Gründerzeithäuser in Gefahr

Wien "reißt Geschichte ab" – Initiativen wehren sich

Wo Geschichte erzählt wird, sollen bald Bagger rollen: Zwei Gründerzeithäuser sollen U-Bahn-Stationen weichen – doch Nostalgiker geben nicht auf.

Christoph Weichsler
Wien "reißt Geschichte ab" – Initiativen wehren sich
Eines der betroffenen Gründerzeithäuser am Elterleinplatz: Bald Geschichte? Initiativen kämpfen gegen den geplanten Abriss.
Screenshot Google Maps

Einst prägten sie das Wiener Stadtbild, nun sollen sie abgerissen werden: Die Gründerzeithäuser am Elterleinplatz 8 und am Währinger Gürtel 41. Zwei prachtvolle Gebäude mit Ornamenten, Stuck und Fassaden.  Doch die Stadt Wien sieht sie offenbar nur als Hindernis auf dem Weg zum Ausbau der U5.

Dagegen wehren sich jetzt die Initiativen Denkmalschutz und Architekturrebellion Austria. Mit einer neuen Petition und einem Einspruch wollen sie die historische Bausubstanz retten. "Diese Häuser stehen für eine Zeit, in der Wien noch Wert auf Schönheit und Charakter legte. Jetzt sollen sie für Beton und Glas geopfert werden," kritisiert Stephan Erath, Sprecher der Initiative.

Alte Pracht weicht moderner Zweckmäßigkeit

Für viele Wiener sind diese Häuser nicht nur Bauten – sie sind Erinnerungen an eine Zeit, die von Eleganz und handwerklicher Kunst geprägt war. Die Fassaden, einst liebevoll gestaltet, erzählen Geschichten von Nachbarn, kleinen Geschäften und einem Wien, das sich Zeit ließ.

Jetzt sollen die Gebäude Platz machen für U-Bahn-Stationen. Die Wiener Linien verteidigen den Abriss mit Notwendigkeiten der Infrastruktur – doch bei vielen bleibt ein bitterer Beigeschmack. "Man kann eine U-Bahn bauen, ohne unsere Geschichte zu zerstören. Diese Gebäude gehören zu Wien wie der Stephansdom," meint ein Unterstützer der Initiative.

Initiativen geben nicht auf

Die erste Petition der Abrissgegner wurde mit einer rechtlich fragwürdigen Begründung abgeschmettert. Die Stadt argumentierte, dass Petitionen nur die Gemeinde selbst betreffen dürfen, nicht die Wiener Linien – obwohl diese zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Wien sind. Doch die Initiativen lassen sich davon nicht entmutigen.

"Wir werden Einspruch erheben und eine neue Petition starten. Diese Häuser dürfen nicht einfach verschwinden," so Erath weiter. Sie fordern von der Stadt, den Abriss zu stoppen und Alternativen zu prüfen. "Man kann auch modern bauen, ohne Altes zu zerstören."

Betroffene kämpfen um ihre Heimat

Neben den Nostalgikern trifft der geplante Abriss vor allem die Mieter der Gebäude. Der Kindergarten Affenschaukel, ein wichtiger Treffpunkt für Familien im Grätzl, sucht verzweifelt nach einem neuen Standort. "Wir müssen hier bleiben, die Eltern sind auf uns angewiesen," erklärt Leiterin Petra Schanz.

Auch eine Friseurin, die seit Jahrzehnten im Haus arbeitet, steht vor dem Nichts. Trotz unbefristeten Vertrags fühlt sie sich regelrecht "enteignet". Ihre Anwältin spricht von hohen Entschädigungsforderungen – doch ob diese durchgesetzt werden können, bleibt fraglich.

Eine Stadt ohne Seele?

Schon seit April 2022 ist der geplante Abriss bekannt, doch die Bevölkerung wurde erst spät informiert. Kritiker werfen der Stadt vor, absichtlich so spät wie möglich gehandelt zu haben, um Proteste zu verhindern.

Für Nostalgiker und Denkmalschützer ist das Maß voll: "Wenn wir weiter so leichtfertig unsere alten Gebäude abreißen, verliert Wien seine Seele," sagt ein Unterstützer der Petition. Die Initiativen hoffen, mit einer neuen Petition und wachsendem öffentlichen Druck die Abrisspläne noch zu stoppen.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Der geplante Abriss zweier Gründerzeithäuser in Wien für den Ausbau der U5 sorgt für heftige Kontroversen.
    • Initiativen wie Denkmalschutz und Architekturrebellion Austria kämpfen mit Petitionen und Einsprüchen gegen den Abriss, um die historische Bausubstanz und das Stadtbild zu bewahren, während die Stadt Wien den Abriss mit infrastrukturellen Notwendigkeiten verteidigt.
    CW
    Akt.