Industrie-General im ORF

"Wir haben ein riesiges Problem, es brennt die Hütte"

Österreichs Ampel steht vor der Einigung, bereits am Donnerstag soll es erste Details geben. Doch was ist von den schwarz-rot-pinken Plänen zu halten?
Newsdesk Heute
26.02.2025, 22:22

Inhaltlich soll man sich so gut wie einig sein, personell wird bei ÖVP, SPÖ und NEOS offenbar noch um die letzten Posten gerungen – am Donnerstag will man, geht alles glatt, der Öffentlichkeit Personal und Pläne präsentieren. Klar ist im Vorfeld: Die Größe der künftigen Regierung ist enorm, ebenso die Kosten. Dabei wolle man eigentlich trotz notwendigem Sparpaket auf "Offensivmaßnahmen" setzen – neben Bildung und Arbeit auch die Wirtschaft wieder in Gang bekommen. Überzeugen die Pläne?

Das ordnete der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, am späten Mittwochabend live in der ORF-"ZIB2" bei Moderator Armin Wolf ein. Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, hatte sich im Vorfeld "entsetzt" gezeigt über die Koalition – "entsetzt insbesondere über den Diskussionsprozess, den wir über vier Monate abgewickelt haben", nicht über die Koalition, versuchte Neumayer zu entschärfen. "Aber das stimmt doch gar nicht", entgegnete ihm Moderator Wolf.

"Es brennt die Hütte, wie manche auch formuliert haben"

"Es war sozusagen eine Gesamtkritik", beharrte Neumayer – Wolf las ihm dagegen Zitate vor, dass Knill eine neue Verhandlung zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS nach dem Scheitern der ersten als "nicht sinnvoll" bezeichnet und dafür plädiert, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl "Führungs-Verantwortung übernimmt" und nach Wählerwillen eine Koalition mit der ÖVP eingehe. "So klar hat das eigentlich noch nie ein Industrie-Präsident gesagt", so Wolf, was verwunderlich sei. Warum spreche sich die deutsche Industrie vehement gegen eine AfD in der Regierung aus, während sich die Industrie in Österreich eine Regierung unter einem FPÖ-Kanzler wünsche?

"In Österreich ist die Produktionswirtschaft um nahezu zehn Prozent geschrumpft im Vorjahr. Wir haben ein riesiges Problem. Es brennt die Hütte, wie manche auch formuliert haben", so Neumayer. Die Industriellenvereinigung wolle "eine Politik haben, die auch den Fokus auf die Standortpolitik legt". Die Bürger und die Unternehmen würden erwarten, dass es "sehr rasch eine neue Regierung gibt, die sich diese Themen adressiert". Es hänge "immer von der jeweiligen Politik ab, die gemacht wird", so Neumayer dazu, dass Knill gesagt habe, "mit den Roten ist kein Staat zu machen". Teile der Sozialdemokratie seien nicht bereit gewesen, einen "klugen Konsens" zu finden, da könnte auch Enttäuschung mitgeschwungen sein.

Gleich sieben 17.000-€-Staatssekretäre

Beinhart gefeilscht wird indes um Posten. Auch wenn zumindest bei SPÖ und NEOS noch nicht fix ist, welche Personen letztlich welche Ressorts führen werden, eines steht fest: Die künftige Regierung dürfte richtig teuer werden. Denn Schwarz-Rot-Pink will insgesamt sieben (!) Staatssekretäre installieren. Das wurde "Heute" aus Verhandlerkreisen bestätigt.

Von diesen in Ministerien angesiedelten sieben Staatssekretären sollen ÖVP und SPÖ je drei, die NEOS einen bekommen.

Auf die grundsätzliche Aufteilung der Ministerien haben sich ÖVP-Chef Christian Stocker, SPÖ-Obmann Andreas Babler und NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger wie folgt geeinigt: Die Ampel-Regierung dürfte 13 Ressorts haben – sechs (inklusive Kanzler) gehen an die ÖVP, sechs an die SPÖ, zwei an die Neos – "Heute" berichtete ausführlich.

Zu diesen 14 Regierungsverantwortlichen kommen nun noch die sieben Staatssekretäre. Damit sitzen künftig also 21 Leute auf der Regierungsbank!

Das sind deutlich mehr als zuletzt. Die aus dem Amt scheidende türkis-grüne Regierung hatte ebenfalls 13 Ressorts, aber nur drei Staatssekretäre – bestand also aus 17 Personen.

Die Ampel wird sich die Ressorts wie folgt aufteilen: ÖVP-Chef Christian Stocker wird Bundeskanzler, die Schwarzen stellen weiters den Kanzleramtsminister und die Minister für Wirtschaft (inklusive Energie), Landwirtschaft (inklusive Umwelt), Verteidigung, Inneres.

An die SPÖ geht der Vizekanzler (Andreas Babler), wohl mit der Zuständigkeit für Kultur, Sport, möglicherweise auch Medien. Weiters werden die Roten folgende Ressorts führen: Finanzen, Infrastruktur, Soziales/Gesundheit, Frauen/Wissenschaft/Forschung, Justiz.

