Gesundheit

Sekundenschlaf – Bluttest kann Übermüdung nachweisen

Die Studie zeigt, dass Autofahren mit weniger als fünf Stunden Schlaf genauso gefährlich ist wie Alkohol am Steuer.

Sabine Primes
Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das Fahren mit weniger als fünf Stunden Schlaf genauso gefährlich ist wie das Überschreiten der gesetzlichen Promillegrenze. (Symbolbild).
Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das Fahren mit weniger als fünf Stunden Schlaf genauso gefährlich ist wie das Überschreiten der gesetzlichen Promillegrenze. (Symbolbild).
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Im Gegensatz zu Alkohol und Drogenmissbrauch, ist übermüdet fahren hierzulande bis dato nicht strafbar – kann aber lebensgefährlich sein. Für sich und für andere. Wie müde man sich hinters Steuer setzt, ist also der Selbsteinschätzung überlassen. 

Ein neuer Bluttest könnte das ändern. Forscher der Monash University in Melbourne (Australien) arbeiten gerade an einem Test, der feststellen soll, ob der Fahrer, im Falle eines Unfalls, durch Schlafmangel beeinträchtigt wurde. Ein solcher Test würde es einfacher machen, gegen übermüdete Fahrer oder deren Arbeitgeber vorzugehen. Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das Fahren mit weniger als fünf Stunden Schlaf genauso gefährlich ist wie das Überschreiten der gesetzlichen Promillegrenze in vielen Ländern.

Haupttodesursachen im Straßenverkehr

Viele Schlafexperten sind sich einig, dass Rechtsvorschriften erforderlich sind, um die Zahl der Todesfälle durch übermüdetes Fahren zu verringern. "Es muss ein System geben, mit dem überprüft werden kann, ob jemand ausreichend geschlafen hat, denn er könnte das Leben anderer Menschen gefährden", so Prof. Steven Lockley, Schlafexperte an der Harvard Medical School, der die NASA in Sachen Schlafsicherheit berät. Prof. Clare Anderson von der Monash University: "Wenn man sich die Haupttodesursachen im Straßenverkehr ansieht, ist Alkohol eine davon, Geschwindigkeitsüberschreitung eine andere, und Müdigkeit die dritte. Obwohl die Lösung für Müdigkeit recht einfach ist, nämlich mehr Schlaf zu bekommen, ist unsere Fähigkeit, damit umzugehen, beeinträchtigt, weil wir keine Instrumente haben, um sie zu überwachen, wie wir es bei Alkohol tun."

Biomarker im Blut

Andersons Team hat fünf Biomarker im Blut identifiziert, mit denen sich mit einer Genauigkeit von über 99 Prozent feststellen lässt, ob jemand 24 Stunden oder länger wach gewesen ist. "Sie hängen sehr stark damit zusammen, wie lange jemand wach war, und sie sind bei allen Personen gleich", so Anderson. "Einige von ihnen sind Lipide, andere werden im Darm produziert, stammen also aus verschiedenen Teilen des Körpers – was interessant ist, da Schlaf mit einer Reihe von Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht wird. Aber es handelt sich nicht um Stoffwechselprodukte, die mit Dingen wie Koffein, Angst oder Adrenalin zu tun haben, die betroffen sein könnten, wenn jemand in einen Autounfall verwickelt war."

Folgestudien, die unter realitätsnäheren Bedingungen durchgeführt wurden, haben ebenfalls gezeigt, dass diese Biomarker erkennen können, ob jemand geschlafen hat oder nicht. "Wir erreichen immer noch eine Genauigkeit von fast 90 Prozent bei der Erkennung von Schlafmangel, was ziemlich hoch ist", so Anderson. Weitere Arbeiten sind erforderlich, um die Marker zu validieren und zu untersuchen, ob sie quantifizieren können, ob jemand z. B. fünf oder nur zwei Stunden geschlafen hat.

Müdigkeitsgrenzwert festlegen – wie?

Anderson glaubt, dass ein forensischer Bluttest für Schlafentzug, der neben den bestehenden Drogen- und Alkoholtests durchgeführt werden könnte, schon in zwei Jahren fertig sein könnte. Tragbare Tests am Straßenrand werden länger dauern, da die Sensoren und Geräte zum Nachweis der Biomarker noch entwickelt werden müssen. Erforderlich ist auch ein vereinbarter gesetzlicher Grenzwert für den Mindestschlaf, den ein Autofahrer benötigt, um sicher fahren zu können – ähnlich dem Grenzwert bei Blutalkohol. In Australien und in vielen anderen Ländern gilt eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille als gesetzlicher Grenzwert für das Führen eines Fahrzeugs, bei dem sich das Risiko eines Verkehrsunfalls etwa verdoppelt. Bei einer Schlafdauer von weniger als fünf Stunden verdoppelt sich das Risiko im Vergleich zu ausgeruhten Personen ebenfalls in etwa.