Gesundheit

Ursache für plötzlichen Kindstod entdeckt

Australische Wissenschaftler identifizierten jetzt ein Enzym, das manche Babys im Schlaf anfällig macht. Das könnte ihnen in Zukunft das Leben retten.

Sabine Primes
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Das Enzym Butyrylcholinesterase (BChE) könnte der Schlüssel sein. 
Das Enzym Butyrylcholinesterase (BChE) könnte der Schlüssel sein. 
Getty Images/iStockphoto

Ein Durchbruch in der medizinischen Forschung könnte gerade das Rätsel des plötzlichen Kindstods (SIDS) gelöst haben. Forscher des Kinderkrankenhauses in Westmead (Australien) haben den ersten biochemischen Marker identifiziert, der helfen könnte, Babys mit einem höheren Risiko für plötzlichen Kindstod rechtzeitig zu erkennen.

Als plötzlichen Kindstod oder plötzlichen Säuglingstod (im Englischen als SIDS bezeichnet: Sudden Infant Death Syndrome) bezeichnet man das unerwartete, plötzliche Versterben eines Säuglings vor seinem ersten Geburtstag – ohne erkennbare Ursache. Anzeichen oder Warnzeichen lassen sich dabei ebenso wenig finden wie auslösende Umstände. Allerdings gibt es einige Maßnahmen, die das Risiko für ein SIDS senken. Als Gedächtnisstütze gelzen nach der derzeitigen lehrmeinung die „3 R“: Rückenlage zum Schlafen, Richtiges Bett, Rauchfreie Umgebung.

Mangel des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE)

Im Rahmen der Studie, die im Lancet eBio Medicine veröffentlicht wurde, analysierten die Forscher 722 Blutproben von Säuglingen, die entweder an SIDS oder einer anderen Ursache starben sowie von gesunden Säuglingen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Spiegel des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE) bei Babys, die später an SIDS starben, deutlich niedriger waren als bei den lebenden Kontrollpersonen und anderen verstorbenen Säuglingen, sagte die Hauptautorin Dr. Carmel Harrington.

BChE spielt eine wichtige Rolle in der Erregungsleitung des Gehirns, und die Forscher glauben, dass sein Mangel wahrscheinlich auf ein Erregungsdefizit hinweist. Das verringert die Fähigkeit des Säuglings, zu erwachen oder auf die äußere Umstände zu reagieren, was zu einer Anfälligkeit für SIDS führt. "Babys haben einen sehr wirksamen Mechanismus, um uns mitzuteilen, wenn ihnen etwas fehlt. Wenn ein Baby mit einer lebensbedrohlichen Situation konfrontiert ist, wie z.B. Atemprobleme während des Schlafs, weil es auf dem Bauch liegt, wird es normalerweise wach und schreit. Diese Forschungsergebnisse zeigen, dass manche Babys nicht so stark auf Erregung reagieren", so Dr. Harrington. "Dies wurde schon lange vermutet, aber bisher wussten wir nicht, was die Ursache für die fehlende Erregung ist. Jetzt, da wir wissen, dass BChE eine Rolle spielt, können wir SIDS der Vergangenheit angehören lassen."

Endlich Antworten und Handlungsmöglichkeit

Nachdem Carmel Harrington ihren Sohn durch SIDS verloren hatte, widmete sie ihre Karriere der Suche nach Antworten auf diese Krankheit. "Diese Entdeckung hat die Möglichkeit eröffnet, einzugreifen, und gibt den Eltern, die ihre Kinder auf so tragische Weise verloren haben, endlich Antworten. Diese Familien können nun mit der Gewissheit leben, dass es nicht ihre Schuld war." Die nächsten Schritte für die Forscher sind die Einführung des BChE-Biomarkers in das Neugeborenen-Screening und die Entwicklung spezifischer Interventionen zur Behandlung des Enzymmangels.