"Vor allem zwei Gruppen"

Syrerin ortet nicht zu unterschätzende Rückkehrer-Zahl

Das Assad-Regime in Syrien brach zusammen, Rebellen haben das Land übernommen. Die ÖVP will deshalb Syrer abschieben – eine Expertin nimmt Stellung.

Syrerin ortet nicht zu unterschätzende Rückkehrer-Zahl
Die syrische Studienautorin Samar Albaradan nahm zu Abschiebungen nach Syrien Stellung.
Reuters/Screenshot ORF/ Montage: Heute

Ende November 2024 flammte der Bürgerkrieg in Syrien wieder auf. Und dann ging alles ganz schnell: Jihadistische Gruppierungen haben die Städte Aleppo, Hama, Homs und Damaskus eingenommen. Der entmachtete Präsident Baschar al-Assad verließ die Hauptstadt Damaskus. Russischen Medien zufolge befindet er sich in Moskau.

Mit Blick auf die Machtübernahme der überwiegend islamistischen Rebellen in Syrien herrscht Besorgnis – "Sie müssen die Rechtsstaatlichkeit wahren, Zivilisten schützen und religiöse Minderheiten respektieren", forderte Nato-Generalsekretär Mark Rutte auf.

Kanzler Nehammer drängt auf Rückführungen

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) drängt nach dem Sturz von Machthaber Assad auf eine gemeinsame EU-Strategie zur Rückführung syrischer Flüchtlinge, wie die "Welt" berichtet. Nehammer betont, dass Europa eine "umfassende Syrien-Strategie" benötige, die nicht nur die "Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas" vorsehe, sondern den Menschen in Syrien "eine Perspektive in ihrer Heimat" ermögliche.

Der Sturz des Assad-Regimes solle als Chance begriffen werden, um Syrien zu stabilisieren und den Wiederaufbau von Infrastruktur und Demokratie voranzutreiben. Nehammer verweist auf Prognosen der Vereinten Nationen, wonach bis Mitte 2025 rund eine Million syrische Flüchtlinge, vor allem aus der Türkei, in ihre Heimat zurückkehren könnten. Österreich kooperiere dabei eng mit ähnlich gesinnten Staaten wie Italien, den Niederlanden und Dänemark, um einen Kurswechsel in der europäischen Asylpolitik zu fördern.

Nach 13 Jahren! HTS-Rebellen stürzen Assad in Syrien

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    Nach dem Sturz der Regierung von Machthaber Assad besetzen die Menschen einen Panzer im Zentrum der Hauptstadt Damaskus.
    Nach dem Sturz der Regierung von Machthaber Assad besetzen die Menschen einen Panzer im Zentrum der Hauptstadt Damaskus.
    - / AFP / picturedesk.com

    Eine Expertin ordnet ein

    Die bärtigen Islamisten der Hayat Tharir al Sham (HTS) patrouillieren aktuell bewaffnet auf den Straßen Syriens. Die neuen Machthaber versprechen, das Land in eine neue Zukunft zu führen. Sie sind derzeit auf Schmusekurs mit der Bevölkerung, haben offenbar die Kirchen in den Christenvierteln von Damaskus angewiesen, ihre Glocken zu läuten. In Syrien sollen die Religionen nebeneinander friedlich existieren, man baue mit allen zusammen ein neues Land auf, heißt es. Marienstatuen in den Straßen sind unangetastet, Frauen spazieren weiter ohne Kopftuch.

    Also alles bereit für Rückführungen und Abschiebungen nach Syrien, auch aus Österreich? Dazu nahm am späten Mittwochabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer die syrische Studienautorin Samar Albaradan Stellung. Seien die Hoffnungen überzogen, dass viele Syrerinnen und Syrer nun aus Österreich nach Syrien zurückgehen würden? "Man kann das nicht pauschal beantworten für alle Gruppen", so Albaradan, nach ihrer Einschätzung gebe es aber wohl eine "nicht zu unterschätzende" Zahl, die bereit dazu sei.

    "Die Botschaft ist angekommen"

    Das Problem sei die Ungewissheit, wie sich die Lage in Syrien weiterentwickeln würde, so Albaradan. Vor allem zwei Gruppen könnten aber aus Österreich nach Syrien zurückkehren, so die in der Community vernetzte Autorin: Jene, die sich bei Integration und Arbeitssuche schwergetan hätten, aber auch jene, die in Österreich studiert und gearbeitet hätten, nun aber einen Beitrag zum Wiederaufbau Syriens leisten wollen würden.

    Kein Anreiz, Österreich zu verlassen, sei dagegen Geld, so die Expertin – bekanntlich vergibt das Innenministerium 1.000 Euro für den "neuen Start" an freiwillige Rückkehrer. Das Geld bringe niemanden dazu, Österreich zu verlassen, so Albaradan, es sei aber eine Hilfe für jene Personen, die ihre Rückkehrentscheidung bereits getroffen hätten. Ob abseits davon bereits Aberkennungsverfahren laufen würden, davon wisse Albaradan bisher nichts. Aber: "Die Botschaft ist angekommen", so die Expertin, es gebe Angst in der Community, dass es nun ganz schnell gehen könnte.

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      Tausende Syrer marschierten am 8. Dezember 2024 über den Ring.
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      Leserreporter

      "Österreich ist meine Heimat"

      Wie nehme man eigentlich die HTS in Österreich wahr? Sie habe "eine Vergangenheit, die nicht so erfreulich ist, eine islamistische Vergangenheit", so Albaradan. Man müsse sie nun an ihren Taten, nicht an ihren Versprechungen messen, hieß es – und es gebe beunruhigende Nachrichten von sexistischen Einstellungen, aber auch sehr viele politische Bewegungen, die jetzt entstehen würden, "ich bin optimistisch".

      Sie selbst überlege ebenfalls, nach Syrien zurückzukehren, gestand Albaradan, allerdings nicht dauerhaft, sondern für ein paar Jahre und wenn sie eine Arbeitsstelle finde, in der sie sich sinnvoll einbringen könne. Sie habe Jus in Österreich studiert und abgeschlossen, "tatsächlich fühle ich mich Österreich zugehörig", so Albaradan. "Österreich ist meine Heimat, ich glaube ich würde zurückkehren nach Österreich."

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        Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View

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        Auf den Punkt gebracht

        • Der Bürgerkrieg in Syrien ist Ende November 2024 erneut aufgeflammt, und jihadistische Gruppierungen haben schnell die Kontrolle über mehrere Städte übernommen, was zur Flucht von Präsident Baschar al-Assad nach Moskau führte.
        • In Reaktion darauf hat Österreich alle laufenden syrischen Asylanträge ausgesetzt, während Experten wie Peter Neumann die instabile Sicherheitslage und die komplexe politische Zukunft Syriens betonen, die eine Rückkehr der Geflüchteten derzeit schwierig machen.
        red, 20 Minuten
        Akt.