Gesundheit
Was sagen Impfreaktionen über den Impfschutz aus?
Impfreaktionen nach der Corona-Impfung können sein, müssen aber nicht. Was das über die Immunantwort aussagt, erklären zwei Experten.
Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Fieber oder bloß ein unwesentlicher Schmerz an der Einstichstelle - das sind die häufigsten Impfreaktionen, die bei frisch Geimpften auftreten. Obwohl unangenehm, sind sie meist nach zwei bis drei Tagen ausgestanden. Andere hingegen spüren gar keine körperliche Reaktion auf die Impfung. Was sagt das über den Impfschutz aus?
"Wenn jemand viele Symptome nach der Impfung hat, bedeutet das nicht automatisch, dass sehr viele Antikörper oder T-Zellen aufgebaut werden. Das gilt natürlich genauso umgekehrt: Man kann auch mit kaum oder sehr wenigen Symptomen eine sehr gute Immunabwehr haben", klärt Prof. Dr. Peter Kremsner, Institutsdirektor des Instituts für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie am Universitätsklinikum Tübingen, auf. Die Impfreaktion sagt also nichts über die Stärke der Immunantwort aus.
Immunantwort nicht vorhersagbar
Wer wie auf die Impfung reagiert, ist nicht vorhersagbar. Laut Kremsner verhalte es sich jedoch umgekehrt zum Corona-Sterberisiko. Demnach entwickeln die ganz Jungen (12- bis 18-Jährigen) mit 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit Impfreaktionen, während es bei den 80-Jährigen in etwa nur 25 Prozent sind.
Das läge an der Immunantwort, die durch die Injektion des Impfstoffes ausgelöst wird. Und diese fiele eben bei ganz jungen Menschen viel deutlicher und stärker aus, weil ihr Immunsystem noch in viel besserer Alarmbereitschaft sei als bei Alten, so Kremsner. Auch Menschen, die aufgrund einer Organtransplantation oder wegen Autoimmunerkrankungen bestimmte Medikamente nehmen, bilden oft einen schwächeren Immunschutz aus. Und schließlich gibt es individuelle Unterschiede, sagt Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, zur Süddeutschen Zeitung.
Grund für Impfreaktionen
Laut Falk ist der Grund für etwaige Impfreaktionen, dass die Impfreaktionen von einem anderen Teil der Körperabwehr ausgelöst werden als der Immunschutz. "Wenn man Fieber, Kopfschmerzen und Schüttelfrost hat, reagiert vornehmlich das angeborene Immunsystem", sagt Christine Falk. Für einen langanhaltenden Schutz gegen das Coronavirus ist aber das erworbene Immunsystem nötig, das keine allgemeine Reaktion des Körpers ist, sondern eine spezifische, direkt auf den Erreger gerichtete. Die Bildung von Antikörpern und speziellen T- und B-Zellen inklusive der Gedächtniszellen gehört zu dieser erworbenen Immunabwehr. "Und die spürt man nicht", sagt Falk.
Antikörper-Test kein verlässliches Instrument
"Antikörperspiegel vor einer Impfung zu messen, halte ich gar nicht für nötig, da wir noch keine Parameter haben, die uns hundertprozentig zuverlässige Auskunft über den Schutz geben können. Man kann auch mit einer guten T-Zellen-Antwort und ohne oder mit sehr geringem Antikörperspiegel ausreichend geschützt sein", auf die Frage, ob ein Antikörper-Test ein Anhaltspunkt für den Immunschutz sei.
Möglicherweise könnten sich die neutralisierenden Antikörper als sehr guter Marker etablieren, meint Kremsner. "Aber noch sind wir nicht so weit. Und solange wir das nicht wissen, würde ich zu keiner Antikörper-Bestimmung raten, da sie nicht verlässlich aussagekräftig ist."