Komplette Finsternis

Warum in Teilen Österreichs die Lichter ausgehen

22 Gemeinden haben sich dem Schutz der Dunkelheit verschrieben und wollen künftig Österreichs größtes Naturnachtgebiet bilden. Wozu das Ganze?
Bernd Watzka
27.03.2025, 16:36

Der Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich ist eine der letzten Regionen Europas, in denen der Blick in den Nachthimmel noch völlig frei von Lichtverschmutzung ist. Damit das so bleibt, wurde ein spannendes Projekt gegen Lichtverschmutzung ins Leben gerufen.

22 Gemeinden aus Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark haben sich zusammengetan, Laternen umgerüstet, Lichter gedimmt und Gebäudebeleuchtungen reduziert, wie der ORF berichtet.

Größtes Naturnachtgebiet Österreichs

Das künftig größte Naturnachtgebiet Österreichs soll neben dem Nationalpark Kalkalpen auch das beliebte Gesäuse, die Eisenwurzen-Naturparks, Ötscher-Tormäuer sowie das einzigartige Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal umfassen.

Sternderl schauen: Nachtstimmung im Gesäuse.
Andi Hollinger

Freier Blick auf die Milchstraße

In Europa lebt nur noch weniger als 1 Prozent der Bevölkerung unter einem Nachthimmel ganz ohne Lichtverschmutzung. Mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung kann die Milchstraße nicht mehr sehen, zeigt der Atlas der Lichtverschmutzung.

Lichtverschmutzung nimmt zu

Im europäischen Ländervergleich gehört der Nachthimmel in Österreich noch zu den dunkelsten, das ist auf die geringe Bevölkerungsdichte zurückzuführen. Die Alpen umfassen gut zwei Drittel des Staatsgebiets.

Dennoch steigt die Lichtverschmutzung auch hierzulande an – selbst in den dünn besiedelten Naturparks. Satelliten-Daten zeigten, dass die Lichtverschmutzung dort in elf Jahren um knapp 50 Prozent zunahm.

Fauna und Flora im fatalen Lichtkegel

"Lichtverschmutzung ist eine der meist unterschätzten Umweltgefahren, die wir aktuell haben", ist sich Astrophysiker Stefan Wallner von der Universität Wien sicher. Aus der Tier- und Pflanzenwelt sind zahlreiche Beispiele für Folgen der Lichtverschmutzung bekannt.

Zugvögel verlieren Orientierung

Künstliches Licht in der Nacht sorgt dafür, dass Zugvögel ihre Orientierung verlieren und Insekten an Laternen verenden. Singvögel beginnen früher zu brüten, frisch geschlüpfte Schildkröten orientieren sich am Licht der Städte, anstatt sich vom Strand ins Meer zu bewegen.

Bäume verlieren im Herbst später ihre Blätter, dadurch fehlt es ihnen an vor Kälte schützendem Laub auf dem Boden. Lampen und Leuchten mit hohem Blauanteil und somit kaltweißem Licht gelten als besonders problematisch.

Nächtliches Licht gesundheitsgefährdend

Auch der Mensch bekommt die Lichtverschmutzung zu spüren. "Evolutionär betrachtet war es bis vor gar nicht allzu langer Zeit nicht möglich, nachts Helligkeit herzustellen", sagt die Medizinerin Eva Schernhammer.

Der Mensch sei "evolutionär darauf abgestellt", dass es untertags hell ist und in der Nacht dunkel. "Wenn man dieses Verhältnis stört, kann das durchaus Gesundheitsprobleme für den Menschen verursachen", so Schernhammer.

Biorhythmus braucht nächtliche Dunkelheit

Praktisch alle menschlichen Körperfunktionen folgen einem 24-Stunden-Rhythmus und einem Schlaf-Wach-Zyklus. "Indem man in der Nacht dem Körper das falsche Signal gibt – es ist hell, es ist Tag – bringt das dieses System durcheinander", sagt Schernhammer.

Gesundheits-Risiken durch nächtliches Licht: Hemmung der Melatonin-Ausschüttung und in der Folge Schlafprobleme, chronische Erkrankungen, Schwächung des Immunsystems sowie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Depressionen und Krebserkrankungen.

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