100 Jahre Elektrifizierung
Wiens Stadtbahn – Elektrische Ära lässt Wien aufleben
Verfallene Gleise, Gras wucherte – vor 100 Jahren brachte die Elektrifizierung der Stadtbahn Wien Hoffnung und einen Schritt in die Moderne.
Die Wiener Stadtbahn lag am Boden. Nach dem Ersten Weltkrieg waren die Gleise der 1898 eröffneten Bahnstrecke, die einst Soldaten und Kriegsmaterial transportieren sollte, verwaist. Über die Schienen wucherte Gras, die Bahnhöfe verfielen, und der Ruß vergangener Dampflokzeiten schien nur noch ein Mahnmal für alte Fehler. Doch im Jahr 1924 sollte sich alles ändern – "ORF" berichtete.
In einer Stadt, die sich von den Schrecken des Krieges zu erholen versuchte, gab es endlich Hoffnung. Das "Rote Wien" wollte mit großen Bauprojekten nicht nur Arbeitslosigkeit bekämpfen, sondern der Bevölkerung auch neue Perspektiven bieten. Die Stadtbahn sollte elektrifiziert und wiederbelebt werden – ein kühner Plan, der zum Symbol für einen Neuanfang wurde.
"Ein Teil Wiens vom Tode auferstanden"
Nach monatelangen harten Verhandlungen zwischen der sozialdemokratischen Stadregierung und den christlich-sozialen Bundesbahnen konnten im Mai 1924 die Arbeiten in Heilgenstadt beginnen. Die Wiener staunten: Bauarbeiten wurden auf Film festgehalten und die Presse schrieb begeistert vom großen Fortschritt.
Am 3. Juni 1925 war es dann endlich so weit: Bürgermeister Karl Seitz eröffnete den ersten Teil der Strecke unter großem Jubel. Die damals schon existierende "Kronen Zeitung" sprach poetisch davon, dass "ein Teil Wiens vom Tode auferstanden" sei. "Freundliche, fröhliche Tage" sollten für die gebeutelte Stadt anbrechen. Kein Rauch mehr, kein Ruß – die elektrischen Züge symbolisierten Sauberkeit und Fortschritt.
Eine Bahn für Soldaten, nicht für Wiener
Dabei hatte die ursprüngliche Stadtbahn wenig mit moderner Mobilität zu tun. Während Städte wie London, Paris und Berlin längst U-Bahnen gebaut hatten, blieb Wien im Dampfzeitalter stecken. Die Stadtbahn wurde als "Rundherum-Bahn" geplant, um Soldaten und Waffen möglichst schnell von einem Bahnhof zum nächsten zu transportieren. Der Personenverkehr war Nebensache.
Elektrizität? Zu störanfällig im Kriegsfall, entschied das Militär. Doch die Wiener litten unter dieser rückwärtsgewandten Entscheidung: "Die Rauchplage in der Stadt der Lungentuberkulose vergrößerte sich in peinlicher Weise", spottete die Zeitung "Der Abend".
Vom Ruß zur U-Bahn
Mit der Elektrifizierung der Stadtbahn begann ein neues Kapitel für Wien. Doch bis die Stadt eine echte U-Bahn bekam, dauerte es noch Jahrzehnte. Der Zweite Weltkrieg, Geldmangel und autogerechte Stadtplanung verhinderten lange den großen Sprung. Erst 1968 fiel der Gemeinderatsbeschluss für den Bau der U-Bahn – eine Entscheidung, die Wien ins moderne Zeitalter katapultierte.
Die Stadtbahn wurde nach und nach ins U-Bahn-System integriert, alte Stationen wie die von Otto Wagner entpuppten sich als architektonische Juwelen. 17 dieser historischen Stationen sind heute noch erhalten und erinnern an eine bewegte Geschichte.
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Auf den Punkt gebracht
- Vor 100 Jahren brachte die Elektrifizierung der Wiener Stadtbahn Hoffnung und einen Schritt in die Moderne, nachdem die Gleise nach dem Ersten Weltkrieg verfallen waren.
- Die Wiederbelebung der Stadtbahn im Jahr 1924 symbolisierte Sauberkeit und Fortschritt und markierte den Beginn eines neuen Kapitels für Wien, das schließlich zur Integration der Stadtbahn ins U-Bahn-System führte.