Gesundheit
Teile von Coronavirus im menschlichen Erbgut entdeckt
Eine Studie liefert eine neue Antwort auf eine alte Frage: Warum Corona-Patienten noch nach Monaten positiv getestet werden.
Manchmal kommt es vor, dass Coronavirus-Patienten Monate nach einer Infektion noch positiv sind. Bislang ging die Forschung davon aus, dass es in seltenen Fällen zu einer erneuten Ansteckung mit dem Erreger kommen kann. Doch es gibt eine alternative Erklärung für das Geschehen. Eine Studie bietet erstmals Hinweise darauf, dass sich Teile der RNA des Coronavirus im Erbgut menschlicher Zellen einschleusen.
Forscher um Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge, Massachusetts, haben Hinweise darauf gefunden, dass sich die Virus-RNA in DNA umschreibt und so in unser Erbgut gelangt. Diese ruhenden Virussequenzen könnten für positive Testergebnisse verantwortlich sein.
Der deutsch-US-amerikanische Molekularbiologe hat in einer noch nicht begutachteten Studie folgende Ergebnisse präsentiert: In RNA-Sequenzdaten von Corona-Patienten finden sich Moleküle, die sowohl menschlichen Ursprungs sind als auch Anteile aufweisen, die vom Coronavirus stammen. Dabei entstünden keine infektiösen Viren. Wie Jaenisch vermutet, komme hier lediglich ein uralter Anpassungsmechanismus zum Vorschein. 20 Prozent des menschlichen Erbguts bestehe aus Resten von Retrovirus-Infektionen.
Polarisierende Publikation
Die auf dem Preprintserver „bioRxiv“ veröffentlichte Studie sorgte in der Fachgemeinde bereits für Aufsehen. Der Molekularbiologe Markus Walter kritisiert, dass auf einen anderen Faktor vergessen worden sei. Die RNA-Moleküle könnten nämlich auch bei der ganz normalen Vermehrung des Coronavirus durch Fusion mit menschlicher mRNA entstanden sein. David Baltimore vom California Institute of Technology bezeichnet die Studie gegenüber „Science“ als „überraschend" und "beeindruckend“. Sollte sich die Hypothese verifizieren, würde das eine neue Frage aufwerfen. Die RNA des Impfstoffes könnte auch auf diese Weise in die Zellen gelangen. Ein infektiöses Virus würde daraus jedoch nicht entstehen.