Drei Tote bei einem Stadtfest. Ein Mann richtet das Blutbad an – mit einem Messer. Es dauert keine 15 Sekunden. Wie sich bald herausstellt: Isaa al H., der Täter (26) handelt im Namen des Islamischen Staats (IS). Tatort ist diesmal Solingen in Nordrhein-Westfalen in Deutschland, doch es ist klar: Terror kennt keine Staatsgrenzen.
Es ist ein typischer Fall: Ein Mann, der nicht von den Behörden als Gefährder eingestuft wird, führt ein Attentat aus, überrumpelt Polizei und Verfassungsschutz. "Ich registriere gerade eine Zuspitzung, eine Art Konjunktur. Es häufen sich niederschwellige Attentatsszenarien mit Hieb- und Stichwaffen. Wir sehen, dass die Frequenz zugenommen hat", sagt Nicolas Stockhammer, Extremismusforscher der Donau-Uni Krems im Gespräch mit "Heute".
Österreich ist lange keine "Insel der Seligen" mehr. "So ein Attentat ist bei uns definitiv möglich. Dies zeigt sich in den letzten 12 bis 18 Monaten – da ist es vermehrt zu terroristischen Vorhaben in Österreich gekommen."
Wir hatten Glück. Bisher zumindest. Es gab viele Pläne, die viele Opfer gefordert hätten. Sie wurden vereitelt: In Planung waren unter anderem Attentate auf die Pride Parade, auf den Hauptbahnhof in Wien, den Stephansdom und die Taylor Swift-Konzerte. Experte Stockhammer: "Wir sehen eine erhöhte Frequenz und Bedrohungslage, die zwar in Summe abstrakt ist, aber sich sehr schnell konkretisieren lässt."
Die Gefahr wird immer größer. Die Täter dafür umso unbekannter: "Wir müssen kontinuierlich mit einem Anwachsen rechnen. Eine Lektion aus dem, was zuletzt in Deutschland immer wieder passiert, ist, dass vermehrt Personen auf den Plan treten, die zuvor noch nicht aufgefallen sind als Gefährder. Die haben sich bisher unauffällig verhalten, sie haben kaum einschlägige Signale ausgesendet", so Stockhammer im "Heute"-Talk.
So groß ist in Österreich die Gefahr. Der Experte geht von etwa 70 Personen aus, die als Hochrisiko-Gefährder einzustufen sind. "Vor ihnen kann jederzeit eine konkrete Terrorbedrohung ausgehen." Dann gibt es eine Gruppe von etwa 300 Personen, "die noch nicht so fortgeschritten sind in der Radikalisierung. Aber sie können anlassbezogen Teil dieser enger gefassten Gefährder-Gruppe werden. Von denen geht dann eher kurzfristig eine Bedrohung aus."
Das Potenzial ist noch weitaus größer: "Dann gibt es noch mehrere Tausend, die (noch) nicht so gewaltaffin ausgeprägt sind, aber Werthaltungen von Extremisten teilen und Gewaltpotenzial haben."
Für den Anti-Terror-Kampf wird es immer schwieriger. Im Visier der Attentäter sind nicht mehr unbedingt die großen Metropolen sagt Nicolas Stockhammer: "Nicht nur Wien als Bundeshauptstadt ist im Visier des Terrors. Wir sehen gerade in Deutschland, es ist eher die Frage, wo sich die Gelegenheit ergibt."