Ludwig: "Volle Härte"

Stadt klagt Immo-Spekulanten, Zwangsverwaltung droht

Hausbesitzern, die Mieter "rausekeln" oder für Baracken Unsummen an Miete verlangen, soll es nun auch juristisch an den Kragen gehen.

Claus Kramsl
Stadt klagt Immo-Spekulanten, Zwangsverwaltung droht
Ein altes Haus in Wien-Wieden ist dem Verfall preisgegeben. Die Stadt will nun verstärkt dagegen vorgehen.
Helmut Graf

Altmieter, denen die Wohnung unter den Füßen wegbröckelt, weil der Hausbesitzer die Liegenschaft absichtlich dem Verfall preisgibt, um später höhere Mieten zu lukrieren. Sozial schwache Familien, denen abbruchreife Räume ohne Heizung und regulärem Stromanschluss zu horrenden Summen vermietet werden. Zwölf Spekulationshäuser mit Hunderten Opfern hat die Stadt im Visier, kontrolliert diese laufend. Auch weitere Liegenschaften, bei denen die Situation prekär ist, sind in Beobachtung. Außerdem werden die 23 Bezirke nacheinander nach weiteren Spekulationsobjekten durchsucht.

Wir wollen signalisieren, dass wir das Vorgehen der Eigentümer nicht akzeptieren
Michael Ludwig
Bürgermeister

"Wer aus Gier Mieter schlecht behandelt, muss sich seiner Verantwortung stellen", so Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) am Mittwoch vor Journalisten. "Wir wollen signalisieren, dass wir das Vorgehen der Eigentümer nicht akzeptieren", stellt auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) klar. Die Stadt Wien will nun verstärkt gegen diese miesen Machenschaften vorgehen: Erstmals hat die Stadt zwei Hausbesitzer am Zivilweg nach Paragraf 6 des Mietrechtsgesetzes auf die Durchführung geklagt. Zwei Fälle wurden bei der Schlichtungsstelle angezeigt. Ihnen droht die Zwangsverwaltung. Heißt: Der vom Gericht bestellte Verwalter lässt die Mängel beheben und stellt das den Besitzern in Rechnung, kassiert die Miete, kann Mietverträge abschließen und auch Darlehn aufnehmen.

In allen vier Fällen ergingen Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft wegen Untreue, Betrug, Täuschung, Entziehung von Energie – und Gründung einer kriminellen Vereinigung, denn: "Es sind immer die gleichen", so Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ). "Auch wenn sie geschnappt werden, werden sie nach der Freilassung wieder tätig."

Der Wiener Bürgermeister verspricht "volle Härte" gegen die Spekulanten und fordert von der neuen Bundesregierung ein modernisiertes Mietrecht. Dieses müsse "fair und transparent sein", schließt sich Gaal an.

7-Punkte Maßnahmenpaket gegen Spekulationshäuser

➤Gemäß § 6 Mietrechtsgesetz (MRG) kann die Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten bei verwahrlosten Gebäuden im Zivilrechtsweg begehrt werden. Nach Abschluss der internen Prüfungen bringt die Stadt Wien nun erstmals 4 Fälle vor Gericht bzw. bei der Schlichtungsstelle ein.

➤Wenn Hauseigentümer ihre Gebäude nicht den Bauvorschriften entsprechend instand halten, erlässt die Baupolizei einen Bescheid, damit die Hauseigentümer die notwendigen Maßnahmen setzen. Tun sie dies nicht, wird durch die MA 25 eine Ersatzmaßnahme auf Kosten der Hauseigentümer eingeleitet.

➤Die novellierte Bauordnung wird die Beurteilung der verfassungsrechtlich vorgesehenen wirtschaftlichen Zumutbarkeit verschärft. Zusätzlich gibt es mit dem Bauwerksbuch ein "Gebäudepickerl" mit verpflichtenden Checks und Dokumentationspflicht. Seit der Novellierung der Bauordnung wurde keine "wirtschaftliche Abbruchreife" mehr erteilt.

➤Mit der Sanierungs- und Dekarbonisierungsnovelle wurde gewährleistet, dass die notwendigen Fördersummen zur Sanierung eines Wohnhauses auch tatsächlich zur Verfügung stehen.

➤Die Offensive Altbautenschutz wird laufend ausgeweitet. Gebäudescrennings in mittlerweile 9 Bezirken und an 38 Aktionstagen: 4300 Gebäude wurden auf bauliche, feuerpolizeiliche und sanitäre Mängel geprüft. Dabei kam es zu 832 Beanstandungen.

➤Unterstützung für Mieter durch die MieterHilfe Wien: persönliche Kontaktaufnahme vor Ort, die Beratung zu Mieterrechten, konkrete Unterstützung bei Anerkennung als Hauptmieter sowie Mietzinsüberprüfungen, Organisation und Abhaltung von Mieterversammlungen.

Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft: Untreue (Kautionen, Mietzinsreserven), Betrug (im Zusammenhang mit den Zusagen bei Anmietung über den Zustand der Wohnung), Täuschung (im Zusammenhang mit den Zusagen bei Anmietung über den Zustand der Wohnung), Entziehung von Energie und kriminelle Vereinigung.

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    REUTERS/Brian Snyder

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Stadt Wien geht juristisch gegen Immobilienspekulanten vor, die Mieter schlecht behandeln und Gebäude absichtlich verfallen lassen, um höhere Mieten zu erzielen
    • Bürgermeister Michael Ludwig und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal kündigen "volle Härte" an und fordern ein modernisiertes Mietrecht, während die Stadt bereits erste Klagen eingereicht und Maßnahmen zur Unterstützung der Mieter sowie zur Sanierung und Kontrolle von Gebäuden ergriffen hat
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