Die NEOS werden mit Beate Meinl-Reisinger die Außenministerin stellen, erhalten weiters das Bildungsressort.

Pröll Staatssekretär im Kanzleramt

Die Staatssekretäre sollen laut "Heute"-Informationen folgendermaßen zugeordnet werden: Die ÖVP setzt ihre drei ins Kanzleramt (dort soll in dieser Funktion Partei-General Alexander Pröll einziehen, könnte dann etwa für die Koordinierung und Digitalisierung zuständig sein), ins Finanz- sowie ins Wirtschaftsministerium.

SPÖ holt Verstärkung für Riesenressort

Die SPÖ will zum einen Vizekanzler Babler einen Staatssekretär zur Seite stellen, der oder die einen oder mehrere seiner künftigen Agenden betreut – als Kandidatin gehandelt wird hierfür SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder. Auch im ÖVP-geführten Innenministerium sollen die Roten eine Staatssekretärin bekommen – das könnte Muna Duzdar werden – nachdem es an Bablers Plänen, sie zur Justizministerin zu machen, massive Kritik gegeben hatte.

Schließlich soll auch die gesetzte rote Leiterin für das Mega-Ressort Soziales/Arbeit/Gesundheit eine Staatssekretärin bekommen – ÖBG-Vize Korinna Schumann – kolportiert wird für diese Position die Ärztin Miriam Hufgard-Leitner, die speziell für die Gesundheitsagenden zuständig wäre.

Gastronom Schellhorn für Deregulierung

Für die NEOS soll Gastronom Sepp Schellhorn Staatssekretär im Außenministerium werden, zuständig u.a. für Deregulierung.

17.165 Euro Monatgehalt

Mit den sieben Staatssekretären wird die Ampel-Regierung nicht nur die größte, sondern auch die teuerste. Ein Staatssekretär mit inhaltlichen Zuständigkeiten erhält ein Brutto-Monatsgehalt von 17.165 Euro, 14 Mal. Macht jährlich 240.310 Euro pro Person. Bei sieben Staatssekretären kostet das die Steuerzahler knapp 1,7 Millionen Euro im Jahr.

Zum Vergleich: Die Gehaltskosten für die nur drei Staatssekretäre der letzten Regierung waren um eine Million geringer.

Nicht zu vergessen – Staatssekretäre benötigen einen Büroapparat, haben Pressesprecher, ein Dienstauto, etc. Auch das kostet. Nachdem laut Budgetpfad der Ampel auch in den Ministerien ein harter Sparkurs angesagt ist, darf man gespannt sein, wo die Kürzungen passieren. Allerdings: Im von Blau-Schwarz übernommenen Sparpaket ging es bei den Ministerien ausdrücklich nicht um Personal-, sondern um Sachkosten...

Regierung kostet über 5 Millionen im Jahr

Insgesamt kostet die künftige Regierung also deutlich mehr als zuletzt. Für Kanzler (23.840 Euro/Monat), Vizekanzler (20.979 Euro/Monat) und 12 Minister (je 19.072 Euro/Monat) werden in Summe 268.915 Euro Gehaltskosten pro Monat fällig. Plus die sieben Staatssekretäre (insgesamt 120.155 Euro/Monat) casht die Ampel-Regierung also rund 390.000 Euro pro Monat beziehungsweise knapp 5,5 Millionen Euro im Jahr.

Wohlgemerkt: Das sind nur die Gehälter der künftig 21 Personen auf der Regierungsbank. Ohne Kabinette, Büroapparat, Kommunikationsteams, Dienstautos, etc.

Gerangel um Minister-Jobs

Hinter den Kulissen hat indes auch der Kampf um die begehrten Posten begonnen. Vor allem die prestigeträchtigen Ressorts Infrastruktur und Finanzen sind heiß umkämpft. Wie Insider gegenüber "Heute" berichten, legt sich Parteichef Andreas Babler beim Wiener Wunschkandidaten Alexander Wrabetz quer und hätte gerne AK-Mitarbeiterin Michaela Schmidt als Ressortchefin.

Ebenso ist ihm SPÖ-Niederösterreich-Chef Sven Hergovich, der die Unterstützung von Partei-Ikone Doris Bures genießt, ein Dorn im Auge. Mögliche Alternativen: ÖBB-Vorständin Silvia Angelo oder Babler selbst. Das Riesen-Ressort als Vizekanzler und Parteichef selbst zu führen, sei aber laut Insidern de facto unmöglich. Erste Klarheit könnte das SPÖ-Präsidium Dienstagabend bringen.

Kontinuität bei der ÖVP

Bei der ÖVP läuft die Verteilung der Ministerien hingegen in geordneteren Bahnen ab. Gerhard Karner (Inneres), Klaudia Tanner (Verteidigung) und Norbert Toschnig (Landwirtschaft) behalten ihre Jobs. Die bisherige Staatssekretärin Claudia Plakolm steigt zur Familien- und Jugendministerin auf. Generalsekretär Alexander Pröll wäre Newcomer. Der Wirtschaftsbund kann ein um die Energieagenden aufgewertetes Super-Ministerium vergeben – die besten Chancen haben WKÖ-General Wolfgang Hattmannsdorfer und Steiermarks Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl.

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