Politik

"Stasi-Verhörzimmer", "Zwangssteuer" – Kickl rechnet mi

FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach im ORF-Sommergespräch u.a. über Arbeitskräftemangel und Mindestlohn. Zudem kritisierte er die Location des Interviews.

Stefanie Riegler
FPÖ-Chef Herbert Kickl war am Montag zu Gast im ORF-Sommergespräch.
FPÖ-Chef Herbert Kickl war am Montag zu Gast im ORF-Sommergespräch.
Sabine Hertel

FPÖ-Chef Herbert Kickl war am Montag zu Gast im ORF-Sommergespräch bei Susanne Schnabl. In den Umfragen liegt er mit der blauen Partei vorne. Für ihn ist klar: Er will Kanzler werden.

"Vielleicht verschlägt es mich in journalistische Ecke"

Kickl ist seit 28 Jahren in der Politik. In einem Interview hat er kürzlich erklärt, dass er jederzeit aufhören könnte. "Ich bin ein durch und durch politischer Mensch, werde ich immer bleiben, aber ich habe keine Abhängigkeit von der Politik. Es gibt noch genügend Pläne und Ideen in meinem Leben, mir würde nicht fad werden", so der freiheitliche Chef zu Beginn des ORF-Sommergesprächs.

Dabei hob er seine Familie und seinen Sohn hervor. Ungewohnt: Ihn nannte er in den ersten drei Minuten zwei Mal. "Vielleicht verschlägt es mich auch in die journalistische Ecke", sagt er.  Angesprochen auf seine provokanten Aussagen und Sprüche meint er: "Eigentlich bin ich ein milder Mensch, aber das Regieren gegen die Interessen der Bevölkerung, das regt mich auf. Ich bin nicht in die Politik gegangen um mich zu verstellen, ich halte nichts von Politikern, die heute dies und morgen jenes sagen, das sind Schauspieler, wir brauchen wieder echte Persönlichkeiten, deshalb werde ich meine Ecken und Kanten behalten."

"Herber Charme eines Stasi-Verhörzimmers"

Das Sommergespräch fand neuerlich in Sprechzimmer 23 des Parlaments statt. Dabei sparte Kickl nicht mit Kritik gegenüber dem ORF: "Ich bin nicht der Meinung, dass das die beste aller Möglichkeiten ist, wie man ein Sommergespräch veranstaltet. Es hat den herben Charme eines Stasi-Verhörzimmers." Mehrmals hatte er Sorge, der ORF würde seine Aussagen "hinausschneiden".

Das erste Thema des Interviews war das fehlendes Personal im Tourismus und in der Gastronomie. "Das ist das Ergebnis einer grundlegend verfehlten Corona-Politik. Es gab lange Sperrzeiten für Lokale, sehr viele Menschen in diesen Branchen haben sich umorientiert, das fällt uns jetzt auf den Kopf. Da braucht die Regierung nicht anders nach den Schuldigen suchen, sondern nur in den Spiegel schauen", so Kickl.

Gastarbeiter begrenzt holen

Auch wurde in dieser Thematik die Position der FPÖ bei gezielter Zuwanderung erörtert. "Wenn wir Bedarf an Arbeitskräften in bestimmten Bereichen haben, die wir nicht anders decken können, dann ist die Notwendigkeit gegeben, hier zeitlich begrenzt nach unseren Vorgaben Menschen ins Land zu lassen. Das hat früher Gastarbeiter geheißen. Das Problem können wir aber so nicht lösen und führt uns in eine Abhängigkeit hinein zu anderen Ländern. Wir müssen darauf achten, im eigenen Land Reservoir an motivierten Arbeitnehmern zu haben und die Leute wieder in die Berufe bringen und die Löhne entsprechend nach oben heben", betont der Kärntner.

Nähe zu den Identitären

Unter dem ehemaligen FPÖ-Chef Norbert Hofer galt eine strikte Grenze zu den rechtsextremen Identitären. Das ist unter Kickl nun vorbei: "Ich habe gesagt, dass die Identitären eine NGO von rechts sind und diese Organisation ist nicht verboten. Wenn die Identitären ein politisches Projekt betreiben, das aus unserer Sicht in Ordnung ist, warum soll ich das nicht unterstützen? Wenn man etwas macht, dass der Regierung nicht passt, ist man schon rechtsextrem."

