Auch Österreich im Visier
"Gefahr hoch": Terror-Experte warnt vor Anschlags-Welle
In Österreich gilt aktuell die zweithöchste Terror-Warnstufe. Der deutsche Terrorismusforscher Peter Neumann erkennt einen beunruhigenden Trend.
Peter Neumann gilt seit Jahren als führender Terrorexperte, insbesondere im deutschsprachigen Raum. Schon mehrmals analysierte er die aktuelle Situation rund um die Terrorgefahr in Europa. Angesichts des Anschlags in Moskau gilt in Frankreich ab sofort die höchste Terrorwarnstufe – ein neuestes Interview mit Neumann bezeugt auch, warum das ein wichtiger Schritt sein könnte.
"Riesige Mobilmachung von Islamisten"
In einem Interview im Deutschlandfunk sagte Neumann am Montag, dass es seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober eine "riesige Mobilmachung von Islamisten, von Dschihadisten überall in Westeuropa" gebe. Alleine in Deutschland seien in diesen Monaten drei oder vier Anschläge verhindert worden. Auch in Österreich soll es rund um die Weihnachtsfeiertage konkrete Pläne gegeben haben, laut "Bild" habe es Festnahme durch Spezialeinheiten in Wien gegeben.
Daher sieht der Terrorismusexperte aktuell eine "recht hohe" Terrorgefahr in Deutschland und Westeuropa.
„Ich glaube, die ist recht hoch“
"Sehr ambitioniert und aggressiv"
Nun käme zusätzlich "der ISPK, also dieser Ableger des Islamischen Staats in Afghanistan, Zentralasien" dazu, der "sehr ambitioniert und aggressiv auch Anschläge im nichtmuslimischen Ausland versucht, darunter auch in Westeuropa". Die Terrorgruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) hat ihren Ursprung in Afghanistan, Khorasan steht für eine historische Region in Zentralasien, die Teile von Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan sowie vom Iran umfasste.
Das seien einige Gefahren, die hier zusammenkämen, "wo ich sage, die größte, aktuelle terroristische Bedrohung in Deutschland, in Europa, ist jetzt wieder von der islamistischen, von der dschihadistischen Seite", sagte Neumann.
Was ist der IS-Khorasan?
Der zentralasiatische Arm des IS entstand 2014 in Afghanistan in den Monaten nach der Eroberung großer Teile von Syrien und dem Irak durch Kämpfer des IS. Den Namen hat die Terrormiliz von der historischen Region Khorasan, die sich im Gebiet der heutigen Staaten Afghanistan, Iran, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan befindet. Inzwischen hat sie sich zu einer der gefährlichsten Terrorgruppen weltweit aufgeschwungen. Während die Taliban ihren Kampf jeweils auf Afghanistan beschränkten, hat sich der IS-Ableger in Afghanistan und Pakistan den Aufruf der Terrormiliz zum weltweiten Dschihad zu eigen gemacht.
Nicht unnötig Panik verbreiten
Der Experte nannte dabei die schwierige Rolle der Politik, die auf dünnem Eis balanciere. Einerseits solle sie die Menschen darauf hinweisen, dass eine derartige Gefahr tatsächlich existiere, andererseits solle man Menschen nicht unnötig in Unruhe versetzen.
Der deutschen Bundesregierung bescheinigt Neumann dabei, ausgewogen vorzugehen. "Ich glaube, die Bundesregierung kriegt das aktuell ganz gut hin." Den Sicherheitsbehörden müsse man natürlich auch dafür gratulieren, dass sie so viele von den Anschlagsplänen verhindert hätten. Vergangene Woche etwa hatte es in Thüringen zwei Verhaftungen von mutmaßlichen IS-Anhängern gegeben, und um die Weihnachtszeit hatte es rund um Anschlagspläne auf den Kölner Dom Verhaftungen gegeben.
Neue Terror-Taktik erhöht Gefahr
Insgesamt aber würden die "Einschläge" häufiger, sagte Neumann weiter. Seit Beginn des Gaza-Kriegs habe es in Europa acht versuchte terroristische Anschläge von dschihadistischer Seite gegeben. Im gesamten Jahr 2022 seien es sechs versuchte derartige Angriffe gewesen, schilderte der Experte unter Berufung auf Europol.
Weiters erzählte Neumann, dass es jüngst zu einem Taktik-Wechsel seitens der Terroristen gekommen sei. Habe man in den vergangenen Jahren häufig Einzeltäter gesehen, die Propaganda im Internet konsumiert hätten, komme mit dem ISPK wieder eine organisierte Gefahr hinzu. Dies sei "eine recht professionelle Gruppe", die auch wieder in der Lage sei, Netzwerke zu organisieren. Dies erhöhe die Gefahr für Anschläge, so Neumann.
Auf den Punkt gebracht
- Der Terror-Experte Peter Neumann warnt vor einer erhöhten Terrorgefahr in Österreich und Westeuropa, wobei er eine "riesige Mobilmachung" von Islamisten und konkrete Anschlagspläne während der Weihnachtsfeiertage erwähnt
- Er betont zudem, dass die neue Taktik der Terroristen, organisierte Netzwerke zu schaffen, die Gefahr weiter erhöht
- Trotzdem lobt er die deutsche Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden für ihre ausgewogene Reaktion und die Verhinderung mehrerer Anschläge