Spiele-Test
"Truck & Logistics Simulator" kommt erst in die Gänge
Der "Truck & Logistics Simulator" für PC hat den Early Access auf Steam verlassen. Die Simulation spielt sich spannend, aber zu tun gibt es noch viel.
Der "Truck & Logistics Simulator" will kein gewöhnlicher Simulator sein. Zwar stellt das Game virtuell das Beladen von Fahrzeugen, den Transport von Waren und die Organisation von Lieferungen nach, tut das aber nicht (nur) als Einzelspieler-Erlebnis, sondern je Spielwelt mit bis zu 24 Spielern plattformübergreifend im Multiplayer. Während das Game aus den Häusern Simula Games und Aerosoft auf Steam für PC gerade den Early Access verlässt, startet es in seiner "finalen" Form zeitgleich auch auf PlayStation 4 und 5 sowie Xbox One und Series X|S. Und die PC-Version zeigt sich im Test als zweischneidiges Schwert – spannend als Early-Access-Titel, aber unfertig als Launch-Fassung.
So ist die Auswahl egal bei welchem Thema mehr als überschaubar. Die Benutzeroberfläche ist sehr simpel gehalten, die Wahl des Fahrzeugs aufgrund eingeschränkter Anzahl und Anpassungsmöglichkeiten schnell erledigt und die Anzahl an spielbaren Karten eher vernachlässigbar, da sich alle immens gleichen. Abwechslung gibt es da fast nur durch die Größe des gewählten Fahrzeugs, die bestimmt, welche Aufgaben man übernehmen darf. Das Prinzip: So kurvt man entweder mit Paketen in einem Kleinlaster herum oder liefert gleich mehrere Autos mit einem Riesen-Brummi aus. Doch auch diese Auswahl an "Missionen" zeigt sich letztlich eingeschränkter als geglaubt.
Beeindruckende Grafik – aber nicht überall
Egal, anfangs kann man sich sowieso nur eines der kleineren Fahrzeuge leisten, bis man mit diesen Tätigkeiten erfüllt und Spielgeld eingenommen hat. Aber auch die Aufgaben sind nicht wirklich in die Spielwelt im Rahmen einer Handlung oder "natürlichen" Geschehnissen eingebunden, sondern erfolgen auch unspektakuläre Weise. So werden die annehmbaren Auslieferungs-Jobs nur als farbige Punkte auf der Minimap angezeigt – und vor Ort angekommen fährt man auch nur ein farbiges Feld an, um den Auftrag zu aktivieren. Tut man dies, öffnet sich eine lange Liste, in der man alle verfügbaren Jobs und auch jene gefiltert sieht, die man mit dem eigenen Fahrzeug erledigen kann.
Doch in der Simulation ist nicht alles schlecht. So beeindruckt zum Start mal direkt die Grafik und der Detailreichtum: In unserem Startbereich steht unser Lieferwagen vor einer Graffiti-verzierten Mauer, am Boden sind Risse im Asphalt zu sehen, im Fahrzeug sitzt auch realistisch dargestellt unsere Spielfigur, Sitzposition, Sitze und Co. können sogar eingestellt und angepasst werden und am Horizont schieben sich dichte Wolken hinter beeindruckenden Bergen hervor. Aber: Das ist nicht überall so, denn weite Teile der Spielwelt wirken karg, leer und lieblos, einige Flächen sind Pixelmatsch. Würde der gute Eindruck durchgezogen, es wäre eine der schönsten Sims überhaupt.
Viele Möglichkeiten, viele ungenutzte Chancen
Wiederum Lob gibt es dafür, wie realistisch die Simulation die Abarbeitung eines Auftrags anlegt. Hier muss der Spieler selbst Hand anlegen und Paletten per Gabelstapler ins Fahrzeug laden oder die Neuwägen einzeln auf den Hänger des Sattelschleppers fahren. Beim Ausliefern selbst darf man zwischen Third-Person- und Cockpit-Perspektive wechseln, die Fahrzeug-Armaturen wirken dabei detailreich und realistisch. Und: Sogar Blinker und Lichter an Fahrzeugen und Anhängern funktionieren. Gesteuert wird die PC-Version mit Maus und Tastatur mit recht wenigen Tasten-Eingaben, Besitzer von Lenkrädern können aber auch diese nutzen und sogar zu einer manuellen Gangschaltung wechseln.
