Gesundheit

Totimpfstoff kommt – was wir bisher über Novavax wissen

Die WHO und die EU-Behörde EMA empfehlen die Zulassung des ersten Totimpfstoffes gegen das Coronavirus. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Christine Scharfetter
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Der Corona-Impfstoff des US-amerikanischen Herstellers Novavax ist zwar kein Totimpfstoff im klassischen Sinne, enthält aber keine lebenden Viren.
Der Corona-Impfstoff des US-amerikanischen Herstellers Novavax ist zwar kein Totimpfstoff im klassischen Sinne, enthält aber keine lebenden Viren.
Frank Hoermann / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Nuvaxovid ist der erste Proteinimpfstoff, der im Kampf gegen das Coronavirus in der EU eine Zulassung erhält. Dafür sprach sich die Weltgesundheitsorganisation WHO am Montag aus. Österreich hat sich angeblich bereits 1,9 Millionen Dosen gesichert. Auch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat inzwischen grünes Licht gegeben. Die EMA-Experten bewerteten im Prüfverfahren Studien zur Wirkung und Risiken.

Dabei wird das Vakzin NVX-CoV2373 des US-amerikanischen Herstellers Novavax oft fälschlicherweise als Totimpfstoff bezeichnet. Warum er nicht der klassischen Definition entspricht, warum viele Ungeimpfte auf die Zulassung gewartet haben und was er tatsächlich kann:

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    Blick in das Labor des Biotech-Unternehmen Mabion in Polen. Unter anderem hier wird das Novavax-Corona-Vakzin hergestellt.
    Blick in das Labor des Biotech-Unternehmen Mabion in Polen. Unter anderem hier wird das Novavax-Corona-Vakzin hergestellt.
    Newspix / EXPA / picturedesk.com

     Wie funktioniert der Novavax-Impfstoff?

    Viele derzeit noch Ungeimpfte misstrauen der mRNA-Technologie, auf der die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer beruhen. Sie vertrauen aus einem ganz bestimmten Grund auf die klassische Technologie: "Der Impfstoff enthält keinerlei lebende Viren", erklärt Virologe Norbert Nowotny im "Heute"-Gespräch. Das Vakzin enthalte im Gegensatz zu den mRNA-Impfstoffen abgetötete Bestandteile des Coronavirus, führt Virologin Monika Redlberger-Ritz weiter aus.

    Das entscheidende Spike-Protein des Virus – "das sind die Stacheln, mit denen Corona an Körperzellen andockt" – werde im Labor gentechnisch erzeugt, so Nowotny. Dieses Spike-Protein, ein Eiweiß, werde dann mit einem Adjuvans, einem Wirkstoffverstärker, verimpft. "Das abgetötete Virus allein würde nicht zur erwünschten Immunreaktion führen."

    Damit handelt es sich bei Novavax eigentlich um einen Proteinimpfstoff. Denn bei einem klassischen Totimpfstoff wird "das ganze Corona-Virus in Zellkulturen vermehrt, chemisch abgetötet, gereinigt und dann mit einem Adjuvans, einem Wirkstoffverstärker, versehen."

     Wie ist die Wirksamkeit einzuschätzen?

    Erste Studien würden gut aussehen, sagt Novotny. Allerdings gebe es noch keine Studien mit der Delta-Variante –geschweige denn mit Omikron. Seine Kollegin möchte sich dazu hingegen noch nicht äußern: "Dazu muss ich erst die etwa 170 Seiten, die mit der Zulassung veröffentlicht wurden, einsehen."

    In einer Zulassungsstudie von Novavax lag die Wirksamkeit in Bezug auf Erkrankungen bei 90 Prozent. Das bedeutet, unter den Probanden der geimpften Gruppe traten 90 Prozent weniger Erkrankungen auf als unter den Probanden einer Kontrollgruppe. Allerdings beziehen sich die Ergebnisse auf die Alpha-Variante, die in Österreich so gut wie vollständig von Delta verdrängt wurde. Zudem dürfte laut Experten bald die neue Variante Omikron das Infektionsgeschehen beeinflussen.

    Novotny dazu: "Über die Wirkung der Impfstoffe bei Delta oder Omikron wissen wir noch so gut wie nichts." Aktuell testet Novavax erst die Wirksamkeit des Impfstoffes gegen Omikron und hat angekündigt, bereits erste Schritte zur Herstellung einer angepassten Impfstoffvariante gesetzt zu haben.

     Ist bei Nuvaxovid mit ähnlichen Reaktionen wie bei den mRNA-Vakzinen zu rechnen?

    Bei den mRNA- und Vektorimpfstoffen sah man erst in der Praxis sehr seltene Nebenwirkungen wie Thrombosen, milde Herzmuskelentzündungen bei männlichen Jugendlichen bei mRNA-Impfstoffen oder seltene schwere allergische Reaktionen. Solche Daten gibt es aus der Anwendung von Novavax noch nicht. Da diese Art von Impfstoffen allerdings bereits millionenfach erprobt ist, geht man nicht davon aus.

    Auch die Impfreaktionen mit Kopfschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit werden wahrscheinlich eher gering ausfallen, mutmaßt Redlberger-Fritz.

     Kann nach einem mRNA- oder Vektorimpfstoff das Vakzin von Novavax verimpft werden?

    Grundsätzlich spricht nichts dagegen, bestätigt Redlberger-Fritz, die auch Mitglied des nationalen Impfgremiums in Österreich ist. Aktuelle Daten zeigen, dass ein Booster mit Novavax zwar keine bessere Immunantwort liefert, jedoch ein ungefähr vergleichbar gutes Ergebnis.

     Wie oft muss mit Novavax geimpft werden?

    "Da braucht man genauso eine zweimalige Impfung zur Grundimmunisierung und danach eine dritte. Die Frequenz der Impfung ist genauso wie bei den anderen Impfstoffen", sagt Novotny.

     Wird Novavax schon irgendwo eingesetzt?

    Zugelassen wurde der Impfstoff vor der EU bisher nur in Indonesien und auf den Philippinen. In den USA wurde noch kein Antrag auf eine Notfallzulassung gestellt, das solle aber noch heuer der Fall sein.

     Wann ist mit dem Totimpfstoff von Valneva zu rechnen?

    Aktuell wird nicht vor dem Frühjahr 2022 mit ein Zulassung des Valneva-Vakzins gerechnet. Bei dem Impfstoff handelt es sich tatsächlich um einen klassischen Totimpfstoff. Er enthält für die Immunisierung abgetötete Bestandteile des Coronavirus. Damit nutzt er eine ähnliche Technologie wie klassische Grippe-Impfstoffe.