Die Wiener Grünen gehen mit einer klaren Botschaft in die entscheidende Phase des Wahlkampfs. "Wien, nur Mut!", lautet der zentrale Slogan, den die Grünen für ihre Wahlplakate gewählt haben. Spitzenkandidatin und Parteivorsitzende Judith Pühringer appellierte an die Wiener: "Das Wien von heute ist viel, aber selten mutig. Es fehlt der Mut für große Ideen und Projekte. Dieser Befund ist nach fünf Jahren rot-pinker Stadtregierung eine traurige Gewissheit. Für das Wien von morgen müssen wir vor allem eines sein: Mutig."
Wie sie den Neuanfang erfolgreich machen wolle, erklärte Pühringer am späten Montagabend in der "ZiB 2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. "Das kann sich in einem Wahlkampf sehr schnell ändern", so Pühringer dazu, dass die Hälfte der Wähler sie trotz ihrer jahrelangen Tätigkeit in der Politik nicht kennen würden. Sie wolle mit den Menschen über die brennenden Themen reden und sich so bekannt machen, so Pühringer, die Grünen hätten spannende Konzepte, etwa, wie man "die Volksschule ums Eck" wieder zur besten Schule der Stadt machen könne.
Der Aufreger vorweg: Könne mit dem Grünen-Programm eine Flüchtlingsfamilie in Wien dann noch 4.600 Euro netto an Unterstützungen bekommen? "Heute" hatte diesen Fall bekanntlich aufgedeckt.
"Ich verstehe, dass man irritiert ist", so Pühringer, "genau deshalb trete ich ja dafür ein, die Sozialhilfe einheitlich zu regeln. Im Moment ist es ja so, dass wir Höchstsätze geregelt haben." Und wie viel solle eine solche Familie dann bekommen? "Das muss man sich im Detail anschauen", so die Antwort der Grünen, ihr Wunsch sei eine österreichweit einheitliche Regelung "und dass es Mindestsätze gibt und nicht Höchstsätze gibt".
"Klima und Soziales zu verbinden, dafür stehe ich, dafür brenne ich", so die Grüne. Wolf ließ aber nicht locker: Wäre es nicht gescheiter gewesen, einen Bundespolitiker mit Bekanntheit zum Spitzenkandidaten zu machen, vielleicht Ex-Ministerin Alma Zadic, die in Wien die meisten Vorzugsstimmen aller Kandidaten bekommen habe? Zadic sei "eine großartige Justizministerin" gewesen, so Pühringer, "ich trete jetzt an bei der Wien-Wahl, ich trete an als Spitzenkandidatin und ich trete an mit zwei Themen, die mir am Herzen liegen."
"Klima und Soziales zu verbinden" habe sich Pühringer verschrieben, "ich bin überzeugt, dass die Klimakrise die größte soziale Krise unserer Zeit ist", so Pühringer. Ziel sei ja, in Wien die Vizebürgermeisterin zu stellen und mit der SPÖ zu regieren. Doch wie solle das funktionieren, wenn die Grünen aus allen Koalitionen auf Landes- und Bundesebene geflogen seien, mit Ausnahme Burgenland. Wieso sollte SPÖ-Stadtchef Michael Ludwig genau sie als Partnerin nehmen, wenn er auch die Wahl mit NEOS und ÖVP habe?
Im Burgenland habe man "die Trendwende geschafft", so die Grüne, "und genauso gilt das auch für Wien". Ludwig werde der nächste Bürgermeister sein, so die Politikerin, er habe die Wahl. Aber: Mit einer ÖVP gehe es "zurück in eine Beton-Vergangenheit", mit den NEOS gebe es "Stillstand", mit den Grünen dagegen in "eine gute Zukunft", in der das Leben der Wienerinnen und Wiener leichter werde. "Ich glaube, es geht darum zu schauen, was in dieser Stadt gerade ansteht", so Pühringer, "was es jetzt braucht, um die Stadt abzukühlen beispielsweise".
"100.000 neue Bäume in den nächsten fünf Jahren, für jedes neugeborene Kind einen, weil wir diese Bäume als Schutzschilde für die Hitze brauchen", so Pühringer. Man habe zudem "ein Riesen-Bildungsversagen", die NEOS hätten in diesem Bereich "ihre Chance komplett verspielt", kritisierte die Grüne. "Ich bin überzeugt davon, Rot braucht Grün, damit etwas weitergeht in der Stadt." Und machen die Grünen das Aus für den Lobautunnel zur Koalitionsbedingung? Die Entscheidung liege beim Bund und koste sehr viel Geld in einer Zeit der Krise, so die Politikerin.