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Versunkene Millionenstadt der Maya entdeckt

Jahrhundertelang lag in Guatemala ein riesiges Netzwerk von alten Maya-Stätten verborgen. Nun kamen 60'000 bisher unbekannte Bauten ans Licht.

Heute Redaktion
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In Zentralamerika haben Archäologen mithilfe moderner Laser-Technologie eine Maya-Siedlung von bisher unbekannter Größe aufgespürt. Die Entdeckung deutet auf eine Zivilisation hin, die viel komplexer und vernetzter war, als es die Maya-Forschung bisher angenommen hatte.

Die Wissenschaftler nutzten eine Technologie namens "Lidar". Wie beim Radar können mit Lidar dem Auge verborgene Objekte sichtbar gemacht werden. Statt Radiowellen kommen dabei Laserstrahlen zum Einsatz. Auf diese Weise entfernten die Forscher sozusagen virtuell das Blätterdach des Regenwaldes, wodurch ein Blick auf eine verborgene Welt möglich wurde.

2.100 Quadratkilometer untersucht

Was die Forscher zu sehen bekamen, war ein Siedlungsraum, der sie in seiner Weitläufigkeit überraschte. Thomas Garrison, Archäologe am Ithaca College im US-Bundesstaat New York, sagte zu "National Geographic": "Die Lidar-Bilder zeigen deutlich, dass die gesamte Region ein Siedlungssystem war, dessen Größe und Bevölkerung bisher massiv unterschätzt wurde."

Die über 60.000 bisher unbekannten Bauten umfassen Häuser, Paläste, Befestigungen und erhöhte Verkehrswege. Sie bildeten eine Reihe miteinander verbundener Städte. Das untersuchte Gebiet erstreckt sich über 2.100 Quadratkilometer rund um die alte Stadt Tikal im nördlichen Guatemala.

Aufgrund der neuen Befunde haben die Archäologen bisherige Schätzungen zur Mayabevölkerung nach oben korrigiert. Zu ihrer Blütezeit dürfte die Maya-Zivilisation demnach nicht wie bisher angenommen ungefähr 5 Millionen Menschen umfasst haben, sondern 15 Millionen oder mehr. Laut den Forschern deutet die Komplexität der Siedlungen auf eine fortgeschrittene Zivilisation hin, die mit jenen des alten Griechenland oder Chinas verglichen werden kann.

Hochentwickelte Zivilisation auch in den Tropen

Die neuen Entdeckungen räumen auch mit dem Vorurteil auf, dass sich in den Tropen keine hochentwickelten Gesellschaften hätten bilden können. Marcello Canuto, Archäologe an der Tulane University in New Orleans, erklärt: "Wir haben diese vorgefasste Meinung im Westen, dass komplexe Zivilisationen in den Tropen nicht gedeihen können, dass die Tropen eine Gegend sind, wohin Zivilisationen zum Sterben ziehen. Doch mit den neuen Ergebnissen der Lidar-Untersuchungen in Zentralamerika und jenen von Angkor Wat in Kambodscha müssen wir in Betracht ziehen, dass in der Tat vielschichtige Gesellschaften in den Tropen entstanden sind und sich von dort ausbreiteten."

Die Forscher hoffen nun, noch viele weitere unentdeckte Städte im Dschungel zu finden. "In den Vermessungsdaten tauchen ganze Städte auf, von denen wir noch nie gehört haben", sagt Francisco Estrada-Belli, Archäologe von der Universität Boston. "Wir müssen noch 20.000 Quadratkilometer erforschen – und es wird garantiert noch Hunderte von Städten geben, von denen wir bisher noch nichts wissen."

Ein Dokumentarfilm zu den Forschungsergebnissen wird am Dienstag, 6. Februar, um 20.10 Uhr unter dem Titel "Im Reich des Schlangen-königs" auf dem TV-Sender National Geographic ausgestrahlt.

(jcg)