikation verstoßen, möglicherweise sogar gegen Spionagegesetze.
Das sind die Experten:
Thomas Jäger ist Professor für internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln.
Guido Weber ist Experte für den US-Wahlkampf und hat als solcher lange in den USA gearbeitet. Er begann seine Karriere in Werbung und Journalismus, und spezialisierte sich später als Kampagnenleiter in zahlreichen Schweizer Abstimmungskämpfen.
Was droht den Verantwortlichen?
Jäger: Selbst wenn gegen Gesetze verstoßen wurde, wird dies für die Beteiligten folgenlos bleiben. Der einzige, der die Informationen aus dem Chatverlauf vollständig zur Verfügung stellen könnte, wäre der beteiligte Journalist, der damit aber selbst Geheimnisverrat begehen würde. Alle anderen Untersuchungen werden mit dem Hinweis auf die Gefährdung der nationalen Sicherheit abgewehrt werden.
Wie sicher sind Messenger-Dienste?
Signal gilt grundsätzlich als einer der sichersten Messenger-Dienste, erklärt Cybersecurity-Experte Nick Mayencourt. "Der Grund dafür ist die konsequente Ende-zu-Ende-Verschlüsselung." Im Vergleich dazu seien die Verschlüsselungstechnologien bei WhatsApp oder Telegram weniger zuverlässig.
Allerdings befinden sich die Server dieser Dienste alle in den USA. Aus diesem Grund stuft Mayencourt den Schweizer Messenger Threema hierzulande als die sicherste Alternative ein: "Das Schweizer Gesetz bietet einen besseren Schutz als das amerikanische."
Für den Experten ist dennoch klar: "Solche Plattformen eignen sich nicht für militärische Kommunikation." Aus diesem Grund kämen hierfür speziell entwickelte, interne Kommunikationssysteme zum Einsatz. Zwar müssten auch diese technisch einwandfrei abgesichert sein, doch nur dort habe man die volle Kontrolle.
Warum sorgt gerade dieser Vorfall für so viel Empörung?
Jäger: Das Kopfschütteln über dieses Vorgehen ist deshalb so groß, weil hier offensichtlich egal war, ob durch dieses Vorgehen amerikanische Truppen in Gefahr gebracht werden. Und bei der Gefährdung des eigenen Militärs hört auch für die Republikaner das Verständnis für eine chaotische Politik auf.
Weber: Es ist die Summe. Jeder neue Vorfall reiht sich ein in eine lange Kette von Pannen, Lügen und Provokationen – und verstärkt das Bild einer chaotischen Regierung, vor allem bei Trump-Gegnern. Einige Republikaner ärgern sich zwar hinter vorgehaltener Hand über Trumps Regierungsstil, etwa über seine ständige Anbiederung an Russland, äußern sich aber nicht öffentlich.
Wie sehr beschädigt der Vorfall das Image der Regierung – und hat er das Potenzial, sie ins Wanken zu bringen?
Jäger: Der Skandal wird keine Folgen haben. Die Republikaner im Kongress, die nun Aufklärung fordern, werden sich wieder in die Trumpgarde einreihen, wie sie es jedes Mal tun. Den Demokraten fehlt es derzeit an einem kohärenten Vorgehen gegen die Regierung, sie sind eine lasche Opposition.
Weber: Das sehe ich ähnlich. Es entsetzt die, die ohnehin gegen Trump sind. Für Trump-Wähler ist das kein Thema. Viele von ihnen dürften das als weiteren Angriff der Medien auf Trump wegtun. In der republikanischen Partei will niemand als Erstes öffentlich Kritik üben – es muss noch mehr passieren, bis sich daran etwas ändert.
Was müsste passieren, damit es wirklich kippt – auch innerhalb der republikanischen Partei?
Weber: Eigentlich hätte vieles, was wir erlebt haben, eine Regierung längstens zu Fall gebracht. Doch der Moment, wo auch die Republikaner nicht mehr mitziehen, wird kommen, irgendwann wird es implodieren – doch dieser Vorfall hat das Fass noch nicht zum Überlaufen gebracht.
Jäger: Der einzige Stolperstein für Trumps Kabinett wäre die Wirtschaft. Doch selbst steigende Preise und fallende Aktien haben bisher nichts bewirkt.