Auch die Forderung der FPÖ nach einem Mindestlohn ist weiter aufrecht. "Die müssen wir auch an die Inflation anpassen. Ich denke da an 2.000 Euro brutto. Wenn Sozialpartner das nicht zusammenbringen, wird man über einen gesetzlichen Mindestlohn diskutieren müssen", sagt der FPÖ-Chef im ORF. In Österreich bleibe "viel weniger netto vom brutto als in anderen Ländern".

Weiters sparte er nicht mit Kritik an der Presseförderung und der "ORF Zwangsabgabe". "Hier wurden die Beiträge unglaublich erhöht und Ihr Generaldirektor verdient mehr als der Bundeskanzler", entgegnete er Susanne Schnabl.

Angesprochen auf die Ermittlungen gegen die FPÖ in der Spesenaffäre, meint er: "Die Lehre, die ich nach Ibiza gezogen habe, ist, die Dinge feinsäuberlich auseinanderzuhalten. Von den Vorwürfen im Zusammenhang mit Ibiza und den Aussagen im Video ist überhaupt nichts übrig geblieben ist. Die Ermittlungen richten sich gegen Heinz-Christian Strache und nicht gegen die FPÖ. Ich halte nichts von laufenden Vorverurteilungen."

Alle Fotos: Das ORF-Sommergespräch mit Kickl – ihn störte das Zimmer:

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    Herbert Kickl war am Montag zu Gast im Sommergespräch bei Susanne Schnabl.
    Herbert Kickl war am Montag zu Gast im Sommergespräch bei Susanne Schnabl.
    Sabine Hertel

    Ein weiterer großer Gesprächspunkt war der Klimaschutz. Die FPÖ hat im Parlament keine Klimaschutzmaßnahmen mitgetragen. "Der Weltklimarat sagt selbst, dass man keine wissenschaftlich fundierten Aussagen dazu machen könne, welche Wetter-Entwicklungen aus der Erderwärmung hervorgehen", so Kickl.

    "Schwarm-Dummheit" bei Klima-Zielen

    Für ihn zählen andere Dinge: "Die Emissionen sinken, die Inflation steigt und Arbeitslosigkeit steigt, der Wohlstand schwindet. Wir sollten natürlich erneuerbare Energien ausbauen, aber wir können nicht eine komplette Umstellung des Systems vorantreiben, das unsere Wirtschaft zerstört und nur die Chinesen fördert. Das ändert am Weltklima nichts, man muss die Dinge im Zusammenhang sehen", erklärt er.

    Die Klimaziele seien von der Politik "von oben herab verordnet, von den Eliten, der EU oder dem Klimarat". Er sprach dabei von einer "Schwarm-Dummheit", die ein "Programm zur Weltrettung unter dem Aufbieten von Horror-Szenarien" bereitstellt.  "Die Bevölkerung wird nirgendwo gefragt", ärgert sich Kickl.

    "ÖVP wie die Chinesen"

    Er selbst möchte ein Volkskanzler sein. Was er darunter versteht? "Ein Kanzler aus dem Volk, für das Volk. Es geht um die totale Hinwendung zur eigenen Bevölkerung." Volkskanzler? "Ich habe dabei an Leopold Figl gedacht." Details seiner Programmatik könne er noch nicht verraten, "sonst wirft die ÖVP wieder die Kopiermaschine an". Kickl: "Die sind ja wie die Chinesen. Wenn ihnen etwas gefällt, dann bauen sie es nach in einer Billigsdorfer-Variante. Aber die Leute nehmen dann schon das Original, die freiheitliche Partei", ist er sicher.

    Kritik an Van der Bellen

    Die direkte Demokratie und verbindliche Volksabstimmungen werden in der FPÖ hochgehalten. "Alles, was man im Nationalrat beschließen kann, muss auch das Volk beschließen können, das ist Demokratie", so Kickl.

    Auf die Frage, wenn er nach der Nationalratswahl den Regierungsauftrag als Erster nicht bekommen würde, sagt er: "Ich verurteile die Position des Bundespräsidenten als antidemokratisch. Das werden sich die Leute nicht gefallen lassen."