Cool gemacht: Es gibt ein beeindruckendes Schadensmodell: Knallt man gegen eine Laterne oder eine Leitplanke, zeigt sich nicht nur ein fetter Blechschaden am Fahrzeug, sondern je nach Schadensstelle zieht auch der Wagen beim Geradeausfahren in eine Richtung. Wer Schäden reparieren lassen will, fährt eine Tankstelle mit angeschlossenem Reparatur-Shop an und zahlt die Kosten – die sind recht niedrig und bewegen sich im Bereich einer Tankfüllung. Liefert man die geladenen Waren ab, sackt man Spielgeld und Erfahrungspunkte ein. Mit diesen Belohnungen schaltet man sich neue Fahrzeuge frei und passt die bereits erworbenen beispielsweise mit neuen Lackierungen an.
Langzeit-Motivation ist aktuell mehr als fraglich
Schade: Die Langzeitmotivation leidet! Es gibt bisher in "Truck & Logistics Simulator" keinerlei Kampagne, keine neuen Spielwelten neben der einen, großen Karte zu entdecken und auch keinerlei Kommunikation mit Auftraggebern oder Bürgern. Das sind ebenso verpasste Chancen wie das Fehlen einer Karriere-Möglichkeit – etwa, sich ein Liefer-Business aufbauen zu können und damit Management-Mechanismen ins Spiel zu bringen. Wie lange der Spielspaß anhält, wenn man nur Auftrag um Auftrag annimmt und Ware um Ware ausliefert, sei dahingestellt. Vielleicht hätten die Macher den dreijährigen Early Access noch etwas verlängern sollen, denn beim Inhalt wirkt das Game noch unfertig.
Es ist ein etwas seltsames Erlebnis, den "Truck & Logistics Simulator" zu testen, denn immer wieder blitzt die Genialität des Games auf, während es an anderer Stelle leer wirkt. Die Fahrphysik ist toll, die Grafik meist hübsch anzusehen, wo es etwas in der Welt zu sehen gibt, wurde an große Details wie Sonnenuntergänge und kleinste Details wie Fahrrillen und Blitzer gedacht. Acht Fahrzeuge, vom normalen Auto bis zum Monster Truck, darf man herumfahren, sie steuern sich komplett unterschiedlich und öffnen den Weg zu jeweils eigenen Aufgaben. Und auch technisch macht das Spiel wenig falsch – die Steuerung ist simpel, das Gameplay läuft butterweich und flüssig über den Schirm.
"Truck & Logistics Simulator" kommt erst in die Gänge
Nicht ganz so mitreißend ist dagegen, dass der Großteil der Fahrzeuge gleich oder sehr, sehr ähnlich klingt – und der Klang nichts mit einem echten Motor zu tun hat. Und auch sonst ist die Klang-Kulisse wenig spektakulär. Ähnliches zeigt sich bei der Stadt, die im Spiel übrigens nicht einmal einen Namen hat – gestaltet sind die Bezirke vom Industriegebiet bis zum Hafen teils sehr schön, für Straßennamen, Plätze und Co. hat es aber bisher nicht gereicht. Sensationelle Ideen wohin man schaut, enttäuschende Umsetzung folgt aber ebenfalls oft auf den Fuß: So darf man am Straßenrand anhalten und den Tag-Nacht-Wechsel bestaunen, wechselndes Wetter wie Regen gibt es aber dennoch nie.
Auch Fußgänger trifft man in der namenlosen Stadt nicht, dafür aber wiederum zahlreiche andere Fahrzeuge, deren KI gar nicht mal schlecht ist. Die Liste an Dingen, die eigentlich cool und sehenswert sind, ist lange, zu Ende gedacht (und vor allem gemacht) wirkt aber bisher nicht sehr viel. Gehofft werden darf zumindest darauf, dass die Entwickler auch in der Launch-Version weiter am Ball bleiben und diese Probleme (aber auch Chancen) angehen. In einem ersten Schritt sollte zumindest an der Langzeit-Motivation gefeilt werden, denn die haben bisher wohl nur eingefleischte Simulations-Fans. Letztlich wirkt das Fazit so: "Truck & Logistics Simulator" kommt erst in die Gänge. Hoffentlich.