Gesundheit
Wie wurden die Pocken ausgerottet und warum nur die?
Die Pocken war die erste Krankheit, wogegen ein Impfstoff entwickelt wurde. Sie gilt heute als ausgerottet, doch bleibt sie bisher die Einzige.
Die Pocken hielten sich jahrtausendelang und plagten die Menschheit über mehrere Epochen. Während die meisten Länder der Krankheit machtlos gegenüberstanden, gab es bereits in Indien vor mehr als 2000 Jahren die ersten Immunisierungsversuche, wo man das Pustel-Sekret in Hautschnitte träufelte. Heute gilt die Krankheit als ausgerottet, doch ist dies nur bei den Pocken gelungen. Wir machen eine Zeitreise.
18. Jahrhundert
Bereits damals verstand ein griechischer Mediziner namens Emanuele Timoni sein Handwerk und brachte gesunde Kinder dazu, sich mit einem milden Verlauf der Pocken zu infizieren, da er sie mit bereits erkrankten Kindern mischte. Man nennt dies auch "Inokulation". Viele weitere Ärzte konnten mit Hilfe der Frau eines britischen Botschafters, die ihre eigenen Kinder auf diese Weise immunisierte, überzeugt werden und wendeten diese Methode an.
Kaiserin Maria Theresia
Nicht nur bei der Schulpflicht eine absolute Vorreiterin. Maria Theresia verlor selbst drei ihrer Kinder durch Pocken. Am Wiener Rennweg richtete sie ein "Inokulationshaus" ein, wo sich die Bevölkerung kostenlos mittels "Variolation" impfen lassen konnte. Hierbei wurde man absichtlich mit abgeschwächten, menschlichen Pockenviren angesteckt. Die Todesrate lag hier allerdings bei 0,5 bis 3 Prozent. Die Kaiserin nahm dies aber in Kauf, im Vergleich zu der hohen Todesrate nach einer "normalen" Pockeninfektion von 10 bis 30 Prozent.
Die erste Impfung
Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte der englische Arzt Edward Jenner die erste Impfung mit Kuh-Pocken-Viren. Kuh-Pocken Viren waren für Menschen weitgehend ungefährlich und die Methode verbreitete sich in Windeseile auch in Österreich. Im Jahr 1800 brach die Pokenepidemie aus und in Österreich wurden erstmalig Massenimpfungen durchgeführt. Die Pfarrer predigten "Pro-Impfung" von der Kanzel, Hebammen redeten auf werdene Mütter ein und Kreis- und Wundärzte mussten am Sonntag kostenlos impfen. 1803 war dann ausschließlich die "Vakzination" erlaubt und die anderen Möglichkeiten verboten.
Impfpflicht im 19. Jahrhundert
Die Impfpropaganda funktionierte. Ärzte waren dazu aufgefordert, über die Notwendigkeit aufzuklären und auch genau zu dokumentieren, wer sich nicht impfen lässt. Die Priester wurden verpflichtet, bei Taufen Briefe an die Eltern zu verteilen und ungeimpfte Kinder oder Stipendiaten wurden von öffentlich unentgeltlichen Erziehungs-Instituten ausgeschlossen. Waisenkinder wurden auch alle ausnahmslos auf Kosten des Staates geimpft. Und tatsächlich - die Pocken brachen nur noch aus, wenn sie eingeschleppt wurden.
Kronprinz Rudolf
1886 wurde von Kronprinz Rudolf eine Impfpflicht für Präsenzdiener eingeführt und 1889 auch auf Strafanstalten ausgeweitet. Gerade beim Heer brach durch ein geschwächtes Immunsystem sehr leicht eine Epidemie aus, die Rudolf vermeiden wollte.
Zweiter Weltkrieg
Kurz vor dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges, im Juni 1939 wurde deutsches auch österreichisches Recht und die tatsächliche Impflicht eingeführt, obwohl es in Österreich 1923 in Vorarlberg die letzten 18 Pockenfälle gegeben hatte. Bis 1977 wurde man nicht gefragt, ob man sich impfen lassen wolle - man wurde einfach, meistens im Kindesalter in der Schule, gegen Pocken geimpft. Weltweit zeigte aber der Zwang in diesem Fall durchaus Früchte - wurde der Pockenvirus innerhalb von 130 Jahren komplett ausgerottet.
Zum Vergleich: Die Masern-Impfung gibt es "erst" seit 58 Jahren (1963), doch auch hier können mittlerweile Epidemien durch die Impfung vermieden werden.